5. Für Kapitalanleger: Was sind nachstehende Personen bei Personengesellschaften?

Warum die Frage der Überschrift wichtig wird, ergibt sich unmittelbar aus dem Einkommensteuergesetz. Gemäß der Regelung in § 32b Abs. 2 Nummer 1 Buchstabe a des Einkommensteuergesetzes (EStG) gilt der gesonderte Steuertarif des § 32b Abs. 1 EStG (gemeint ist die Abgeltungssteuer in Höhe von 25%) unter anderem nicht für bestimmte Kapitaleinkünfte, wenn Gläubiger und Schuldner der Kapitalerträge einander nahestehende Personen sind. Weiter greift die Abgeltungssteuer nicht, soweit die den Kapitalerträgen entsprechenden Aufwendungen beim Schuldner Betriebsausgaben oder Werbungskosten im Zusammenhang mit Einkünften sind, die der inländischen Besteuerung unterliegen.

Das Problem an der Regelung: Bei dem Begriff der nahestehenden Personen handelt es sich um einen unbestimmten Rechtsbegriff, der normspezifisch für die Zwecke der vorliegenden Regelung auszulegen ist. So bereits der Bundesfinanzhof in einer früheren Entscheidung vom 29.4.2014 unter dem Aktenzeichen VIII R 9/13.

Im Ergebnis können unter den Begriff der nahestehenden Personen alle natürlichen und juristischen Personen fallen, die zueinander in enger Beziehung stehen. Eine solche enge Beziehung hat der Bundesfinanzhof in seiner bisherigen Rechtsprechung im Verhältnis natürlicher Personen zueinander bejaht, wenn die nahestehende Person auf den Steuerpflichtigen einen beherrschenden Einfluss ausüben oder umgekehrt der Steuerpflichtige auf diese Person einen beherrschenden Einfluss ausüben oder eine dritte Person auf beide einen beherrschenden Einfluss ausüben kann oder die Person oder der Steuerpflichtige imstande ist, bei der Vereinbarung der Bedingung einer Geschäftsbeziehung auf den Steuerpflichtigen oder die nahestehende Person ein außerhalb dieser Geschäftsbeziehung begründeten Einfluss auszuüben oder wenn einer von ihnen ein eigenes wirtschaftliches Interesse an der Erzielung der Einkünfte des anderen hat. Dieser ewig lange Schachtelsatz ist so der Entscheidung des Bundesfinanzhofs vom 20.10.2016 unter dem Aktenzeichen VIII R 27/15 zu entnehmen und bedeutet unter dem Strich nichts anderes, als dass ein irgendwie geartetes Beherrschungsverhältnis gegeben sein muss.

Das Beherrschungsverhältnis muss dabei so beschaffen sein, dass der beherrschten Person aufgrund eines absoluten Abhängigkeitsverhältnisses für den Abschluss des Darlehens im Wesentlichen kein eigener Entscheidungsspielraum verbleibt. Ein lediglich aus der Familienangehörigkeit abgeleitetes persönliches Näheverhältnis ist nicht ausreichend, um ein entsprechendes Näheverhältnis für die vorliegende Regelung zu begründen. So auch bereits der BFH in einer Entscheidung vom 29.4.2014 unter dem Aktenzeichen VIII R 44/13.

Bei einer Personengesellschaft kann ein Gesellschafter einen beherrschenden Einfluss aufgrund seiner Beteiligung grundsätzlich nur dann ausüben, wenn für Gesellschafterbeschlüsse ein Stimmrechtsverhältnis vereinbart ist, dass es dem betreffenden Gesellschafter ermöglicht, seine Mitgesellschafter zu überstimmen. Geklärt wurde dies in einer Entscheidung des Bundesfinanzhofs vom 11.12.1990 unter dem Aktenzeichen VIII R 14/87. Die Beherrschung einer Personengesellschaft durch einen ihrer Gesellschafter setzt daher grundsätzlich voraus, dass diese eine Beteiligung an der Personengesellschaft innehat, die es ihm ermöglicht, seinen Willen in der Gesellschafterversammlung der Personengesellschaft durchzusetzen. Die Beherrschung der Personengesellschaft braucht dabei nicht auf einer unmittelbaren Beteiligung zu beruhen. Sie kann auch mittelbar über eine Beteiligungsgesellschaft ausgeübt werden, wie bereits der Bundesfinanzhof mit Entscheidung vom 27.8.1992 unter dem Aktenzeichen IV R 13/91 herausgearbeitet hat.

In besonders gelagerten Ausnahmefällen kann der Gesellschafter trotz fehlender rechtlicher Möglichkeit zur Durchsetzung des eigenen Willens die Gesellschaft faktisch beherrschen. Eine solche faktische Beherrschung liegt insbesondere dann vor, wenn auf die Gesellschafter, deren Stimmen zur Erreichung der im Einzelfall erforderlichen Stimmenmehrheit fehlen, aus wirtschaftlichen oder anderen Gründen Druck dahingehend ausgeübt werden kann, dass sie sich dem Willen der beherrschenden Person unterordnen. Dass solche durchaus besonderen Umstände vorliegen, muss jedoch im Einzelfall festgestellt werden. Die objektive Feststellungslast hat dabei derjenige zu tragen, der daraus günstige Rechtsfolgen für sich ableitet.

Der Bundesfinanzhof fasst in seiner Entscheidung vom 28.9.2021 unter dem Aktenzeichen VIII R 12/19 daher wie folgt zusammen: Ein Näheverhältnis im Sinne der gesetzlichen Regelung des § 32d Abs. 2 Nummer 1 Buchstabe a EStG des Gläubigers der Kapitalerträge zu einer Personengesellschaft ist zu bejahen, wenn der Gläubiger eine Beteiligung innehat, die es ihm ermöglicht, seinen Willen in der Gesellschafterversammlung der Personengesellschaft durchzusetzen. Das gleiche gilt, wenn die Anteile an der Personengesellschaft zwar von einer rechtsfähigen Stiftung gehalten werden, der Gläubiger jedoch aufgrund seiner beherrschenden Stellung in der Stiftung mittelbar in der Lage ist, seinen Willen in der Gesellschafterversammlung der Personengesellschaft durchzusetzen.

Auch wenn sich der Leitsatz des Bundesfinanzhofs so anhört, als hätten vorliegend die klagenden Steuerpflichtigen verloren, ist dem nicht so. Tatsächlich hatte vorliegend das Finanzamt ein Näheverhältnis angenommen, obwohl die Kläger die Personengesellschaft nicht kontrollieren konnten. In der Praxis muss daher vielerorts, insbesondere bei verschachtelten Verhältnissen, ganz genau hingeschaut werden.