Ausweislich der Regelung in § 8 Nummer 1 Buchstabe b des Gewerbesteuergesetzes (GewStG) wird dem Gewinn aus Gewerbebetrieb ein Viertel aus der Hälfte der Miet- und Pachtzinsen (einschließlich Leasingraten) für die Benutzung der unbeweglichen Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens, die im Eigentum eines anderen stehen, hinzugerechnet, soweit sie bei der Ermittlung des Gewinns abgesetzt worden sind, insoweit die Summe der Beträge 200.000 Euro übersteigt. Soweit die gesetzliche Regelung, der auch nichts weiter zu entnehmen ist.
Vor diesem Hintergrund hatte das Finanzgericht Münster in einer Entscheidung vom 9.6.2020 unter dem Aktenzeichen 9 K 1816/18 entschieden, dass Mietzahlungen für die Anmietung von Messestellplätzen durch eine Produktionsgesellschaft, deren Geschäftsgegenstand es nicht erfordert, permanent Messestände vorzuhalten, um ihrer Tätigkeit wirtschaftlich erfolgreich nachgehen zu können, keine Mietaufwendungen für fiktives Anlagevermögen sind. Die zuvor genannte Hinzurechnung kommt daher nicht in Betracht, so die erstinstanzlichen Richter.
Gegen diese Auffassung hatte die Finanzverwaltung Revision beim Bundesfinanzhof eingelegt. Mit Urteil vom 23.3.2022 hält der Bundesfinanzhof diese Revision jedoch unter dem Aktenzeichen III R 14/21 für unbegründet. Nach Auffassung des Bundesfinanzhofs ist das erstinstanzliche Finanzgericht von zutreffenden Rechtsmaßstäben ausgegangen und bestätigt daher im Wesentlichen das Urteil der Vorinstanz.
Dabei geht es insbesondere um die Frage des Anlagevermögens. Der Begriff des Anlagevermögens ist nach allgemeinen ertragsteuerlichen Grundsätzen zu definieren. Anlagevermögen sind danach die Gegenstände, die dazu bestimmt sind, auf Dauer dem Betrieb zu dienen. Das sind die zum Gebrauch im Betrieb bestimmten Wirtschaftsgüter. Zum Umlaufvermögen gehören demgegenüber die zum Verbrauch oder sofortigen Verkauf bestimmten Wirtschaftsgüter.
Für die Hinzurechnungsvorschrift des § 8 GewStG ist jedoch darauf abzustellen, ob die Wirtschaftsgüter Anlagevermögen des Mieters oder Pächters wären, wenn sie in seinem Eigentum stehen würden. Diese Fiktion ist auf den Zweck der Regelung zurückzuführen, durch die Hinzurechnung im Sinne einer Finanzierungsneutralität einen objektivierten Ertrag des Gewerbebetriebs zu ermitteln. Dabei ist zwar das Eingreifen der Fiktion, dass der Steuerpflichtige der wirtschaftliche Eigentümer der Wirtschaftsgüter ist, nicht an das Vorliegen bestimmter Voraussetzungen geknüpft. Die Frage, ob das fiktiv im Eigentum des Steuerpflichtigen stehende Wirtschaftsgut zu dessen Anlagevermögen gehören würde, orientiert sich aber maßgeblich an der Zweckbestimmung des Wirtschaftsguts im Betrieb. Diese Zweckbestimmung hängt einerseits subjektiv vom Willen des Steuerpflichtigen ab und muss sich andererseits auch an objektiven Merkmalen nachvollziehen lassen. Gemeint ist, dass es sich bei dem überlassenen Wirtschaftsgut der Art nach um Anlagevermögen handelt, wobei es ausreicht, wenn das Wirtschaftsgut dazu gewidmet ist, auf Dauer eine Nutzung im Geschäftsbetrieb zu ermöglichen. Insoweit spricht die Verwendung des Wirtschaftsguts als Produktionsmittel für die Zuordnung zum Anlagevermögen, während der Einsatz als zu veräußerndes Produkt eine Zuordnung zum Umlaufvermögen nahelegt.
