6. Für Beschenkte: Behandlung von im Bau befindlichen Gebäuden bei der Schenkungsteuer

Die Frage, ob Grundstücke, die sich am Bewertungsstichtag noch im Bau befinden, für die Erbschaft- und Schenkungsteuer als begünstigtes Betriebsvermögen oder als schädliches Verwaltungsvermögen gelten, beschäftigt seit Jahren Steuerpflichtige wie auch die Finanzgerichte.

Hintergrund ist, dass § 13b Erbschaftsteuergesetz (ErbStG) die Übertragung von Betriebsvermögen grundsätzlich steuerlich begünstigt, bestimmte Vermögensarten aber ausdrücklich ausnimmt. Zu diesen zählt auch Grundbesitz, der an Dritte zur Nutzung überlassen wird. Ob ein noch nicht fertiggestelltes Gebäude schon als Verwaltungsvermögen einzustufen ist, war bisher umstritten.

Im entschiedenen Fall vor dem Finanzgericht Münster vom 14.11.2024 unter dem Aktenzeichen 3 K 906/23 F ging es um die Übertragung von Gesellschaftsanteilen an einer GmbH & Co. KG, die im Immobilienbereich tätig ist. Der Vater hatte seinem Sohn und dessen Bruder zum 31.12.2019 je hälftige Anteile geschenkt. Zum Vermögen der Gesellschaft gehörten zwei Grundstücke, die zu diesem Zeitpunkt bebaut wurden. Eine Vermietung fand erst Monate später statt. Das Finanzamt vertrat die Ansicht, dass die Grundstücke schon am Stichtag als Verwaltungsvermögen anzusehen seien. Begründet wurde dies damit, dass die künftige Vermietung an Dritte beabsichtigt war und deshalb kein begünstigtes Betriebsvermögen vorliege. Außerdem wurde der Vergleich mit einer sogenannten Cash-GmbH gezogen, bei der nur Geldwerte übertragen werden, ohne dass Arbeitsplätze oder originär unternehmerische Tätigkeiten entstehen. Daher änderte das Finanzamt die Feststellungsbescheide und qualifizierte den Grundbesitz als Verwaltungsvermögen.

Der Sohn wandte sich dagegen und argumentierte, dass am Stichtag noch keine Nutzungsüberlassung erfolgt sei und die Objekte daher nicht unter die Ausschlusstatbestände des § 13b Abs. 4 ErbStG fallen. Zudem sei das Unternehmen originär gewerblich tätig, da es ein umfangreiches Bündel an Leistungen im Bereich Vermietung und Betreuung von Ferienobjekten erbringe. Auch die Wahl des Übertragungsstichtags am Jahresende sei üblich und stelle keinen Gestaltungsmissbrauch im Sinne von § 42 Abgabenordnung (AO) dar.

Das Finanzgericht Münster entschied zugunsten des Klägers. Die Richter stellten klar, dass für die Einordnung als Verwaltungsvermögen allein die tatsächlichen Verhältnisse am Bewertungsstichtag maßgeblich sind. Am 31.12.2019 waren die Grundstücke noch im Zustand der Bebauung und damit nicht an Dritte zur Nutzung überlassen. Eine zukünftige beabsichtigte Vermietung darf nicht berücksichtigt werden. Das Gericht verwies hierzu auf die klare Gesetzessystematik und das strenge Stichtagsprinzip des Erbschaftsteuergesetzes. Eine Erweiterung der Vorschrift zulasten der Steuerpflichtigen durch analoge Anwendung sei unzulässig. Auch der Vergleich des Finanzamts mit einer Cash-GmbH überzeugte die Richter nicht. Ebenso liege kein Gestaltungsmissbrauch vor, wenn Schenker und Beschenkte den Übertragungszeitpunkt bewusst zum 31.12. eines Jahres wählen. Dies sei vielmehr ein übliches Vorgehen, um steuerliche und organisatorische Abläufe zu vereinfachen. Die Schenkung an einem solchen Stichtag ist nicht unangemessen, sondern praktisch und effizient.

Das Gericht hob den angefochtenen Bescheid auf und stellte fest, dass die Grundstücke nicht als Verwaltungsvermögen gelten. Damit war der Kläger mit seiner Klage erfolgreich. Die Richter ließen wegen der grundsätzlichen Bedeutung die Revision zu. Das Verfahren ist inzwischen beim Bundesfinanzhof unter dem Aktenzeichen II R 37/24 anhängig. Eine endgültige, höchstrichterliche Klärung bleibt daher noch abzuwarten.