Bereits das erstinstanzliche Finanzgericht Düsseldorf hat in seiner Entscheidung vom 18.7.2018 unter dem Aktenzeichen 7 K 3302/17 G entschieden, dass der steuerlich anzuerkennende Verlust bei den Einkünften aus Kapitalvermögen durch den endgültigen Ausfall einer privaten Kapitalforderung bereits im Zeitpunkt der Anzeige der Masseunzulänglichkeit im Insolvenzverfahren des Schuldners realisiert wird.
Mit dieser steuerzahlerfreundlichen Meinung war jedoch der Fiskus nicht einverstanden und hat die Revision zum Bundesfinanzhof eingelegt. Abschließend hat sich daher der Bundesfinanzhof der Sache angenommen und mit seiner Entscheidung vom 1.7.2021 unter dem Aktenzeichen VIII R 28/18 auf Linie des erstinstanzlichen Finanzgerichtes Düsseldorf entschieden. Mit anderen Worten: auch höchstrichterlich hat es hier eine schallende Klatsche für die Finanzverwaltung geben.
Beispielsweise schon mit Urteil vom 17.11.2020 unter dem Aktenzeichen VIII R 20/18 hatte der Senat entschieden, dass der endgültige Ausfall einer privaten Kapitalforderung im Sinne der gesetzlichen Regelung des § 20 Abs. 1 Nummer 7 des Einkommensteuergesetzes (EStG) in der privaten Vermögenssphäre zu einem steuerlich anzuerkennenden Verlust führt. Tatsächlich hat sich diese Auffassung auch die Finanzverwaltung im Erlass des Bundesfinanzministeriums vom 3.6.2021 in Textziffer 60 zu Eigen gemacht. Ganz konkret heißt es dort: Die ganze oder teilweise und Uneinbringlichkeit einer Kapitalforderung führt zu einem steuerlich anzuerkennenden Veräußerungsverlust gemäß § 20 Abs. 2 Satz 1 Nummer 7, Satz 2 und Abs. 4 EStG. Die Finanzverwaltung verweist in dem vorgenannten Schreiben insoweit auf die höchstrichterliche Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs vom 24.10.2017 unter dem Aktenzeichen VIII R 13/15, mit dem sich seinerzeit die oberste Rechtsprechung geändert hatte.
Aktuell führt der Bundesfinanzhof in seiner Entscheidung aus: Zwar fehlt es beim Forderungsausfall an dem eine Veräußerung kennzeichnenden Rechtsträgerwechsel. Aus der Gleichstellung der Rückzahlung mit dem Tatbestand der Veräußerung einer Kapitalforderung im Einkommensteuergesetz folgt jedoch, dass auch eine endgültig ausbleibende Rückzahlung zu einem entsprechenden Verlust führen kann.
Immerhin macht es wirtschaftlich betrachtet keinen Unterschied, ob der Steuerpflichtige die Forderung noch kurz vor dem Ausfall zu null veräußert, oder ob er sie (weil er keinen Käufer findet oder auf eine Quote hofft) behält. In beiden Fällen erleidet der Steuerpflichtige eine Einbuße seiner wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit, die die gleiche steuerliche Berücksichtigung finden muss.
Wie die Veräußerung ist die Rückzahlung ein Tatbestand der Endbesteuerung. Ein steuerbarer Verlust aufgrund eines Forderungsausfalls liegt daher grundsätzlich erst dann vor, wenn endgültig feststeht, dass keine (weiteren) Rückzahlungen (mehr) erfolgen werden. Ausnahmsweise kann der Verlust allerdings schon zu einem früheren Zeitpunkt entstanden sein, wenn bei objektiver Betrachtung bereits zu diesem früheren Zeitpunkt nicht mehr mit Rückzahlungen auf die Forderung zu rechnen ist und ausreichende objektive Anhaltspunkte für eine Uneinbringlichkeit der Forderung vorliegen.
