Ein gesondert festgestellter Grundbesitzwert entfaltet Bindungswirkung für alle Schenkungsteuerbescheide, bei denen er in die steuerliche Bemessungsgrundlage einfließt. Dies betont der Bundesfinanzhof in seiner Entscheidung vom 26.7.2023 unter dem Aktenzeichen II R 35/21.
Im Sachverhalt erwarb der Kläger zum 31.12.2012 von seinem Vater einen hälftigen Miteigentumsanteil an unbebauten Grundstücken. Dies war im Gesamtkontext der Vorerwerb. Die Grundbesitzwerte wurden mit Feststellungsbescheid aus dem Jahr 2016 auf insgesamt 87.392 Euro festgestellt, und die Schenkungsteuer wurde aufgrund des persönlichen Freibetrages zwischen Vater und Sohn mit 0 Euro festgesetzt.
Im Jahr 2017 erhielt der Kläger von seinem Vater unentgeltlich 400.000 Euro durch einen Forderungsverzicht geschenkt. Das Finanzamt setzte hierfür Schenkungsteuer in Höhe von 9.603 Euro fest, wobei der Vorerwerb mit 87.392 Euro berücksichtigt wurde. Der Kläger machte Einspruch geltend, dass der Grundbesitzwert unzutreffend festgestellt worden sei und der Vorerwerb mit dem richtigen Wert anzusetzen sei. Der Einspruch wurde abgelehnt und auch die Klage vor dem Finanzgericht blieb erfolglos.
Der Bundesfinanzhof entschied, dass der Schenkungsteuerbescheid rechtmäßig ist und die festgestellten Grundbesitzwerte von 87.392 Euro zu Recht in die steuerliche Bemessungsgrundlage eingeflossen sind. Insoweit kommt dem Feststellungsbescheid eine Bindungswirkung zu.
Gemäß § 14 Abs. 1 Satz 1 und 2 des Erbschaftsteuergesetzes (ErbStG) werden mehrere innerhalb von zehn Jahren von derselben Person anfallende Vermögensvorteile zusammengerechnet, wobei frühere Erwerbe mit ihrem früheren Wert angesetzt werden. Jeder Erwerb unterliegt für sich der Steuer. Die früheren Erwerbe werden dem letzten Erwerb mit ihrem damals festgesetzten Wert zugerechnet, was verhindern soll, dass durch Aufteilung in Teilübertragungen Steuervorteile erlangt werden.
Die Besteuerungsgrundlagen, wie vorliegend die Grundbesitzwerte, werden durch gesonderte Feststellungsbescheide festgestellt. Diese Bescheide sind dabei immer bindend für alle nachfolgenden Steuerbescheide, auch wenn sie nicht unanfechtbar sind. Ein nach § 151 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Bewertungsgesetz (BewG) festgestellter Grundbesitzwert ist immer bindend für alle späteren Schenkungsteuerbescheide, auch für die Berücksichtigung als Vorerwerb bei späteren Erwerbsvorgängen innerhalb des Zehnjahreszeitraums. Wenn daher der Wert des Feststellungsbescheid nicht korrekt ist, muss er auch angegriffen werden, auch wenn zu diesem Zeitpunkt noch keine Steuer aus dem Erwerb oder hier dem Vorerwerb resultiert.
Die obersten Richter des Bundesfinanzhofes haben insoweit festgestellt, dass auch materiell-rechtlich unzutreffende Werte, die in einem Feststellungsbescheid festgesetzt wurden, für die Besteuerung des letzten Erwerbs innerhalb des Zehnjahreszeitraums zu berücksichtigen sind. Ein Steuerpflichtiger kann Einwendungen gegen diese Feststellungen nicht im Rahmen der Anfechtung des Schenkungsteuerbescheids, sondern nur gegen den Feststellungsbescheid selbst geltend machen. Dies ist von entscheidender Bedeutung.
Der Bundesfinanzhof betonte dabei, dass er auch keinen Verstoß gegen den allgemeinen Gleichheitssatz des Grundgesetztes sieht. Die unterschiedliche Behandlung von Werten, die gesondert festgestellt werden müssen, und solchen, die keiner gesonderten Feststellung unterliegen, führt nicht zu einer Ungleichbehandlung.
Die Entscheidung basiert im Endeffekt auf der rechtlichen Bindungswirkung von Feststellungsbescheiden nach § 182 Abs. 1 Satz 1 der Abgabenordnung (AO), die für alle nachfolgenden Schenkungsteuerbescheide maßgeblich sind. Diese Bindungswirkung gilt unabhängig davon, ob der Wert materiell-rechtlich zutreffend oder unzutreffend festgesetzt wurde. Die Berücksichtigung des unzutreffend festgestellten Grundbesitzwerts als Vorerwerb im Rahmen der Schenkungsteuerfestsetzung für den nachfolgenden Erwerb ist daher rechtmäßig.
Die Entscheidung des Bundesfinanzhofes verdeutlicht die Bindungswirkung von gesonderten Feststellungsbescheiden für die Besteuerung von Schenkungen und Erbschaften. Einwendungen gegen die festgestellten Werte müssen direkt gegen die Feststellungsbescheide erhoben werden, da diese für alle nachfolgenden Steuerfestsetzungen bindend sind.