Vor diesem Hintergrund betont der Bundesfinanzhof, dass das erstinstanzliche Finanzgericht zu Recht davon ausgegangen ist, dass die Prüfung den Geschäftsgegenstand des Unternehmens berücksichtigen und sich so weit wie möglich an den betrieblichen Verhältnissen des Steuerpflichtigen orientieren muss. Insbesondere darf die Fiktion nicht weiter reichen als die Vorstellung eines das Miet- oder Pachtverhältnis ersetzenden Eigentums gebietet. Es ist zu fragen, ob der Geschäftszweck das dauerhafte Vorhandensein solcher Wirtschaftsgüter voraussetzt. Hierfür ist (auch im Sinne einer Kontrollfrage, wie der Bundesfinanzhof betont) darauf abzustellen, ob sich die betreffende Tätigkeit, das Eigentum des Steuerpflichtigen an dem Wirtschaftsgut unterstellt, wirtschaftlich sinnvoll nur ausüben lässt, wenn das Eigentum an den Wirtschaftsgütern langfristig erworben wird.
Ein Gegenstand kann zwar auch dann dem Anlagevermögen zuzuordnen sein, wenn dieser nur kurzfristig gemietet oder gepachtet wird. Dies gilt selbst dann, wenn sich das Miet- oder Pachtverhältnis lediglich auf Tage oder Stunden erstreckt. Insoweit darf für die Einordnung als Anlagevermögen die Zeitkomponente „dauernd“ nicht als reiner Zeitbegriff im Sinne von „immer“ verstanden werden. Das setzt indessen voraus, dass der Steuerpflichtige derartige Wirtschaftsgüter ständig für den Gebrauch in seinem Betrieb benötigt. Dies wiederum hat der Bundesfinanzhof in seiner früheren Rechtsprechung etwa bejaht, wenn der Steuerpflichtige wiederholt gleichartige Container zur Weitervermietung oder gleichartige Bestuhlung und Beschallungsanlagen zu eigenen Nutzung in Sälen und Stadien angemietet hat. So beispielsweise eine Entscheidung des Bundesfinanzhofs vom 30.3.1994 unter dem Aktenzeichen I R 123/93. Dagegen scheidet danach aber eine Zuordnung zum Anlagevermögen aus, wenn der Steuerpflichtige die angemieteten oder gepachteten Wirtschaftsgüter nicht ständig für den Gebrauch in seinem Betrieb hätte vorhalten müssen und sie deshalb nicht zu seinem dem Betrieb auf Dauer gewidmeten Betriebskapital gehören würden.
Auf Basis dieser Grundsätze kommt der Bundesfinanzhof mit Beschluss vom 23.3.2022 unter dem Aktenzeichen III R 14/21 zu dem Ergebnis, dass die Kosten für die Anmietung einer Messestandfläche bei einem ausstellenden Unternehmen nur dann zu einer Hinzurechnung nach § 8 Nummer 1 Buchstabe e GewStG führen können, wenn die Messestandfläche bei unterstelltem Eigentum des ausstellenden Unternehmens zu dessen Anlagevermögen gehören würde. Insoweit kommt es zur Zugehörigkeit zum Anlagevermögen schlicht darauf an, ob der Geschäftszweck des betreffenden Unternehmens und die speziellen betrieblichen Verhältnisse, wie beispielsweise die Bedeutung der Messepräsenz innerhalb des von dem Unternehmen praktizierten Vertriebssystems, das dauerhafte Vorhandensein einer entsprechenden Messestandfläche erfordern.
In der Praxis sollte daher ganz genau hingeschaut werden, da die Finanzverwaltung häufig reflexartig eine Hinzurechnung nach § 8 Nummer 1 Buchstabe e GewStG durchführen möchte. Anhand der Kriterien des vorliegenden Beschlusses des Bundesfinanzhofs sollte genau geprüft werden, ob dies tatsächlich haltbar erscheint.