Zu den Einkünften aus nichtselbstständiger Arbeit gehören entsprechend der gesetzlichen Regelung in § 19 Abs. 1 Satz 1 Nummer 1 des Einkommensteuergesetzes (EStG) Gehälter, Löhne, Gratifikationen, Tantiemen und andere Bezüge und Vorteile, die „für“ eine Beschäftigung im öffentlichen oder privaten Dienst gewährt werden. Dies gilt vollkommen unabhängig davon, ob ein Rechtsanspruch auf sie besteht und ob es sich um laufende oder um einmalige Bezüge handelt.
Entsprechende Bezüge oder Vorteile gelten dann als für eine Beschäftigung gewährt, wenn sie durch das individuelle Dienstverhältnis veranlasst sind, ohne dass ihnen eine Gegenleistung für eine konkrete (einzelne) Dienstleistung des Arbeitnehmers zugrunde liegen muss. So auch bereits der Bundesfinanzhof in seiner Entscheidung vom 4.7.2018 unter dem Aktenzeichen VI R 16/17.
Eine Veranlassung durch das individuelle Dienstverhältnis ist regelmäßig zu bejahen, wenn die Einnahmen dem Empfänger mit Rücksicht auf das Dienstverhältnis zufließen und sich als Ertrag der nicht selbstständigen Arbeit darstellen, wenn sich die Leistung des Arbeitnehmers also im weitesten Sinne als Gegenleistung für das Zurverfügungstellen der individuellen Arbeitskraft des Arbeitnehmers erweist. Diese Auffassung entspricht dabei der ständigen Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs, so beispielsweise in der Entscheidung vom 13.8.2020 unter dem Aktenzeichen VI R 1/17.
Dagegen liegt kein Arbeitslohn vor, wenn eine Zuwendung wegen anderer Rechtsbeziehungen oder wegen sonstiger, nicht auf dem Dienstverhältnis beruhender Beziehungen zwischen Arbeitnehmer und Arbeitgeber gewährt wird. So ebenfalls bereits die obersten Finanzrichter der Republik in ihrer Entscheidung vom 19.10.2001 unter dem Aktenzeichen VI R 131/00.
Aus all dem folgt, dass Bezüge oder Vorteile immer dann durch vom Arbeitsverhältnis unabhängige oder eigenständige Sonderrechtsbeziehungen veranlasst sind, wenn ihnen andere Erwerbsgrundlagen als die Nutzung der eigenen Erwerbskraft des Arbeitnehmers zugrunde liegen. Ob ein Leistungsaustausch zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer den Einkünften aus nichtselbstständiger Arbeit oder aufgrund einer Sonderrechtsbeziehung einer anderen Einkunftsart oder dem nicht einkommensteuerbaren Bereich zuzurechnen ist, ist in der Praxis regelmäßig nach dem wirtschaftlichen Gehalt des zu beurteilenden Lebenssachverhalts und nicht nach seiner äußeren Erscheinungsform zu würdigen. Wie das Kind im Ergebnis heißt, ist daher irrelevant. Deshalb steht auch der Abschluss eines neben dem Arbeitsvertrag bestehenden Rechtsverhältnisses zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer der Behandlung eines Vorteils als Arbeitslohn nicht zwingend entgegen, während umgekehrt allein aus der Vereinbarung eines Vorteils zum Arbeitsvertrag nicht automatisch auf das Vorliegen von Arbeitslohn geschlossen werden kann.
Insoweit obliegt es in allererster Linie der tatrichterlichen Würdigung durch das erstinstanzliche Finanzgericht, ob eine Leistung des Arbeitgebers den Einkünften aus nichtselbstständiger Arbeit oder aufgrund einer Sonderrechtsbeziehung einer anderen Einkunftsart oder dem nichteinkommensteuerbaren Bereich zuzurechnen ist. Denn ob im Endeffekt ein Leistungsaustausch zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer den Einkünften aus nichtselbstständiger Arbeit oder aufgrund einer Sonderrechtsbeziehung einer anderen Einkunftsart oder dem nichteinkommensteuerbaren Bereich zuzuordnen ist, kann nur aufgrund einer Würdigung aller wesentlichen Umstände des jeweiligen Einzelfalles entschieden werden. So auch die ständige Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs, wie beispielsweise mit Urteil vom 3.7.2019 unter dem Aktenzeichen VI R 12/16 mit weiteren Nennungen. Die Tatsachenwürdigung des Finanzgerichtes ist insoweit dann auch revisionsrechtlich für den Bundesfinanzhof bindend, soweit sie verfahrensrechtlich einwandfrei zustande gekommen und nicht durch Denkfehler oder durch die Verletzung von Erfahrungssätzen beeinflusst ist.
Auf der Basis dieser Grundlagen kommt der Bundesfinanzhof in seinem Beschluss vom 21.6.2022 unter dem Aktenzeichen VI R 20/20 zu dem Ergebnis, dass ein Entgelt für Werbung des Arbeitgebers auf dem Kennzeichenhalter des privaten Fahrzeugs des Arbeitnehmers durch das Arbeitsverhältnis veranlasst ist und damit Arbeitslohn darstellt. Dies gilt zumindest dann, wenn dem mit dem Arbeitnehmer abgeschlossenen „Werbemietvertrag“ kein eigenständiger wirtschaftlicher Gehalt zukommt. Ist das für die Werbung gezahlte Entgelt als Arbeitslohn zu beurteilen, scheidet eine überwiegend eigenbetriebliche Veranlassung der Zahlung regelmäßig aus. Die Folge ist daher nicht nur die Lohnsteuerpflicht, sondern auch die Sozialversicherungspflicht.