Zu den abziehbaren Werbungskosten bei der Einkunftsart Vermietung und Verpachtung gehört auch die Abschreibung für ein zur Einkünfteerzielung genutztes Gebäude. Bemessungsgrundlage sind dabei die Anschaffungs- oder Herstellungskosten. Ist für die Anschaffung eines Immobilienobjektes ein Kaufpreis gezahlt worden, ist der Kaufpreis zur Ermittlung der Bemessungsgrundlage für die Abschreibung auf Grund und Boden und Gebäude aufzuteilen. Zunächst sind Boden- und Gebäudewert gesondert zu ermitteln und sodann die Anschaffungskosten nach den Verhältnissen der beiden Wertanteile in Anschaffungskosten für den Grund und Boden sowie den Gebäudeanteil aufzuteilen. Diese Grundsätze hat bereits der Bundesfinanzhof in seiner richtungsweisenden Entscheidung vom 21.7.2020 unter dem Aktenzeichen IX R 26/19 getroffen.
Für die Schätzung des Werts des Grund- und Boden- sowie Gebäudeanteils kann im Streitfall die Immobilienwertverordnung herangezogen werden, denn sie enthält anerkannte Grundsätze für die Schätzung von Verkehrswerten von Grundstücken, nach deren Bestimmungen der Verkehrswert mithilfe des Vergleichswertverfahrens, des Ertragswertverfahrens, des Sachwertverfahrens oder mehrerer dieser Verfahren zu ermitteln ist. So geregelt in § 8 Abs. 1 Satz 1 der Immobilienwertverordnung. Die Verfahren sind nach der Art des Wertermittlungsobjektes unter Berücksichtigung der im gewöhnlichen Geschäftsverkehr bestehenden Gepflogenheiten und der sonstigen Umstände des Einzelfalls, insbesondere der zur Verfügung stehenden Daten, zu wählen. Die Wahl des Verfahrens ist dabei durchaus zu begründen. Dabei stehen die Wertermittlungsverfahren einander jedoch gleichwertig gegenüber. So auch der Bundesfinanzhof in seiner Entscheidung vom 16.9.2020 unter dem Aktenzeichen II R 1/18. Der Verkehrswert ist sodann aus dem Ergebnis des oder der herangezogenen Verfahren unter Würdigung seiner Aussagefähigkeit zu ermitteln.
Grundsätzlich muss dabei erwähnt werden, dass die Ermittlung der Verkehrswertrelation Teil der Sachverhaltsfeststellung des erstinstanzlichen Finanzgerichtes ist. Für den Bundesfinanzhof als Revisionsgericht sind diese Sachverhaltsfeststellungen daher grundsätzlich bindend. So verfahrensrechtlich geregelt in § 118 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung (FGO). Aber: Der Bundesfinanzhof als Revisionsgericht muss bei Heranziehung der Immobilienwertverordnung durch die Vorinstanz prüfen, ob dabei die rechtlichen Vorgaben der maßgeblichen Bestimmung beachtet worden sind.
Im Hinblick auf die Wahl des Bewertungsverfahrens zu Ermittlung der Verkehrswerte von Grund und Boden sowie Gebäude hat insoweit die höchstrichterliche Rechtsprechung bereits folgende Grundsätze aufgestellt:
Zum einen hat die Rechtsprechung bei Mietwohngrundstücken im Privatvermögen im Regelfall eine Kaufpreisaufteilung unter Anwendung des Sachwertverfahrens mit der Erwägung für angebracht gehalten, dass für den Erwerb einer solchen Immobilie neben Ertragsgesichtspunkten und der sicheren Kapitalanlage auch die Aussicht auf einen langfristigen steuerfreien Wertzuwachs des Vermögens ausschlaggebend sein könnte. So zumindest der Bundesfinanzhof in einer Entscheidung vom 29.5.2008 unter dem Aktenzeichen IX R 36/06. Ferner hat der Bundesfinanzhof stets betont, dass nach den tatsächlichen Gegebenheiten des jeweiligen Einzelfalls zu entscheiden sei, welches Wertermittlungsverfahren anzuwenden ist.
Zum anderen hat die Rechtsprechung bei der Bewertung von Mietwohngrundstücken im Privatvermögen auch eine Anwendung des Ertragswertverfahrens für möglich erachtet, wenn dieses zum zutreffenden Wert geführt und die tatsächlichen Wertverhältnisse besser abgebildet hat. Überdies hat der IX. Senat des Bundesfinanzhofs in anderem materiellrechtlichen Zusammenhang schon früher entschieden, dass die zur Aufteilung des gebäudebezogenen Aufwands zu bestimmenden Verkehrswerte des eigengenutzten sowie des fremdvermieteten Teils eines Gebäudes nach dem Ertragswertverfahren ermittelt werden können, wenn eine Bewertung der zur Vermietung genutzten Fläche und der eigengenutzten Fläche im Sachwertverfahren wegen der unterschiedlichen Nutzbarkeit der jeweiligen Bereiche zu einem ersichtlich sachwidrigen Ergebnis führen würde. So der Bundesfinanzhof in seiner Entscheidung vom 25.5.2005 unter dem Aktenzeichen IX R 46/04.
