1. Für alle Steuerpflichtigen: Zur wirksamen Bekanntgabe durch Weiterleitung an den Bevollmächtigten

Die Frage, wie und unter welchen Voraussetzungen Vollmachten für steuerliche Angelegenheiten elektronisch an die Finanzbehörden übermittelt werden können, ist für Steuerpflichtige von erheblicher Bedeutung. Insbesondere in Fällen, in denen eine Vollmacht auch für die Entgegennahme von Steuerbescheiden erteilt wurde, stellt sich die Frage, welche formalen Anforderungen erfüllt sein müssen, damit eine solche Vollmacht wirksam ist. Eine spezielle Problematik ergibt sich dabei bei der Grunderwerbsteuer, da hier für jeden Erwerbsvorgang eine eigene Steuernummer vergeben wird. Dies führt zu Unsicherheiten darüber, ob und wie eine einmal erteilte Vollmacht auch für künftige Erwerbsvorgänge gilt.

Der Sachverhalt verdeutlicht, was gemeint ist: Im vorliegenden Fall hatte der Kläger im Juli 2015 eine Vollmacht zur Vertretung in allen steuerlichen Angelegenheiten erteilt. Diese Vollmacht umfasste auch die Entgegennahme von Steuerbescheiden und wurde in der entsprechenden Vollmachtsdatenbank hinterlegt. Im Jahr 2018 erwarb der Kläger ein Grundstück, und das Finanzamt setzte daraufhin die Grunderwerbsteuer fest. Den Steuerbescheid übermittelte das Finanzamt direkt an den Kläger, obwohl die Vollmacht in der Datenbank vermerkt war. Der Kläger leitete den Bescheid erst verspätet an seine Prozessbevollmächtigte weiter, die daraufhin Einspruch einlegte. Sie argumentierte, dass der Bescheid erst mit Zugang bei ihr wirksam bekanntgegeben worden sei, was ansonsten auch tatsächlich der gesetzlichen Regelung entspricht.

Das Finanzamt wies den Einspruch als unzulässig zurück und begründete dies damit, dass die Vollmacht nur für die im Formular explizit genannten Steuerarten, hier die Einkommensteuer, gegolten habe. Für die Grunderwerbsteuer hätte die entsprechende Steuernummer angegeben werden müssen, was in der vorliegenden Vollmacht nicht der Fall war.

Das Finanzgericht München gab mit Entscheidung vom 15.4.2020 unter dem Aktenzeichen 4 K 3055/19 allerdings der Klage statt und entschied, dass die Vollmacht auch die Grunderwerbsteuer umfasste, sodass der Bescheid nicht direkt an den Kläger hätte zugestellt werden dürfen. In diesem Fall ist die Bekanntgabe und damit einhergehend der Beginn der Einspruchsfrist dann tatsächlich erst mit der Weiterleitung an die Bevollmächtigte erfolgt.

Der Bundesfinanzhof bestätigte in seinem Urteil vom 8.11.2023 unter dem Aktenzeichen II R 19/21 die Entscheidung des erstinstanzlichen Kollegen. Die obersten Finanzrichter führten aus, dass eine Generalvollmacht, wie sie der Kläger erteilt hatte, grundsätzlich für alle Steuerarten gilt, sofern keine Einschränkungen vorgenommen wurden. Die Angabe einer spezifischen Steuernummer im Formular sei daher nicht zwingend erforderlich, um die Wirksamkeit der Vollmacht auch für die Grunderwerbsteuer sicherzustellen. Das Finanzamt hätte den Bescheid somit direkt an die Bevollmächtigte des Klägers zustellen müssen. Da dies nicht geschehen war, begann die Einspruchsfrist erst mit der tatsächlichen Weiterleitung des Bescheids an die Bevollmächtigte zu laufen, sodass der Einspruch rechtzeitig eingegangen ist.

Erfreulicherweise stellte das Gericht weiterhin klar, dass das im Schreiben des Bundesministeriums der Finanzen vom 1.8.2016 empfohlene »Beiblatt zur Vollmacht zur Vertretung in Steuersachen« nicht zwingend erforderlich ist. Das Beiblatt dient lediglich der Erfassung spezifischer Steuernummern und beschränkt die Wirkung einer Vollmacht nur dann, wenn der Vollmachtgeber dies ausdrücklich wünscht und entsprechend angibt. Da das Formular grundsätzlich auf die Erteilung einer Generalvollmacht abzielt, erfasst es alle aktuellen und künftigen Steuerarten wie Steuernummern, es sei denn, diese werden ausdrücklich ausgenommen.

Besondere Bedeutung kommt in diesem Zusammenhang der Grunderwerbsteuer zu, für die bei jedem Erwerbsvorgang eine neue Steuernummer vergeben wird. Das Gericht betonte, dass es im Widerspruch zu den gesetzlichen Vorgaben stünde, wenn eine Generalvollmacht für die Grunderwerbsteuer aufgrund der fehlenden Eintragung einer spezifischen Steuernummer im Beiblatt nicht elektronisch übermittelt werden könnte.

Im Fazit bleibt festzuhalten, dass das Urteil die Wichtigkeit einer klaren und umfassenden Erteilung von Vollmachten im Steuerrecht verdeutlicht und zugleich den Finanzbehörden klare Vorgaben gibt, wie mit solchen Vollmachten umzugehen ist. Es bestätigt, dass die Verwendung des amtlichen Vollmachtsformulars ausreichend ist, um eine Generalvollmacht zu erteilen, ohne dass zusätzliche Dokumente im Rahmen eines übertriebenen Formalismus der Finanzverwaltung erforderlich sind. Damit ist auch für zukünftige Fälle die Wirksamkeit von Generalvollmachten sichergestellt, sofern keine spezifischen Einschränkungen durch den Vollmachtgeber vorgenommen werden.