Die Möglichkeit der Lohnsteuerpauschalierung bei Betriebsveranstaltungen hört sich zwar grundsätzlich gut an, beschert den Beteiligten in der Praxis jedoch jede Menge praktischer Probleme. So führt die steuerliche Behandlung von Betriebsveranstaltungen immer wieder zu Unsicherheiten, insbesondere wenn es um die Frage geht, welche Voraussetzungen für eine steuerliche Begünstigung vorliegen müssen.
Seit dem Veranlagungszeitraum 2015 hat der Gesetzgeber mit der Einführung einer Legaldefinition in § 19 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1a des Einkommensteuergesetzes (EStG) den Begriff der Betriebsveranstaltung neu geregelt. Zugleich sieht § 40 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 EStG vor, dass Arbeitgeber die Lohnsteuer auf Zuwendungen aus Anlass solcher Betriebsveranstaltungen mit einem Pauschsteuersatz von 25 Prozent erheben können. In diesem Zusammenhang stellte sich im vorliegenden Fall des Bundesfinanzhofs die Frage, ob eine Veranstaltung, die nur einer begrenzten Anzahl von Mitarbeitern offensteht, als Betriebsveranstaltung zu werten ist. Der Bundesfinanzhof hat hierzu mit Urteil vom 27.3.2024, Aktenzeichen VI R 5/22, entschieden, dass eine Betriebsveranstaltung auch dann vorliegt, wenn nicht alle Angehörigen eines Betriebs oder Betriebsteils teilnehmen können.
Im konkreten Fall handelte es sich um eine Aktiengesellschaft, die im Jahr 2015 zwei Weihnachtsfeiern ausrichtete. Die erste Feier war ausschließlich für die Vorstandsmitglieder bestimmt und kostete insgesamt 8.034 Euro. Die zweite Veranstaltung richtete sich an die Mitglieder des oberen Führungskreises, also an Mitarbeiter, die eine bestimmte Karrierestufe im Unternehmen erreicht hatten. Für diese Veranstaltung wurden 168.439 Euro aufgewendet. Beide Feiern fanden in den Räumlichkeiten der Gesellschaft statt und hatten einen gesellschaftlichen Charakter. Die gewährten Vorteile wurden von der Klägerin nicht dem Lohnsteuerabzug unterworfen, stattdessen beantragte sie die Anwendung der Lohnsteuerpauschalierung gemäß § 40 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 EStG.
Das zuständige Finanzamt lehnte den Antrag ab. Es argumentierte, dass die Veranstaltungen keine Betriebsveranstaltungen im Sinne des Gesetzes seien, da sie nicht allen Beschäftigten offenstanden. Nach Auffassung der Behörde ist die Teilnahme(möglichkeit) aller Arbeitnehmer eine notwendige Voraussetzung, damit eine Veranstaltung steuerlich als Betriebsveranstaltung anerkannt werden kann. Auf dieser Grundlage erließ das Finanzamt einen Nachforderungsbescheid. Nach erfolglosem Einspruch klagte die Aktiengesellschaft vor dem Finanzgericht Köln, welches die Klage mit der Begründung abwies, dass die Voraussetzung einer offenen Teilnahme nicht erfüllt sei. Gegen diese Entscheidung legte die Klägerin schließlich Revision beim Bundesfinanzhof ein und hatte (endlich) Erfolg.
Der Bundesfinanzhof hob das Urteil des Finanzgerichts auf und gab der Klage statt. Die obersten Finanzrichter entschieden, dass die Weihnachtsfeiern der Klägerin Betriebsveranstaltungen im Sinne des § 19 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1a EStG sind und somit die Lohnsteuerpauschalierung nach § 40 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 EStG anwendbar ist. In der Begründung stellte der Bundesfinanzhof klar, dass mit der Einführung der Legaldefinition des Begriffs der Betriebsveranstaltung durch das Gesetz zur Anpassung der Abgabenordnung an den Zollkodex der Union der Gesetzgeber bewusst von bisherigen Voraussetzungen, wie dem Erfordernis einer offenen Teilnahme, abgerückt ist. Nach der Legaldefinition in § 19 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1a EStG genügt es, dass es sich um eine Veranstaltung auf betrieblicher Ebene mit gesellschaftlichem Charakter handelt. Das Kriterium des Offenstehens ist seit 2015 nur noch relevant für die Gewährung des Freibetrags von 110 Euro gemäß § 19 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1a Satz 3 EStG, nicht aber für die grundsätzliche Einordnung einer Veranstaltung als Betriebsveranstaltung.
Der Bundesfinanzhof begründete seine Entscheidung weiter mit dem Zweck der Pauschalierungsregelung in § 40 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 EStG. Diese Vorschrift dient der Vereinfachung des Lohnsteuerverfahrens und soll Arbeitgeber von dem aufwendigen Verfahren der individuellen Lohnsteuerberechnung entlasten, insbesondere bei Veranstaltungen mit zahlreichen Teilnehmern. Es sei nicht nachvollziehbar, warum der Gesetzgeber hier eine andere Auslegung des Begriffs der Betriebsveranstaltung gewollt haben sollte als in § 19 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1a EStG.
Das Gericht betonte zudem, dass der Wortlaut des Gesetzes maßgeblich ist. Im Gesetzestext finden sich keine Einschränkungen dahingehend, dass die Veranstaltung allen Mitarbeitern offenstehen muss. Auch die Gesetzesmaterialien und die Zielsetzung der Neuregelung sprechen nicht dafür, die frühere Rechtsprechung, die eine Teilnahme aller Mitarbeiter voraussetzte, weiterhin anzuwenden. Der Gesetzgeber wollte vielmehr eine klare Abgrenzung schaffen und gleichzeitig das Verfahren vereinfachen.
Im Ergebnis stellte der Bundesfinanzhof fest, dass die Weihnachtsfeiern der Klägerin die Voraussetzungen einer Betriebsveranstaltung erfüllten. Die Teilnahme war zwar auf bestimmte Mitarbeitergruppen beschränkt, dies steht jedoch der Anerkennung als Betriebsveranstaltung nicht entgegen. Die Höhe der pauschalen Lohnsteuer von 25 Prozent wurde von den Beteiligten nicht angefochten, sodass der Klage in vollem Umfang stattzugeben war. Mal ein Erfolg auf ganzer Linie.