Im Bereich der Besteuerung von Arbeitslohn stellt sich immer wieder die Frage, ob bestimmte Vorteile, die ein Arbeitnehmer im Rahmen seiner beruflichen Tätigkeit erhält, als Arbeitslohn zu bewerten sind. Besonders relevant wird diese Frage bei sogenannten Mitarbeiterbeteiligungsprogrammen, durch die Mitarbeiter Anteile am eigenen Unternehmen oder an mit dem Unternehmen verbundenen Gesellschaften erwerben können. Hieraus können erhebliche Gewinne entstehen, wenn die Anteile später gewinnbringend veräußert werden. Die zentrale steuerliche Problemstellung ist dann, ob diese Gewinne als Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit zu werten sind, also lohnsteuerpflichtig, oder ob es sich um private Einkünfte handelt, die anderen steuerlichen Regelungen unterliegen.
Im vorliegenden Fall, der vom Bundesfinanzhof am 14.12.2023 unter dem Aktenzeichen VI R 1/21 entschieden wurde, war genau diese Frage Gegenstand des Verfahrens. Der Kläger war ein leitender Angestellter einer GmbH, die im Rahmen einer Umstrukturierung von einer Investorengruppe übernommen wurde. Im Zuge dessen bot die Investorengruppe einem ausgewählten Kreis von Führungspersonen, zu denen auch der Kläger gehörte, die Möglichkeit, an einem Managementbeteiligungsprogramm teilzunehmen. Diese Programme zielen darauf ab, die Führungskräfte stärker an das Unternehmen zu binden, indem sie die Möglichkeit erhalten, am zukünftigen Erfolg des Unternehmens finanziell zu partizipieren. Der Kläger trat dem Beteiligungsprogramm bei und wurde Kommanditist einer eigens gegründeten GmbH & Co. KG (Manager KG), die wiederum Anteile an einer luxemburgischen Kapitalgesellschaft (S.à.r.l.) erwarb. Die Beteiligung an dieser Gesellschaft war die Voraussetzung dafür, dass der Kläger mittelbar am zukünftigen Börsengang des Unternehmens partizipieren konnte.
Im Jahr 2007 kam es schließlich zu einem Börsengang der Gesellschaft, an der der Kläger über die Manager KG beteiligt war. Die Manager KG veräußerte daraufhin ihre Anteile und erhielt als Gegenleistung Aktien der neu gegründeten Aktiengesellschaft. Diese Aktien wurden entsprechend der Beteiligung der einzelnen Manager an der Manager KG auf sie verteilt. Dem Kläger wurden dabei Aktien zugeteilt, die er später gewinnbringend veräußerte.
Das Finanzamt vertrat nun die fiskalische Auffassung, dass der Gewinn aus der Veräußerung der Anteile lohnsteuerpflichtig sei, da der Kläger die Beteiligung im Rahmen seiner beruflichen Tätigkeit und zu verbilligten Konditionen erworben habe. Die Behörde sah in dem erzielten Gewinn einen geldwerten Vorteil, der dem Arbeitslohn zuzurechnen sei. Dabei verwies das Finanzamt insbesondere darauf, dass der Kläger als leitender Angestellter seines Arbeitgebers die Anteile vergünstigt erwerben konnte und dies einen direkten Bezug zum Arbeitsverhältnis herstelle.
Demgegenüber argumentierte der Kläger jedoch erfolgreich, dass der Gewinn aus der Veräußerung der Anteile nicht als Arbeitslohn, sondern als private Vermögensmehrung zu werten ist. Er habe die Anteile zwar als Teil des Managementbeteiligungsprogramms erworben, dies aber zu marktüblichen Bedingungen. Der spätere Verkauf der Aktien sei ein marktüblicher Vorgang, der keinen Bezug zu seiner beruflichen Tätigkeit habe. Der Gewinn ist daher nicht lohnsteuerpflichtig, sondern unterfällt den allgemeinen Regelungen zur Besteuerung von Kapitalvermögen.
Das Finanzgericht Baden-Württemberg entschied zunächst zugunsten des Klägers und gab der Klage statt. Es führte aus, dass der Gewinn aus der Veräußerung der Anteile nicht als Arbeitslohn zu qualifizieren sei. Der Bundesfinanzhof bestätigte diese Entscheidung nun erfreulicherweise in seinem Urteil vom 14.12.2023 und wies die Revision des Finanzamts zurück.
Die obersten Finanzrichter der Republik stellten fest, dass der Gewinn aus der Veräußerung der Anteile kein lohnsteuerbarer Vorteil ist, da er nicht durch das Arbeitsverhältnis veranlasst wurde. Ein lohnsteuerpflichtiger Vorteil liegt nur dann vor, wenn der Arbeitnehmer die Anteile verbilligt erwirbt oder bei deren Veräußerung einen marktunüblichen Überpreis erzielt. Beides ist im vorliegenden Fall jedoch nicht gegeben.
Nach den Feststellungen des Gerichts hatte der Kläger die Anteile zu marktüblichen Bedingungen erworben und veräußert. Entscheidend war, dass die Veräußerung der Anteile im Rahmen eines marktüblichen Rückkaufs erfolgte. Die Manager KG, an der der Kläger beteiligt war, hatte ihre Anteile an der S.à.r.l. zu einem fairen Marktpreis veräußert und dafür Aktien der neu gegründeten Aktiengesellschaft erhalten. Dieser Rückkauf erfolgte zu gleichen Bedingungen wie für andere Gesellschafter, sodass kein geldwerter Vorteil für den Kläger vorlag. Der Bundesfinanzhof betonte, dass ein geldwerter Vorteil nur dann gegeben sein kann, wenn der Arbeitnehmer bei der Veräußerung einen Überpreis erziele, der über den Marktpreis hinausgehe. Dies ist vorliegend nicht der Fall gewesen.
Darüber hinaus führte der Bundesfinanzhof aus, dass der Gewinn aus der Veräußerung der Anteile auch nicht durch das Arbeitsverhältnis des Klägers veranlasst war. Die Beteiligung des Klägers an der Manager KG stellte ein eigenständiges, vom Arbeitsverhältnis unabhängiges Rechtsverhältnis dar. Der Kläger war als Kommanditist der Manager KG an einem eigenständigen wirtschaftlichen Sonderrechtsverhältnis beteiligt, das nicht durch seine berufliche Tätigkeit geprägt war. Die Gewinne, die aus diesem Sonderrechtsverhältnis resultierten, seien daher nicht als Arbeitslohn zu versteuern. Der Bundesfinanzhof verwies dabei auf seine ständige Rechtsprechung, wonach der Erwerb und die Veräußerung von Beteiligungen als zwei getrennte Vorgänge zu behandeln seien. Auch wenn der Erwerb der Beteiligung möglicherweise durch das Arbeitsverhältnis veranlasst sei und zu einem lohnsteuerpflichtigen Vorteil führe, wirke dieser Vorteil nicht in die spätere Veräußerung hinein. Gewinne oder Verluste, die nach dem Erwerb einer Beteiligung entstehen, seien regelmäßig dem allgemeinen Marktgeschehen zuzuschreiben und nicht dem Arbeitsverhältnis.
Der Bundesfinanzhof stellte abschließend noch klar, dass der Kläger aus der Veräußerung der Anteile keinen lohnsteuerpflichtigen Vorteil erzielte und der Gewinn auch keiner anderen Einkunftsart im Sinne des Einkommensteuergesetzes zuzurechnen sei. Der Gewinn aus der Veräußerung ist somit nicht lohnsteuerpflichtig.