8. Für Selbstständige: Ausgleich von Verlusten aus selbständiger Tätigkeit mit eng verzahnten Einkünften aus nichtselbständiger Tätigkeit

Regelmäßig ist die steuerliche Behandlung von Verlusten aus selbständiger Tätigkeit ein Streitthema mit dem Fiskus, wobei es dabei um die Frage geht, ob die Verluste mit Einkünften aus einer nichtselbständigen Tätigkeit verrechnet werden können. Die grundsätzliche steuerliche Problemstellung ist dabei, ob Verluste aus einer nebenberuflichen selbständigen Tätigkeit, die mit der Haupttätigkeit inhaltlich eng verknüpft ist, bei der Einkommensteuer berücksichtigt werden dürfen. Im vorliegenden Fall stand im Mittelpunkt die Frage, ob ein Steuerpflichtiger Aufwendungen aus einer selbständigen Steuerberatungstätigkeit mit den Einkünften aus seiner hochdotierten Tätigkeit als Entwicklungsleiter eines Fachverlags ausgleichen kann.

Der Sachverhalt verdeutlicht die Problematik: Der Kläger war als Angestellter bei der Z GmbH & Co. KG tätig, wo er als Leiter des Bereichs »Software« für die Entwicklung und Weiterentwicklung einer speziellen Software verantwortlich war. Gleichzeitig betrieb er eine selbständige Steuerberatungskanzlei, aus der er allerdings seit Beginn seiner Tätigkeit jährlich geringe Verluste erzielte. Im Jahr 2018 belief sich der Verlust auf etwa 357 Euro. Der Mandantenstamm der Kanzlei war sehr klein und bestand überwiegend aus nahestehenden Personen wie seiner Tochter und weiteren Bekannten, wobei er die Mandanten in den Rechnungen sogar mit Vornamen ansprach. Trotz des geringen wirtschaftlichen Erfolgs argumentierte der Kläger, dass die Steuerberatungstätigkeit eng mit seiner Tätigkeit als Entwicklungsleiter verknüpft sei, da er durch die praktische Anwendung der entwickelten Software wichtige Erkenntnisse zur Verbesserung des Produkts sammeln könne. Daher sei seine Tätigkeit keine steuerlich unbeachtliche Liebhaberei, sondern durch die Erzielungsabsicht geprägt.

Das Finanzamt lehnte erwartungsgemäß die Anerkennung der Verluste ab, da es davon ausging, dass es dem Kläger an der erforderlichen Einkünfteerzielungsabsicht fehle. Der Betrieb könne auf Dauer keine Gewinne erzielen, und der Kläger habe es unterlassen, geeignete Maßnahmen zur Verbesserung der Ertragslage zu ergreifen. Nach Auffassung der Behörde handle es sich um eine Tätigkeit, die aus persönlichen Beweggründen ausgeübt werde, was durch die unentgeltliche Beratung nahestehender Personen gestützt werde.

Das Finanzgericht Köln entschied jedoch überraschenderweise zugunsten des Klägers und ließ die Verrechnung der Verluste zu. Es stellte fest, dass die Verluste aus der selbständigen Tätigkeit aufgrund der engen Verzahnung mit der nichtselbständigen Tätigkeit steuerlich abzugsfähig sind. Nach Ansicht des Gerichts war die praktische Anwendung der Software im Rahmen der Steuerberatung entscheidend für die Weiterentwicklung der Programme und somit auch für den Erfolg der nichtselbständigen Tätigkeit als Entwicklungsleiter. Das Gericht verwies auf die Bedeutung des »Perspektivwechsels«: Da der Kläger durch die Steuerberatung als Anwender der von ihm entwickelten Software tätig war, konnte er praxisnahe Verbesserungen vornehmen, die bei einer rein theoretischen Beschäftigung mit der Software nicht möglich gewesen wären.

Entscheidend war für die erkennenden Richter die Feststellung, dass es nicht auf die Anzahl der Mandate oder deren wirtschaftlichen Erfolg ankommt, sondern auf die Gesamtheit der Tätigkeit. Der hier klagende Steuerberater konnte glaubhaft darlegen, dass er nach seiner Pensionierung die selbständige Tätigkeit ausbauen und zukünftig Gewinne erzielen möchte. Zudem führte das Gericht aus, dass der geringe Gesamtverlust seit 2009 von lediglich 3.909 Euro nicht ausreichend sei, um eine fehlende Einkünfteerzielungsabsicht zu begründen. Das Gericht betonte, dass bei Steuerberatern und Rechtsanwälten der Beweis des ersten Anscheins dafürspricht, dass die Kanzlei mit Einkünfteerzielungsabsicht betrieben wird, es sei denn, es liegen besondere Umstände vor, die eine Liebhaberei belegen.

Das erstinstanzliche Finanzgericht verwies insoweit auch auf eine ähnliche Entscheidung des Bundesfinanzhofs vom 22.7.1993 unter dem Aktenzeichen VI R 122/92, in der Verluste aus einer selbständigen Nebentätigkeit als Werbungskosten bei der Haupttätigkeit berücksichtigt wurden, wenn die Nebentätigkeit positive Auswirkungen auf die Haupttätigkeit hat. Diese Wechselwirkung lag hier nach Auffassung der Richter vor. Weil zudem für die Zukunft eine Umstrukturierung und die Akquise neuer Mandanten vorgesehen war (sobald der Kläger seine hauptberufliche Tätigkeit beendet hat) war aus ihrer Sicht die Erzielung eines Totalgewinns nicht ausgeschlossen.

Ausweislich der Entscheidung hat das Kölner Finanzgericht die Revision zum Bundesfinanzhof nicht zugelassen. Auch wenn ein Aktenzeichen nicht ersichtlich ist, scheint es jedoch so, als wenn die Finanzverwaltung hier die Nichtzulassungsbeschwerde eingelegt hat. Tatsächlich erscheint die Entscheidung der Kölner Richter durchaus verwunderlich, weshalb es nicht wundern sollte, wenn das Finanzamt sich in diesem Fall noch höchstrichterlich durchsetzt.

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