2. Für Immobilien-Gesellschaften: Keine erweiterte Grundbesitzkürzung bei Veräußerung des gesamten Grundbesitzes

Die Gewerbesteuer ist für viele Immobiliengesellschaften ein entscheidender Kostenfaktor. Das Gesetz sieht jedoch Erleichterungen vor, um die reine Grundstücksverwaltung nicht durch diese Steuer zu belasten. Besonders bedeutsam ist dabei die sogenannte erweiterte Kürzung nach § 9 Nr. 1 Satz 2 des Gewerbesteuergesetzes (GewStG). Sie sorgt dafür, dass die Einkünfte aus der Verwaltung und Nutzung eigenen Grundbesitzes von der Gewerbesteuer freigestellt werden. Voraussetzung ist allerdings, dass das Unternehmen während des gesamten Erhebungszeitraums ausschließlich grundstücksverwaltend tätig ist. Ob diese Bedingung erfüllt ist, wenn ein Unternehmen sein letztes Grundstück kurz vor Jahresende veräußert, war Gegenstand einer Entscheidung des obersten Finanzgerichts.

Im entschiedenen Fall handelte es sich um eine Gesellschaft mit beschränkter Haftung, die seit 2013 bestand und deren Unternehmensgegenstand der Erwerb, die Verwaltung und auch die Veräußerung von Grundstücken war. Die Gesellschaft hatte im Jahr 2015 ein größeres Objekt mit mehreren Eigentumswohnungen gekauft. Mit Kaufvertrag vom November 2016 veräußerte sie dieses Objekt wieder. Der Kaufpreis floss Mitte Dezember, während Besitz, Nutzungen, Lasten und Gefahren bereits mit Beginn des 31.12.2016 auf den Erwerber übergingen. Damit verfügte die Gesellschaft am letzten Tag des Jahres über keinen Grundbesitz mehr. In ihrer Gewerbesteuererklärung beantragte sie gleichwohl die erweiterte Kürzung nach § 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG. Das Finanzamt lehnte dies ab und begründete, dass die Gesellschaft nicht ausschließlich verwaltend tätig gewesen sei. Es sah den Schwerpunkt im Erwerb und Verkauf von Grundstücken. Das Finanzgericht Münster entschied jedoch am 27.10.2022 unter dem Aktenzeichen 10 K 3572/18 G zugunsten der Gesellschaft und setzte den Gewerbesteuermessbetrag auf null fest. Hiergegen legte die Finanzverwaltung Revision ein.

Die obersten Finanzrichter entschieden am 17.10.2024 unter dem Aktenzeichen III R 1/23, dass die Revision begründet ist. Sie hoben das Urteil der Vorinstanz auf und verwehrten der Gesellschaft die erweiterte Kürzung. Zur Begründung führten sie aus, dass die Voraussetzung der Ausschließlichkeit nicht erfüllt ist. Nach der Rechtsprechung muss ein Unternehmen während des gesamten Erhebungszeitraums ausschließlich Grundbesitz verwalten und nutzen. Schon eine zeitweise andere Tätigkeit innerhalb des Jahres reicht aus, um den Anspruch auf die erweiterte Kürzung zu verlieren. Da die Gesellschaft ihr letztes Grundstück mit Beginn des 31.12.2016 übertragen hatte, war sie an diesem Tag nicht mehr grundstücksverwaltend tätig. Eine Ausnahme für kurzfristige technische Übergänge, wie sie nur für Veräußerungen am 31.12. um 23:59 Uhr anerkannt wird, lag nicht vor. Auch geringfügige Abweichungen können nach der gefestigten Rechtsprechung nicht akzeptiert werden. Damit war die erweiterte Kürzung insgesamt zu versagen.

Das Urteil verdeutlicht, wie streng die Voraussetzungen für die erweiterte Kürzung ausgelegt werden. Wer als Immobiliengesellschaft auf diese Steuererleichterung setzt, muss sicherstellen, dass während des gesamten Jahres Grundbesitz im Bestand ist und ausschließlich verwaltend genutzt wird. Bereits der Verkauf des letzten Objekts einen Tag vor Jahresende führt dazu, dass die Begünstigung vollständig entfällt. Für betroffene Unternehmen bleibt dann nur die einfache Kürzung als Ausweg.