Insolvenzverfahren haben tiefgreifende finanzielle Folgen für betroffene Personen und Unternehmen. Dabei stellt sich häufig die Frage, inwiefern die mit einem solchen Verfahren verbundenen Kosten steuerlich berücksichtigt werden können. Insbesondere ist dabei zu klären, ob diese als Werbungskosten bei bestimmten Einkunftsarten oder als außergewöhnliche Belastung im Sinne des Einkommensteuergesetzes abzugsfähig sind.
Mit dieser Problematik setzte sich das erstinstanzliche Finanzgericht Hamburg in seiner Entscheidung vom 19.10.2023 unter dem Aktenzeichen 1 K 97/22 auseinander.
Die Klägerin war Eigentümerin zweier vermieteter Mehrfamilienhäuser in Hamburg. Nachdem Gläubiger Insolvenzanträge gegen sie gestellt hatten, eröffnete das Amtsgericht Hamburg im Jahr 2016 ein Insolvenzverfahren über ihr Vermögen. Die Klägerin versuchte, sich gegen die Verfahrenseröffnung zu wehren, hatte damit jedoch keinen Erfolg. Zum Zeitpunkt der Insolvenzeröffnung erzielte sie Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung.
Während der Insolvenzverwaltung wurden die Immobilien im Mai 2017 verkauft, wodurch Einnahmen erzielt wurden, die ausreichten, um sämtliche Gläubiger vollständig zu befriedigen.
In ihrer Einkommensteuererklärung für das Jahr 2017 erklärte die Klägerin Gewinne aus privaten Veräußerungsgeschäften. Sie beantragte, die Kosten des Insolvenzverfahrens – unter anderem Gerichtskosten, Insolvenzverwaltergebühren, Steuerberatungs- und Rechtsberatungskosten – als Werbungskosten bei diesen Einkünften anzusetzen. Alternativ forderte sie, die Kosten als außergewöhnliche Belastung zu berücksichtigen.
Zur Begründung führte sie an, dass die Veräußerung der Immobilien den zentralen Zweck des Insolvenzverfahrens dargestellt habe und die Kosten daher in direktem wirtschaftlichem Zusammenhang mit den erzielten Veräußerungsgewinnen stünden.
Das Finanzamt lehnte den Antrag ab. Es argumentierte dagegen, dass das Insolvenzverfahren nicht primär der Erzielung steuerpflichtiger Einkünfte gedient habe, sondern in erster Linie der gemeinschaftlichen Befriedigung der Gläubiger. Die Insolvenzverwaltung sei nicht mit einer steuerbaren Tätigkeit gleichzusetzen. Auch ein Abzug als außergewöhnliche Belastung komme nicht in Betracht, da es sich bei einer Insolvenz nicht um ein außergewöhnliches, sondern um ein in der Marktwirtschaft typisches Ereignis handele.
Das Finanzgericht Hamburg schloss sich leider der Auffassung des Finanzamts an und wies die Klage ab. Es stellte klar, dass Werbungskosten nur dann abzugsfähig sind, wenn sie in einem objektiven Zusammenhang mit der Einkünfteerzielung stehen und subjektiv dazu dienen, diese Einkünfte zu sichern oder zu fördern. Die Kosten eines Insolvenzverfahrens seien jedoch nicht durch die Veräußerung der Immobilien verursacht worden, sondern durch die finanzielle Situation der Klägerin, die zur Insolvenzeröffnung geführt hatte. Maßgeblich sei das »auslösende Moment« der Aufwendungen – und dieses liege nicht in der Verwertung der Immobilien, sondern in den Forderungen der Gläubiger und der daraus resultierenden Insolvenz.
Die Klägerin konnte sich auch nicht auf eine Vergleichbarkeit mit Zwangsverwaltungsverfahren berufen, bei denen Kosten der Verwaltung und Verwertung als Werbungskosten anerkannt werden. Der Unterschied bestehe darin, dass im Zwangsverwaltungsverfahren das Eigentum beim Schuldner verbleibt, während im Insolvenzverfahren der Insolvenzverwalter anstelle des Schuldners handelt. Der Veräußerungserlös sei daher nicht das entscheidende Kriterium für die steuerliche Einordnung der Verfahrenskosten.
Auch als außergewöhnliche Belastung konnten die Kosten nicht berücksichtigt werden. Der Bundesfinanzhof hatte bereits in einem Urteil vom 16.12.2021 unter dem Aktenzeichen VI R 41/18 entschieden, dass eine Überschuldung und ein Insolvenzverfahren kein außergewöhnliches Ereignis darstellen, sondern ein verbreitetes wirtschaftliches Risiko sind. Dies gelte insbesondere für unternehmerische Insolvenzen, die Teil des wirtschaftlichen Lebens seien.
Das Finanzgericht Hamburg ließ die Revision zum Bundesfinanzhof zu, da die steuerliche Behandlung von Insolvenzverfahrenskosten in dieser Konstellation bislang höchstrichterlich nicht abschließend geklärt ist. Das Revisionsverfahren wird unter dem Aktenzeichen IX R 29/23 geführt. Betroffene können sich daher als letzten Strohhalm dem Verfahren anschließen.