Die Eröffnung eines Insolvenzverfahrens über das Vermögen des Schuldners reicht hierfür allerdings in der Regel nicht aus. Etwas anderes gilt jedoch, wenn die Eröffnung des Insolvenzverfahrens mangels Masse abgelehnt wird. Diesbezüglich hatte bereits der Bundesfinanzhof in seiner Entscheidung vom 12.12.2000 unter dem Aktenzeichen VIII R 22/92 klargestellt, dass ein entsprechender Verlust berücksichtigt werden kann. Ebenso kann ein Verlust berücksichtigt werden, wenn aus anderen Gründen feststeht, dass nicht mehr mit einer wesentlichen Änderung des Verlustes nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen des Insolvenzschuldners zu rechnen ist.
Unter Berücksichtigung dieser grundsätzlichen Ausführungen aus der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs sieht es das oberste Finanzgericht auch aktuell als revisionsrechtlich nicht zu beanstanden an, dass das erstinstanzliche Finanzgericht Düsseldorf den endgültigen Forderungsausfall für den Kläger als Insolvenzgläubiger bereits vor Abschluss des Insolvenzverfahrens in dem Zeitpunkt angenommen hat, in dem der Insolvenzverwalter die Masseunzulänglichkeit gegenüber dem Insolvenzgericht angezeigt hat.
Zur Begründung führt das oberste Finanzgericht an: Entsprechend der Regelung in § 208 Abs. 1 Satz 1 der Insolvenzordnung (InsO) hat der Insolvenzverwalter dem Insolvenzgericht anzuzeigen, wenn zwar die Mittel zur Begleichung der Kosten des Insolvenzverfahrens vorhanden sind, die Insolvenzmasse jedoch nicht ausreicht, um die fälligen sonstigen Masseverbindlichkeiten zu erfüllen. Die Anzeige der Masseunzulänglichkeit bewirkt ohne weitere Prüfung durch das Insolvenzgericht, dass die Befriedigung der Massegläubiger sich ab diesem Zeitpunkt nach der Rangordnung des Gesetzes richtet. Zugleich ändert sich die Zielrichtung des Insolvenzverfahrens. Der Insolvenzverwalter bleibt zwar zur Verwaltung und Verwertung der Masse verpflichtet. Das Insolvenzverfahren wird jedoch fortan mit dem Ziel fortgesetzt, die noch vorhandene Restmasse geordnet im Interesse der Befriedigung der Massegläubiger zu verwerten. Es dient ab diesem Zeitpunkt nicht mehr den Interessen der Insolvenzgläubiger, die keine Befriedigung ihre Ansprüche mehr zu erwarten haben, da die Insolvenzmasse bereits mit Blick auf die sonstigen Masseverbindlichkeiten zahlungsunfähig und damit unzulänglich ist.
Im Zeitpunkt der angezeigten Masseunzulänglichkeit steht deshalb mit der erforderlichen Sicherheit fest, dass auf die Forderung der Insolvenzgläubiger keine Zahlungen mehr erfolgen werden und damit nicht mehr mit einer wesentlichen Änderung des eingetretenen Verlusts gerechnet werden kann. Aus diesen Fakten hat das erstinstanzliche Gericht in nicht zu beanstandender Weise schließlich gefolgert, dass auch im hier entschiedenen Streitfall ausreichend objektive Anhaltspunkte für eine Uneinbringlichkeit der Forderung vorgelegen haben.
Eine andere Beurteilung ergibt sich auch nicht daraus, dass nach Anzeige der Masseunzulänglichkeit grundsätzlich die Möglichkeit besteht, im Fall der Massebesserung wieder in das normale Insolvenzverfahren zurückzukehren.
Insoweit urteilen auch die obersten Finanzrichter der Republik, dass von einem endgültigen Ausfall einer privaten Kapitalforderung im Sinne der Regelung des § 20 Abs. 1 Nummer 7 EStG jedenfalls dann auszugehen ist, wenn über das Vermögen des Schuldners das Insolvenzverfahren eröffnet wurde und der Insolvenzverwalter gegenüber dem Insolvenzgericht die Masseunzulänglichkeit angezeigt hat. Ein steuermindernder Verlust kann dann angesetzt werden.
Da in der Praxis bei entsprechenden Fällen damit zu rechnen ist, dass sich das Finanzamt hier dennoch häufig quer stellt, sollte direkten Weges auf die höchstrichterliche Entscheidung verwiesen werden.