Das deutsche Steuerrecht regelt detailliert die Voraussetzungen, unter denen Steuerbescheide geändert werden können. Dabei gibt es spezielle Vorschriften, die die Berücksichtigung elektronisch übermittelter Daten betreffen. Im Mittelpunkt der hier besprochenen Entscheidung des Bundesfinanzhofs vom 20.2.2024, Aktenzeichen IX R 20/23, steht die Frage, ob ein Einkommensteuerbescheid gemäß § 175b Absatz 1 der Abgabenordnung (AO) geändert werden darf, wenn die fehlerhafte Verarbeitung der übermittelten Daten auf einem Fehler der Finanzbehörde basiert.
Im Streitfall ging es um ein Ehepaar, das für das Jahr 2018 gemeinsam zur Einkommensteuer veranlagt wurde. Der ehemalige Arbeitgeber des Klägers hatte am 23.1.2019 zwei elektronische Lohnsteuerbescheinigungen an die Finanzverwaltung übermittelt. In der Einkommensteuererklärung des Ehepaares wurden diese Daten teilweise nicht korrekt berücksichtigt. Insbesondere wurde eine Entschädigungszahlung in Höhe von 9.000 Euro nicht in den Bruttoarbeitslohn einbezogen, obwohl sie nicht ermäßigt besteuert worden war. Im ursprünglichen Bescheid vom 25.9.2019 wurde ein Bruttoarbeitslohn von 27.576 Euro berücksichtigt, was sich später als fehlerhaft herausstellte.
Nach einem internen Hinweis der Finanzbehörde wurde am 20.5.2021 ein Änderungsbescheid erlassen, der die Entschädigungszahlung in Höhe von 9.000 Euro in den Bruttoarbeitslohn einbezog und damit die Bemessungsgrundlage für die Einkommensteuer erhöhte. Die Kläger widersprachen dieser Änderung mit der Begründung, dass die Korrekturregelung des § 175b AO nicht auf Fälle anwendbar ist, in denen die Finanzverwaltung die Daten fehlerhaft interpretiert hat, obwohl diese korrekt übermittelt worden waren.
Die Klage blieb jedoch leider in der Vorinstanz erfolglos. Das Finanzgericht Münster entschied, dass die Änderung des Bescheids rechtmäßig war, da § 175b AO gerade auch Fälle erfasse, in denen eine fehlerhafte Verarbeitung der Daten durch die Finanzverwaltung zu einer materiell unrichtigen Steuerfestsetzung geführt habe. Diese Ansicht wurde nun durch den Bundesfinanzhof bestätigt.
Die obersten Richter stellten klar, dass § 175b AO dazu dient, Steuerbescheide zu korrigieren, die aufgrund fehlerhafter oder unvollständiger Auswertung von Daten materiell falsch sind. Es ist nach Meinung des Gerichts unerheblich, ob der Fehler durch die mitteilungspflichtige Stelle, den Steuerpflichtigen oder die Finanzbehörde verursacht wurde. Entscheidend ist allein, dass die Daten im Sinne des § 93c AO übermittelt wurden und eine materiell unrichtige Steuerfestsetzung vorliegt.
Die Regelung erweitert damit die bisherigen Korrekturmöglichkeiten, um insbesondere steuerliche Massenverfahren effizienter zu gestalten. Der Bundesfinanzhof betonte zudem, dass die fehlerhafte Angabe der rechtlichen Grundlage im Änderungsbescheid oder des ursprünglichen Bescheiddatums die Rechtmäßigkeit des Änderungsbescheids nicht beeinträchtigt. Der Bescheid war für die Kläger eindeutig zuzuordnen und ermöglichte eine sachgerechte Prüfung.
Diese Entscheidung verdeutlicht die Tragweite des § 175b AO und seine Bedeutung für die Korrektur fehlerhafter Steuerbescheide, auch wenn der Fehler auf einer fehlerhaften rechtlichen Würdigung durch die Finanzbehörde beruht.