10. Für grundstücksverwaltende Kapitalgesellschaften: Keine erweiterte Kürzung wegen Verpachtung an eine teilweise personenidentische gewerblich tätige Personengesellschaft

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In § 9 Nummer 1 Satz 2 des Gewerbesteuergesetzes (GewStG) ist die sogenannte erweiterte Kürzung des Gewerbeertrages geregelt. Aufgrund dieser Vorschrift wird bei bestimmten Unternehmen die Summe des Gewinns und der Hinzurechnungen auf Antrag um den Teil des Gewerbeertrages gekürzt, der auf die Verwaltung und Nutzung des eigenen Grundbesitzes entfällt. Diese erweiterte Kürzung gilt beispielsweise für ein Unternehmen, das ausschließlich eigenen Grundbesitz oder neben eigenem Grundbesitz eigenes Kapitalvermögen verwaltet und nutzt. Zweck dieser sogenannten erweiterten Kürzung des Gewerbeertrages ist es, die Erträge aus der bloßen Verwaltung und Nutzung eigenen Grundbesitzes, der Kraft der Rechtsform gewerbesteuerpflichtig ist, von der Gewerbesteuer aus Gründen der Gleichbehandlung mit Steuerpflichtigen freizustellen, die nur Grundstücksverwaltung betreiben. Insoweit hatte bereits grundlegend einmal der Große Senat des Bundesfinanzhofs in einem Beschluss vom 25.9.2018 unter dem Aktenzeichen GrS 2/16 zur Frage der erweiterten Kürzung des Gewerbeertrages Stellung genommen.
Der Gewährung der erweiterten Kürzung des Gewerbeertrages steht jedoch die Regelung in § 9 Nummer 1 Satz 5 Nummer 1 GewStG entgegen. Danach ist die erweiterte Kürzung grundsätzlich ausgeschlossen, wenn der Grundbesitz ganz oder zum Teil dem Gewerbebetrieb eines Gesellschafters oder Genossen dient. Die Vorschrift stellt eine folgerichtige gesetzgeberische Ausnahme von der Begünstigungsvorschrift der erweiterten Gewerbesteuerkürzung dar. Die Ausnahme der erweiterten Kürzung beruht nämlich darauf, dass der Gesetzgeber in einem Sachverhalt, bei dem der Grundbesitz zu eigenbetrieblichen Zwecken eines Gesellschafters dient, keine reine Vermögensverwaltung mehr erkennt, weil bei einer Nutzung des Grundstücks im Gewerbebetrieb des Gesellschafters ohne Zwischenschaltung eines weiteren Rechtsträgers die Grundstückserträge in den Gewerbeertrag einfließen und damit der Gewerbesteuer unterliegen würden.
Vor diesem Hintergrund kommt der Bundesfinanzhof in seiner aktuellen Entscheidung vom 1.6.2022 unter dem Aktenzeichen III R 3/21 zu dem Schluss, dass die erweiterte Gewerbesteuerkürzung bei einem in der Rechtsform einer GmbH betriebenen Grundstücksunternehmen ausgeschlossen ist, wenn die GmbH Teile ihrer Grundstücke an eine teilweise personenidentische gewerblich tätige Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR) verpachtet.
Bei der Nutzung des Grundstücksteils durch eine Personengesellschaft greift insoweit der Ausschlusstatbestand des § 9 Nummer 1 Satz 5 Nummer 1 GewStG schon dann ein, wenn nur ein Gesellschafter der Personengesellschaft zugleich Gesellschafter des überlassenden Grundstücksunternehmens ist.
Halten mehrere Gesellschafter jeweils nur eine geringe (unter ein Prozent liegende) Beteiligung an der pachtenden Personengesellschaft und unterliegen sie bei dieser der persönlichen Haftung, ist der Ausschluss der erweiterten Gewerbesteuerkürzung aufgrund der Vorschrift des § 9 Nummer 1 Satz 5 Nummer 1 GewStG nicht unverhältnismäßig. Auch die Geringfügigkeit des überlassenen Grundbesitzes führt nicht dazu, dass der Ausschlusstatbestand nicht anwendbar ist. So bereits auch der Bundesfinanzhof in einer früheren Entscheidung vom 26.6.2007 unter dem Aktenzeichen IV R 9/05.