Aus zivilrechtlicher Sicht ist es eine erhebliche Unterscheidung, ob man Erbe oder Vermächtnisnehmer wird. Steuerrechtlich ist diese Unterscheidung zumindest insoweit geringer, als dass die Bereicherung in der Regel den gleichen Besteuerungsregelungen und dem gleichen Steuertarif unterliegt. Dennoch kann es immer wieder kleinere Unterscheidungen geben.
Vor diesem Hintergrund war in einer Streitfrage beim Niedersächsischen Finanzgericht unter dem Aktenzeichen 3 K 169/21 klärungsbedürftig, ob ein Vermächtnisnehmer die Erbfallkostenpauschale nach § 10 Abs. 5 Nummer 3 Satz 2 des Erbschaftsteuergesetzes (ErbStG) in Anspruch nehmen kann. In diesem Zusammenhang muss weitergehend ausgeführt werden, dass Nachlassverbindlichkeiten grundsätzlich vom Erwerb steuermindernd abgezogen werden können. Zu diesen Nachlassverbindlichkeiten gehören beispielsweise die Kosten der Bestattung des Erblassers, die Kosten für ein angemessenes Grabdenkmal, die Kosten für die übliche Grabpflege mit ihrem Kapitalwert für eine unbestimmte Dauer sowie die Kosten, die dem Erwerber unmittelbar im Zusammenhang mit der Abwicklung, Regelung oder Verteilung des Nachlasses oder mit der Erlangung des Erwerbs entstehen.
Konkret bedeutet die Erbfallkostenpauschale nun, dass für diese Kosten insgesamt ein Betrag von 10.300 € ohne Nachweis abgezogen werden kann.
Nun ist es jedoch regelmäßig so, dass lediglich der Erbe mit den oben genannten Kosten belastet ist. Der Vermächtnisnehmer hingegen hat ja lediglich einen schuldrechtlichen Anspruch gegenüber dem Erben auf Herausgabe des Vermächtnisses und hat daher häufig entsprechende Kosten nicht zu tragen. Insoweit war umstritten, ob ein Vermächtnisnehmer die Erbfallkostenpauschale auch dann in Anspruch nehmen kann, wenn er nicht durch Auflage des Erblassers mit entsprechenden Kosten belastet ist.
Erfreulicherweise hat das erstinstanzliche Niedersächsische Finanzgericht dies mit Urteil vom 28.6.2023 unter dem oben bereits genannten Aktenzeichen bestätigt. Konkret gilt daher: Die Erbfallkostenpauschale kann vom Vermächtnisnehmer auch dann in Anspruch genommen werden, wenn dieser nicht durch eine Auflage des Erblassers mit Kosten belastet ist.
Ist allerdings der Nachlass nicht vollständig in Deutschland steuerpflichtig, dann wird der Erbfallkostenpauschbetrag nur anteilig in Höhe der Quote des in Deutschland erbschaftsteuerpflichtigen Erwerbes zum Gesamtnachlass berücksichtigt.
Das letzte Wort wird hier noch der Bundesfinanzhof unter dem Aktenzeichen II R 25/23 haben, wie bereits eingangs berichtet. Dennoch sollten entsprechende Vermächtnisnehmer sich auch bis zur höchstrichterlichen Klärung bereits auf das erstinstanzliche Urteil aus Niedersachsen berufen.