6. Für Personengesellschaften: Änderung im Gesellschafterbestand bei Grundbesitz in der Gesellschaft

Geschäftsleute sitzen um einen Tisch herum und unterhalten sich

Bei der Übertragung von Gesellschaftsanteilen an grundbesitzenden Personengesellschaften stellt sich immer wieder die Frage, ob und inwieweit diese Vorgänge der Grunderwerbsteuer unterliegen. Im Zentrum steht dabei § 1 Absatz 2a des Grunderwerbsteuergesetzes (GrEStG). Diese Vorschrift bezweckt, sogenannte »Share Deals« in den Anwendungsbereich der Grunderwerbsteuer zu ziehen. Besonders relevant ist dies, wenn sich der Gesellschafterbestand innerhalb eines bestimmten Zeitraums in erheblichem Umfang verändert. Unklar war bislang, ob dabei auch ein Gesellschafter, der bereits an der grundbesitzenden Personengesellschaft beteiligt war, als »neuer Gesellschafter« gilt, wenn er zusätzlich Anteile an einer an dieser Gesellschaft beteiligten Kapitalgesellschaft erwirbt.

In dem vom obersten Finanzgericht am 31.7.2024 unter dem Aktenzeichen II R 28/21 entschiedenen Fall ging es um eine Kommanditgesellschaft, in deren Vermögen sich Grundstücke befanden. An dieser KG war zu 90 Prozent eine GmbH beteiligt, deren Alleingesellschafter eine natürliche Person war. Diese natürliche Person hielt die GmbH-Anteile treuhänderisch für eine Schweizer Aktiengesellschaft. Zusätzlich war dieselbe natürliche Person auch mit 10 Prozent direkt an der KG beteiligt. Im Jahr 2016 übertrug die natürliche Person sowohl die Anteile an der GmbH als auch ihre unmittelbare Beteiligung an der KG auf andere Gesellschaften und Personen. Der Erwerber der GmbH-Anteile hatte bereits zuvor die Funktion des Komplementärs in der KG ausgeübt.

Das Finanzamt sah in diesem Gesellschafterwechsel eine steuerpflichtige Anteilsübertragung im Sinne des § 1 Absatz 2a GrEStG. Es stellte darauf ab, dass sich der Gesellschafterbestand durch die Übertragung der GmbH-Anteile und der unmittelbaren Kommanditbeteiligung vollständig geändert habe. Die GmbH sei in vollem Umfang als neue Gesellschafterin der grundbesitzenden KG zu behandeln, weil 100 Prozent ihrer Anteile auf eine Person übergegangen seien, die zuvor nicht an der GmbH beteiligt war. Das Finanzgericht Niedersachsen war anderer Auffassung und entschied am 10.3.2021 unter dem Aktenzeichen 7 K 101/18 zugunsten der Klägerin. Es argumentierte, dass der Erwerber kein »neuer Gesellschafter« sei, da er schon länger als fünf Jahre als Komplementär an der KG beteiligt gewesen sei. Damit sei er Altgesellschafter und die Änderung im Gesellschafterbestand steuerlich nicht relevant.

Die obersten Finanzrichter hoben dieses Urteil auf. Sie stellten klar, dass für die Frage, ob eine an der grundbesitzenden Personengesellschaft beteiligte Kapitalgesellschaft als neue Gesellschafterin gilt, ausschließlich auf die Eigentumsverhältnisse an der Kapitalgesellschaft abzustellen ist. Der Umstand, dass der Erwerber der GmbH-Anteile bereits zuvor an der grundbesitzenden Personengesellschaft beteiligt war, ist dabei unbeachtlich. Entscheidend ist, ob mindestens 95 Prozent der Anteile an der Kapitalgesellschaft auf neue Gesellschafter übergehen. Das Gericht betonte, dass für Kapitalgesellschaften eine eigene Betrachtungsebene gilt und nicht – wie bei Personengesellschaften – auf die Gesellschafterstruktur durchgerechnet wird. Diese spezielle Regelung sei vom Gesetzgeber mit der Neufassung des § 1 Absatz 2a GrEStG durch das Steueränderungsgesetz 2015 bewusst eingeführt worden, um eine differenzierte Behandlung zwischen Kapital- und Personengesellschaften zu ermöglichen.

Der Erwerber der GmbH-Anteile war in Bezug auf diese Kapitalgesellschaft ein neuer Gesellschafter, auch wenn er bereits zuvor an der KG beteiligt war. Damit galt die GmbH, die zu 90 Prozent an der KG beteiligt war, nach § 1 Absatz 2a Satz 4 GrEStG als neue Gesellschafterin. Da zusätzlich auch die übrigen 10 Prozent der KG-Anteile übertragen wurden, änderte sich der Gesellschafterbestand vollständig, was nach § 1 Absatz 2a Satz 1 GrEStG zu einer grunderwerbsteuerpflichtigen Anteilsübertragung führte.

Offen blieb im Verfahren allerdings die Frage, ob auch der Grundbesitz von zwei Tochtergesellschaften der KG – der E-GmbH und der F-GmbH – der Klägerin grunderwerbsteuerrechtlich zuzurechnen war. Das ist für die Rechtmäßigkeit des Feststellungsbescheids entscheidend, da dieser auch die Grundstücke dieser Gesellschaften einbezog. Hierzu konnte der Bundesfinanzhof mangels ausreichender Feststellungen keine abschließende Entscheidung treffen und verwies den Fall zur weiteren Prüfung an das Finanzgericht zurück.

Zusammenfassend bestätigt das Urteil die strikte Anwendung des sogenannten »Ebenenkonzepts« bei der Grunderwerbsteuer. Bei Kapitalgesellschaften wird ausschließlich auf die unmittelbare Ebene abgestellt – eine Durchrechnung wie bei Personengesellschaften erfolgt nicht. Damit kann auch ein bereits an der grundbesitzenden Personengesellschaft beteiligter Erwerber als neuer Gesellschafter gelten, wenn er erstmalig Anteile an einer beteiligten Kapitalgesellschaft erwirbt. Maßgeblich ist dabei allein, dass mindestens 95 Prozent der Anteile an der Kapitalgesellschaft auf neue Personen übergehen.