Gewährt man jemandem ein Darlehen, ist das zunächst einmal eine geschäftliche Vereinbarung. Zur Annahme einer Schenkung kann es aber kommen, wenn die Darlehensbedingungen besser sind, als der Darlehensnehmer sie am Markt bekommen könnte. Günstiger als am Markt kann ein Darlehen sein, weil auf übliche Sicherheiten verzichtet wird oder der Zinssatz besonders günstig ist.
Wann ein günstiger Zins zu einer Schenkung führt und wie hoch der Gegenwert einer solchen Schenkung bewertet wird, hatte nun der Bundesfinanzhof zu entscheiden.
Darum ging es genau: Der Kläger hatte seiner Schwester ein Privatdarlehen gewährt, für das ein Zinssatz von 1 % vereinbart worden war. Das Finanzamt sah darin eine Schenkung und berechnete den steuerpflichtigen Erwerb, indem es den Zinsvorteil gegenüber dem Vergleichszinssatz von 5,5 % errechnete, den das Bewertungsgesetz für die Abzinsung von Forderungen annimmt.
Dagegen wehrten sich die Kläger. Sie argumentierten, dass der Zins von 5,5 % zu hoch sei, da am Markt vergleichbare Darlehen für einen Zinssatz von 2,81 % verfügbar waren. Diesen Zins erkannte das Finanzgericht zwar als Vergleichswert an, akzeptierte ihn aber dennoch nicht als Grundlage der Berechnungen für die Schenkungsteuer.
Das genügte dem Steuerpflichtigen nicht, weshalb er den Bundesfinanzhof anrief. Die obersten Finanzrichter teilten die Ansicht des Klägers. Ein Darlehen, das geringer verzinst wird als am Markt üblich, ist eine gemischte Schenkung und löst damit Schenkungsteuer aus. Allerdings kann für die Berechnung des Zinsvorteils nicht einfach der Zins von 5,5 % herangezogen werden. Der Zins kommt nur dann zur Anwendung, wenn ein anderer Wert nicht zur Verfügung steht.
Da es sich um einen Verfahrensfehler der Vorinstanz handelte, hat der Bundesfinanzhof den korrekten Wert der Bereicherung festgestellt und den Streit endgültig entschieden (BFH-Urteil vom 31.7.2024, II R 20/22).
Wird bei einem Privatdarlehen eine Schenkung angenommen, sollte man prüfen, ob es ein vergleichbares Darlehen gibt, das unter 5,5 % Zins angeboten wird. Sollte bei der Festsetzung der Steuer ein höherer Zinssatz benutzt werden, wende man sich gegen den Steuerbescheid und verweise auf das Urteil des BFH.