Betriebsvermögen ist im Bereich der Erbschaft- und Schenkungsteuer durchaus begünstigt, zumindest grundsätzlich. Ob es am Ende tatsächlich zu einer Begünstigung kommt, hängt vom Einzelfall und allgemein von sehr komplizierten Regelungen ab. Zunächst einmal muss das Unternehmen einen Verwaltungsvermögenstest bestehen. Sofern dabei herauskommt, dass das Verwaltungsvermögen 90 % oder mehr des Unternehmenswerts beträgt, kann eine Begünstigung schon nicht mehr gewährt werden.
Zu diesem schädlichen Verwaltungsvermögen kann dabei eine ganze Menge gehören. Beispielsweise fallen hierunter die an Dritte zu Nutzung überlassenen Grundstücke, sprich Vermietungsobjekte.
Ebenso sind Anteile an einer Kapitalgesellschaft dem schädlichen Verwaltungsvermögen zuzurechnen, wenn die unmittelbare Beteiligung 25 % oder weniger beträgt.
Kunstgegenstände, Münzen, Edelmetalle, Oldtimer, Yachten sowie sonstige typischerweise der privaten Lebensführung dienenden Gegenstände sind ebenfalls dem Verwaltungsvermögen zugehörig, sofern der Handel, die Herstellung, Verarbeitung oder Vermietung nicht der Hauptzweck des Betriebes ist.
Darüber hinaus sind jedoch auch Wertpapiere sowie vergleichbare Forderungen Verwaltungsvermögen, es sei denn es handelt sich bei dem infrage stehenden Unternehmen um ein Kreditinstitut, ein Finanzdienstleistungsinstitut oder ein Versicherungsunternehmen.
Last but not least: Der gemeine Wert des nach Abzug des gemeinen Werts der Schulden verbleibende Bestand an Zahlungsmitteln, Geschäftsguthaben, Geldforderungen und anderen Forderungen (insgesamt als Finanzmittel bezeichnet) ist ebenfalls schädliches Verwaltungsvermögen, soweit er 15 % des anzusetzenden Wertes des Betriebsvermögens des Betriebs oder der Gesellschaft übersteigt.
Sofern daher der oben geschilderte Verwaltungsvermögenstest bestanden wird, also weniger als 90 % Verwaltungsvermögen gegeben ist, liegt insgesamt schon qualifiziert begünstigungsfähiges Betriebsvermögen vor.
Das kleine Wort „qualifiziert“ zeigt jedoch, dass noch lange nicht die Begünstigung erreicht ist. Im nächsten Schritt kommt es nämlich zu einer konkreten Prüfung der Begünstigung. Das nicht begünstigte Vermögen, insbesondere das Verwaltungsvermögen fällt nun heraus und wird der normalen Besteuerung unterworfen. Lediglich das übrige Vermögen kann schließlich bei der Erbschaft oder Schenkung begünstigt besteuert werden.
Begünstigte Besteuerung bedeutet dabei bei einem Übergang von Betriebsvermögen bis zu 26 Millionen Euro, dass man ein Wahlrecht hat. Entweder es kann eine Regelverschonung in Anspruch genommen werden und zusätzlich ein Abzugsbetrag steuermindernd eingesetzt werden, oder man beantragt die sogenannte Optionsverschonung.
Bei der Regelverschonung bleiben 85 % steuerfrei. Um diese Steuerfreiheit zu erreichen, müssen jedoch Voraussetzungen gegeben sein. Wie schon erwähnt, darf das erlaubte Verwaltungsvermögen maximal bis zu 90 % betragen. Zudem sind jedoch auch Behaltensfristen zu beachten, in denen das Unternehmen weder verkauft, aufgegeben noch ausgehöhlt werden darf. Bei der Regelverschonung beträgt diese Behaltensfrist fünf Jahre. Ab einer Mitarbeiterzahl von sechs Beschäftigten müssen zudem noch in den kommenden fünf Jahren auch bestimmte, individuell zu ermittelnde Lohnsummen erhalten bleiben, damit der Verschonungsabschlag von 85 % und der Abzugsbetrag nicht verloren gehen.