Das Vergleichswertverfahren hingegen hat die frühere Rechtsprechung zur Ermittlung des Verkehrswertes des Boden- und des Gebäudeanteils einer privaten Eigentumswohnung als nicht brauchbar angesehen. Der Grund: Diese Bewertungsmethode erlaubt nur die Eigentumswohnung als eine Einheit von Miteigentumsanteil und Sondereigentum zu bewerten. Daher sei das Vergleichswertverfahren mit dem Gebot der Einzelbewertung für Grund und Boden sowie Gebäude nicht vereinbar.
Von diesen Grundsätzen ausgehend ist die Rechtsprechung in jüngster Zeit dahingehend fortentwickelt worden, dass einerseits bei umfassend sanierten, denkmalgeschützten Mietwohngebäuden die Wertanteile für Grund und Boden sowie Gebäude auf der Grundlage des Sachwertverfahrens ermittelt werden können, wenn anderweitig ermittelte Ertrags- und Vergleichswerte die tatsächlichen, an einem angemessenen Kaufpreis zu messenden Wertverhältnisse nicht einmal annähernd abbilden können. Andererseits kann aber bei Mietwohngebäuden auch das Ertragswertverfahren anzuwenden sein, wenn es sich im Einzelfall um Renditeobjekte handelt und das Sachwertverfahren nicht in gleicher Weise zur Wertfindung geeignet erscheint, weil der mit dieser Methode ermittelte Wert ganz erheblich von dem zwischen den Vertragsparteien vereinbarten und tatsächlich gezahlten Kaufpreis abweicht.
Insoweit hält der Bundesfinanzhof auch aktuell an den dargelegten Rechtsprechungsgrundsätzen zur Aufteilung eines Gesamtkaufpreises durch getrennte Ermittlung des Verkehrswertes von Grund und Boden sowie Gebäude unter Rückgriff auf die gleichwertigen Wertermittlungsverfahren der Immobilienwertverordnung fest. Deutlich betont der Bundesfinanzhof, dass die genannten Grundsätze weiterhin ihre Berechtigung haben und erkennt auch weder in der Rechtsprechung, der Finanzverwaltung noch in der Literatur eine Infragestellung dieser Grundsätze.
Soweit der Bundesfinanzhof bislang schwerpunktmäßig eine Bewertung von Geschäftsgrundstücken im Ertragswertverfahren für angezeigt gehalten und dabei auf den Charakter als Renditeobjekte abgestellt hat, ist darauf hinzuweisen, dass im Kontext der aktuellen wirtschaftlichen Entwicklung, insbesondere der dynamischen Entwicklung des Immobilienmarktes, auch reine Wohnimmobilien als Renditeobjekte angesehen werden. Dementsprechend liegen auch dem Erwerb von zur Vermietung bestimmten Wohnungseigentum regelmäßig Ertragsüberlegungen zugrunde. Damit unterscheiden sich die Verhältnisse von den früheren Jahren, für die der Bundesfinanzhof davon ausgegangen ist, dass für den Erwerb von Mietwohngrundstücken neben Ertragsgesichtspunkten und dem Aspekt der sicheren Kapitalanlage vor allem die Aussicht auf einen langfristigen steuerfreien Wertzuwachs des Vermögens ausschlaggebend war. Vor diesem Hintergrund verbietet es sich, das Ertragswertverfahren außerhalb der Bewertung von Geschäftsgrundstücken von vornherein für weniger geeignet und mithin für nachrangig zu halten.
Neben diesen dogmatischen Erwägungen kommt in rechtsstaatlicher Hinsicht hinzu, dass in der Praxis der Immobilienbewertung das Sachwertverfahren keineswegs überwiegt. Vielmehr entspricht es den Gepflogenheiten des gewöhnlichen Geschäftsverkehrs, sowohl das Vergleichswertverfahren bei der Ermittlung von Bodenwerten und auch bei bebauten Grundstücken anzuwenden als auch auf das Ertragswertverfahren zurückzugreifen, wenn vergleichbare Objekte üblicherweise mit der Absicht erworben werden, Erträge zu erzielen und den Wert des eingesetzten Kapitals zu vermehren, sowie eine Anwendung des Sachwertverfahrens in Betracht zu ziehen, wenn es sich um Sonderobjekte handelt.
In der Praxis der Immobilienbewertung wird dem Ertragswertverfahren die weiteste Verbreitung zugesprochen. Dies soll für nahezu alle Gebäudearten gelten, auch für Wohn- und Teileigentum. Zum Teil wird aber auch (jedenfalls bei der Wertermittlung von Eigentumswohnungen) eine Dominanz des Vergleichswertverfahrens gesehen.
Vor diesem Hintergrund kommt der Bundesfinanzhof in seinem Urteil vom 20.9.2022 unter dem Aktenzeichen IX R 12/21 zu dem Schluss, dass sich die Wahl der Ermittlungsmethode einer Verallgemeinerung entzieht und ein Vorrang bestimmter Wertermittlungsverfahren für bestimmte Gebäudearten nicht besteht.