Der Bundesfinanzhof muss unter dem Aktenzeichen IV R 19/23 klären, ob die Neuregelung des Wohnungseigentumsgesetzes im Jahr 2007 etwas an dem Grundsatz ändert, dass ein bilanzierender Gewerbetreibender, dem eine Eigentumswohnung gehört und der Zahlungen in eine von der Wohnungseigentumsgemeinschaft gebildete Instandhaltungsrückstellung geleistet hat, seine Beteiligung an der Instandhaltungsrückstellung mit dem Betrag der geleisteten und noch nicht verbrauchten Einzahlungen aktivieren muss.
Hintergrund dieser Fragestellung ist die Rechtsprechung des II. Senats des Bundesfinanzhofs, nach der der auf die anteilige Instandhaltungsrückstellung entfallende Kaufpreis die grunderwerbsteuerliche Gegenleistung nicht mindert. So ein Urteil des Bundesfinanzhofs vom 16.9.2020 unter dem Aktenzeichen II R 49/17.
Das erstinstanzliche Finanzgericht Köln kommt in der Entscheidung vom 21.6.2023 unter dem Aktenzeichen 2 K 158/20 zu dem Schluss, dass eine Aktivierung auch nach Änderung des Wohnungseigentumsgesetzes stattfinden muss.
Zur ertragsteuerlich bilanzierenden Behandlung einer Beteiligung eines Wohnungseigentümers an einer solchen Instandhaltungsrückstellung hat der Bundesfinanzhof bereits in seiner Entscheidung vom 5.10.2011 unter dem Aktenzeichen I R 94/10 entschieden, dass ein bilanzierender Gewerbetreibender, dem eine Eigentumswohnung gehört und der Zahlungen in eine von der Wohnungseigentümergemeinschaft gebildete Instandhaltungsrückstellung geleistet hat, seine Beteiligung an der Instandhaltungsrückstellung mit dem Betrag der geleisteten und noch nicht verbrauchten Einzahlungen aktivieren muss.
Nach dieser Entscheidung des Bundesfinanzhofs sind Wirtschaftsgüter alle Sachen, Rechte, tatsächlichen Zustände und konkreten Möglichkeiten, die entweder einzeln oder zusammen mit dem Betrieb übertragen werden können und aus der Sicht eines potenziellen Betriebserwerbers einen eigenständigen Wert haben. Vergleiche insoweit auch die Entscheidung des Bundesfinanzhofs vom 30.9.2010 unter dem Aktenzeichen IV R 28/08.
Die Beteiligung an einer Instandhaltungsrückstellung erfüllt diese Voraussetzungen. Denn zum einen vermittelt sie einen geldwerten Anspruch des Wohnungseigentümers auf Bezahlung von Aufwendungen aus der Instandhaltungsrückstellung. Selbst wenn dieser Anspruch zivilrechtlich erst in der Folgezeit entstehen sollte, ist seine Entstehung zumindest hinreichend sicher und durch die vorausgegangenen Einzahlungen in der Vergangenheit wirtschaftlich verursacht, was für seine Aktivierung im Grundsatz genügt. So bereits der Bundesfinanzhof in einer Entscheidung vom 18.12.2002 unter dem Aktenzeichen I R 11/02.
Zum anderen kann der genannte Anspruch jedenfalls zusammen mit dem Betrieb des Wohnungseigentümers übertragen werden. Ein Erwerber würde der Beteiligung an der Rückstellung einen eigenständigen Wert zumessen, da er in derselben Weise wie zuvor der Veräußerer von ihr profitiert, und würde diesen Vorteil bei marktgerechtem Verhalten im Rahmen des Kaufpreises für den Betrieb abgelten. Daher ist die Beteiligung an der Instandhaltungsrückstellung als Wirtschaftsgut anzusehen. Daraus folgt nach Auffassung des erstinstanzlichen Finanzgericht Kölns, dass die Beteiligung an der Rückstellung in der Steuerbilanz eines betrieblich beteiligten Wohnungseigentümers aktiviert werden muss. Sie ist dort entsprechend der Regelung in § 6 Abs. 1 Nummer 2 Satz 1 des Einkommensteuergesetzes (EStG) mit den Anschaffungskosten anzusetzen.
Nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs vom 21.10.2005 unter dem Aktenzeichen IX B 144/05 sind, wenn der Eigentümer einer Eigentumswohnung diese zur Erzielung von Einkünften aus Vermietung und Verpachtung nutzt, die von ihm in eine Instandhaltungsrückstellung eingezahlten Beträge erst mit deren Verbrauch durch die Eigentümergemeinschaft als Werbungskosten abziehbar. Sie sind zwar mit ihrer Einzahlung bei dem Eigentümer abgeflossen, gehören aber aus steuerrechtlicher Sicht nach wie vor zu seinem Vermögensbereich. Diese Beurteilung hat der Bundesfinanzhof auch für die Rechtslage nach der Einführung des neuen Wohnungseigentumsgesetzes im Jahr 2007 bestätigt. Danach ist die Frage, zu welchem Zeitpunkt die zur Instandhaltungsrückstellung geleisteten Beträge als Werbungskosten bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung abgezogen werden können, unabhängig davon zu beurteilen, wie die Rechtsbeziehungen der Wohnungseigentümer zur Eigentümergemeinschaft zivilrechtlich einzustufen sind. Dies folgt unter anderem daraus, dass erst im Zeitpunkt der Verausgabung von Rücklagenbeiträgen beurteilt werden könne, ob diese für Erhaltungsaufwendungen verwendet worden sind und daher zu sofort abziehbaren Werbungskosten führen, oder ob diese als Herstellungskosten zu beurteilen sind, welche nur in Höhe der entsprechenden Abschreibung steuermindernd berücksichtigt werden können. An dieser grundlegenden Bewertung hat sich laut Bundesfinanzhof auch nach Einführung der maßgeblichen Neuregelung des Wohnungseigentumsgesetzes nichts geändert.
Auf Basis dieser Grundlage kommt das erstinstanzliche Finanzgericht Köln in seiner oben bereits zitierten Entscheidung zu dem Schluss, dass die Einzahlungen in die Instandhaltungsrückstellung gemäß den steuerrechtlichen und bilanziellen Grundsätzen aktiviert werden müssen, da sie als aktivierungsfähige Wirtschaftsgüter anzusehen sind. Gründe, die diese Argumentation unterstützen, können wie folgt zusammengefasst werden:
- Gemäß den Grundsätzen ordnungsgemäßer Buchführung (GoB) müssen Vermögensgegenstände, die einen wirtschaftlichen Nutzen für das Unternehmen darstellen und zu einem zukünftigen Nutzen führen, in der Bilanz aktiviert werden. Die Instandhaltungsrückstellung stellt einen geldwerten Anspruch des Wohnungseigentümers auf Bezahlung von zukünftigen Instandhaltungsaufwendungen dar, was als aktivierungsfähiges Wirtschaftsgut betrachtet wird.
- Die Einzahlungen in die Instandhaltungsrückstellung spiegeln eine Verpflichtung des Wohnungseigentümers wider, zukünftige Instandhaltungskosten zu tragen. Durch die Aktivierung dieser Einzahlungen wird diese Verpflichtung in der Bilanz transparent dargestellt und ermöglicht eine realistische Abbildung der finanziellen Verhältnisse des Unternehmens.
- Die Aktivierung der Einzahlungen in die Instandhaltungsrückstellung ermöglicht eine Bewertung dieses Wirtschaftsguts und zeigt den Wert, den der Wohnungseigentümer in Form von geleisteten, aber noch nicht verbrauchten Einzahlungen besitzt. Dies trägt zur Transparenz und Vergleichbarkeit der Bilanz bei.
- Die Einzahlungen in die Instandhaltungsrückstellung vermitteln dem Wohnungseigentümer einen rechtlichen Anspruch auf Bezahlung von Instandhaltungskosten aus dieser Rückstellung. Obwohl dieser Anspruch erst bei tatsächlicher Inanspruchnahme entsteht, besteht bereits zum Zeitpunkt der Einzahlung eine rechtliche Grundlage für diesen Anspruch, was die Aktivierung rechtfertigt.
- Durch die Aktivierung der Einzahlungen in die Instandhaltungsrückstellung werden die Bilanzierung und Bewertung der Vermögensgegenstände konsistent und nachvollziehbar gestaltet. Dies erleichtert die Analyse der finanziellen Situation des Unternehmens und die Beurteilung seiner langfristigen finanziellen Verpflichtungen.
Auch wenn die Argumentation und die vorgebrachten Gründe des Finanzgerichtes Köln durchaus Hand und Fuß haben, wird das letzte Wort in dieser Streitfrage immer noch der Bundesfinanzhof unter dem oben genannten Aktenzeichen IV R 19/23 haben. Tatsächlich könnte man hier nämlich auch eine andere Auffassung vertreten, wenngleich die Argumentation des erstinstanzlichen Gerichtes durchaus schlüssig ist. Insoweit wird abzuwarten bleiben, wie sich die obersten Finanzrichter der Republik entscheiden.