Bei der sogenannten Optionsverschonung gibt es diese Lohnsummenregelungen auch, allerdings wird sie hier strenger gehandhabt, denn es muss eine höhere Mindestlohnsumme erreicht werden. Ebenso sind auch die anderen Voraussetzungen schwieriger zu erreichen, da bei der Optionsverschonung immerhin ein Verschonungsabschlag von 100 % gewährt wird. Die Übertragung des qualifiziert begünstigten Betriebsvermögens ist also vollkommen steuerfrei. Dafür beträgt die Behaltefrist sieben Jahre und es darf nur noch Verwaltungsvermögen bis zu 20 % vorhanden sein.
Das Problem ist nun, was geschieht, wenn die Optionsverschonung im Rahmen der Steuererklärung beantragt wurde, die Voraussetzungen jedoch tatsächlich nicht eingehalten werden, die Voraussetzungen für die Regelverschonung jedoch gegeben wären. Denklogisch wäre es, wenn dann anstatt der Optionsverschonung zumindest die Regelverschonung greift, deren Voraussetzungen erfüllt sind.
Das Finanzgericht Münster kommt jedoch mit Urteil vom 27.10.2022 unter dem Aktenzeichen 3 K 3624/20 Erb zu dem Schluss, dass es dann gar keine Verschonungsregelung gibt. Insoweit entschieden die erstinstanzlichen Richter: Wenn der Steuerpflichtige in seiner Schenkungsteuererklärung wirksam und unwiderruflich zur optionalen Vollverschonung optiert hat, kann die Regelverschonung nicht gewährt werden. Die unwiderrufliche Erklärung des Erwerbers, die optionale Vollverschonung in Anspruch zu nehmen, bewirkt, dass ein „Rückfall“ zur Regelverschonung nicht möglich ist.
Tatsächlich hatte auf dieser Linie auch bereits einmal der Bundesfinanzhof in seiner Entscheidung vom 26.7.2022 unter dem Aktenzeichen II R 25/20 geurteilt. Dort stellten die obersten Finanzrichter der Republik klar, dass wenn die Erklärung zur optionalen Vollverschonung abgegeben wurde, die Anforderungen an die Vollverschonung jedoch nicht erfüllt sind, die Regelverschonung auch nicht zu gewähren ist. Insoweit verwundert die Entscheidung des Finanzgerichtes Münsters nicht.
Allerdings gibt es noch ein Fünkchen Hoffnung. Gegen die Entscheidung aus Münster haben die klagenden Steuerpflichtigen nämlich die Nichtzulassungsbeschwerde eingelegt. Diese ist auch vom Bundesfinanzhof angenommen worden, sodass das Verfahren in der Hauptsache nun unter dem Aktenzeichen II R 19/23 geführt wird. In diesem Verfahren wird der Bundesfinanzhof die Streitfrage klären, ob im Fall einer durch den Steuerpflichtigen beantragten Optionsverschonung mit 100-prozentiger Steuerbefreiung ein sogenannter Rückfall auf die Regelverschonung mit lediglich 85 %iger Steuerbefreiung möglich ist, wenn sich zu einem späteren Zeitpunkt herausstellt, dass die Voraussetzungen der Optionsverschonung letztlich nicht erfüllt werden können.
Insbesondere im Hinblick auf die teilweise unübersichtliche und umfängliche Berechnung zur Verwaltungsvermögensquote könnte ein Ausgang im Sinne der Steuerpflichtigen auch in vielen anderen Verfahren sehr hilfreich sein. Insoweit bleibt zu hoffen, dass es hier auch seitens des Bundesfinanzhofs ein praktikables Umdenken gibt.