Mit Urteil vom 29.11.2023 hat sich das Finanzgericht Münster unter dem Aktenzeichen 13 K 986/21 mit den Anforderungen an einen einheitlichen Gewerbebetrieb beschäftigt. Entschieden werden musste, ob der Kläger zwei selbstständige Gewerbebetriebe oder einen einheitlichen Gewerbebetrieb führt. Entscheidend ist dies insbesondere im Bereich der Gewerbesteuer. Handelt es sich nämlich bei beiden Betätigungen um unterschiedliche Betriebe, stehen dem Steuerpflichtigen auch zwei Gewerbesteuerfreibeträge. Noch wichtiger dürfte jedoch der anders gelagerte Fall sein, in dem ein Betrieb Gewinn und der andere einen nicht unerheblichen Verlust macht. In diesem Fall kann der Verlust nämlich den Gewinn der anderen Betätigung und damit das Gewerbesteueraufkommen deutlich mindern.
Zum aktuellen Streitfall: Der Kläger ist seit September 2013 im Bereich der Planung und Projektierung von Gewächshäusern tätig und meldete im November 2013 einen zweiten Betrieb an, der sich mit der Zucht und dem Verkauf seltener Pflanzen beschäftigt. Der Kläger führte beide Aktivitäten in einem einheitlichen Jahresabschluss zusammen, was vom Finanzamt im Rahmen einer Betriebsprüfung beanstandet wurde. Das Finanzamt vertrat die Ansicht, dass es sich um zwei getrennte Gewerbebetriebe handelt, da die Tätigkeiten ungleichartig seien und keine wesentliche Ergänzung oder gegenseitige Förderung vorliege.
Das Finanzamt wies darauf hin, dass die Züchtung und der Handel mit Pflanzen keine notwendige Ergänzung zum Gewächshausbau darstellten. Insbesondere gab es getrennte Betriebsstätten, unterschiedliche Kundenkreise und keine gegenseitige Abhängigkeit der beiden Bereiche. Der Kläger argumentierte dagegen, dass beide Tätigkeiten eng miteinander verknüpft seien. So würden seine botanischen Kenntnisse aus der Pflanzenzucht den Gewächshausbau bereichern, und die Pflanzenzucht diene auch der Kundengewinnung für die Gewächshausprojekte.
Das Gericht entschied, dass die Tätigkeiten des Klägers nicht als einheitlicher Gewerbebetrieb zusammengefasst werden können. Es stellte fest, dass die Zucht und der Handel von Pflanzen eine eigenständige Tätigkeit im Bereich der Land- und Forstwirtschaft gemäß § 13 des Einkommensteuergesetzes (EStG) darstellt, während der Gewächshausbau eindeutig dem gewerblichen Bereich nach § 15 EStG zuzuordnen ist. Die Planung und Projektierung von Gewächshäusern sei eine eigenständige gewerbliche Tätigkeit, die nicht in einem direkten wirtschaftlichen oder organisatorischen Zusammenhang mit der Pflanzenzucht steht. Die beiden Tätigkeiten förderten sich nicht gegenseitig und sind nicht so eng miteinander verzahnt, dass sie als einheitlicher Gewerbebetrieb angesehen werden könnten. Eine wechselseitige Abhängigkeit oder Ergänzung, die nach der Verkehrsauffassung als Grundlage für einen einheitlichen Betrieb gewertet werden könnte, sei nicht erkennbar.
Für das Gericht war insoweit entscheidend, dass die Pflanzenzucht als eigene unternehmerische Tätigkeit zu betrachten ist, die unabhängig vom Gewächshausbau ausgeübt werden kann. Der Umstand, dass der Kläger beide Tätigkeiten in einer einheitlichen Gewinnermittlung zusammengefasst hat, ändert nichts an der steuerlichen Einstufung. Auch das Argument des Klägers, seine botanischen Kenntnisse aus der Pflanzenzucht würden den Gewächshausbau beeinflussen, wurde nicht als ausreichend betrachtet, um einen wirtschaftlichen Zusammenhang herzustellen. Es fehle der wechselseitige Nutzen, der beide Tätigkeiten miteinander verbindet. Das Gericht sah darin lediglich eine zufällige Ergänzung, die nicht ausreicht, um die Tätigkeiten zu einem einheitlichen Gewerbebetrieb zusammenzufassen.
Das erstinstanzliche Urteil orientiert sich dabei an der höchstrichterlichen Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs, der in seinem Urteil vom 17.6.2020 unter dem Aktenzeichen X R 15/18 ebenfalls betont hat, dass bei ungleichartigen Tätigkeiten ein erhöhter wirtschaftlicher, organisatorischer und finanzieller Zusammenhang erforderlich ist, um von einem einheitlichen Betrieb auszugehen. Dieser Zusammenhang konnte im vorliegenden Fall nicht nachgewiesen werden. Daher bleibt es bei der getrennten steuerlichen Behandlung der beiden Betriebe.
Wer daher in der Praxis etwas anderes erreichen möchte, muss auch im Einzelfall genau hingucken und, sofern möglich, eine wirtschaftliche, organisatorische und finanzielle Verbindung zwischen den Tätigkeiten schaffen.