In dem hier behandelten Fall ging es um die steuerliche Behandlung eines sogenannten Berliner Testaments, in dem sich Ehegatten gegenseitig zu Alleinerben einsetzten. Ein zentraler Punkt war die sogenannte Jastrowsche Klausel, die dafür sorgt, dass Kinder, die nach dem Tod des erstversterbenden Elternteils ihren Pflichtteil nicht geltend machen, ein betagtes Vermächtnis erhalten. Dieses Vermächtnis wird erst nach dem Tod des überlebenden Ehegatten fällig. Der Streit drehte sich um die Frage, ob dieses Vermächtnis als Nachlassverbindlichkeit bei der Berechnung der Erbschaftsteuer abziehbar ist.
Im vorliegenden Fall hatten die Eltern der Klägerin ein Berliner Testament errichtet. Die Mutter verstarb im Jahr 2012, und die Klägerin sowie zwei ihrer Geschwister wurden Erben. Nach dem Tod des Vaters hatten jedoch zwei andere Geschwister ihren Pflichtteil gefordert, sodass die Jastrowsche Klausel in Kraft trat und die Klägerin und ihre beiden Erbgeschwister ein Vermächtnis erhielten, das beim Tod der Mutter fällig wurde. Die Klägerin wollte dieses betagte Vermächtnis als Nachlassverbindlichkeit bei der Berechnung der Erbschaftsteuer nach dem Tod der Mutter abziehen lassen, was das Finanzamt verweigerte.
Das Finanzamt argumentierte, dass das Vermächtnis zwar beim Tod des Vaters entstanden sei, es aber erst beim Tod der Mutter fällig wurde und somit keine Nachlassverbindlichkeit zum Zeitpunkt des Todes des Vaters darstellte. Eine doppelte Besteuerung, wie von der Klägerin behauptet, sah das Finanzamt nicht, da der Vermächtnisanspruch dem steuerpflichtigen Erwerb nicht zugerechnet wurde.
Die Klägerin argumentierte, dass durch die Vorgehensweise des Finanzamts eine doppelte Belastung des Vermächtnisses entstünde. Zum einen, weil es nicht als Nachlassverbindlichkeit bei der Mutter berücksichtigt wurde, und zum anderen, weil es beim Tod des Vaters nicht besteuert worden sei.
Das Finanzgericht wies die Klage ab, und die Entscheidung wurde vom Bundesfinanzhof mit Urteil vom 11.10.2023 unter dem Aktenzeichen II R 34/20bestätigt. Der Bundesfinanzhof stellte klar, dass das betagte Vermächtnis beim Tod des Vaters zwar entstanden sei, aber erst beim Tod der Mutter fällig wurde. Steuerrechtlich wurde es deshalb so behandelt, als wäre es von der Mutter stammend. Eine doppelte Besteuerung liegt nicht vor, da zwei unterschiedliche Erwerbsvorgänge – einmal vom Vater und einmal von der Mutter – vorliegen.
Die Klägerin hatte zwar das betagte Vermächtnis zu versteuern, konnte aber gleichzeitig die Vermächtnisverbindlichkeit als Nachlassverbindlichkeit in Abzug bringen. Der Bundesfinanzhof betonte, dass eine solche Vorgehensweise systemimmanent sei und keine rechtliche Gehörsverletzung vorliege.