Aktuell ist ein Steuerstreit darüber ausgebrochen, ob Ansprüche aus einer Rückbauverpflichtung zwingend aktiviert werden müssen. Die Finanzverwaltung geht hier von einer Aktivierungspflicht aus.
Demgegenüber hat das erstinstanzliche Finanzgericht Köln in seiner Entscheidung vom 15.9.2022 unter dem Aktenzeichen 10 K 1809/18 die Meinung vertreten, dass aktivierungspflichtige Ansprüche als »quasi sichere Forderungen« aus einer vertraglich vereinbarten Rückbauverpflichtung dann gerade nicht vorliegen, wenn das tatsächliche Eintreten der Rückbauverpflichtung überhaupt nicht gewiss ist. Hierbei hält es das erstinstanzliche Gericht sogar für unerheblich, in welchem Maß der Eintritt der Rückbauverpflichtung als wahrscheinlich eingestuft wird.
Zur Begründung führt das erstinstanzliche Gericht wie folgt aus: Entsprechend der gesetzlichen Vorschrift in § 5 Absatz 1 Satz 1 des Einkommensteuergesetzes (EStG) hat der Steuerpflichtige, der seinen Gewinn durch Betriebsvermögensvergleich ermittelt, in seinen Bilanzen das Betriebsvermögen anzusetzen, dass nach den handelsrechtlichen Grundsätzen ordnungsgemäßer Buchführung auszuweisen ist.
Die Aktivierung einer Forderung setzt danach die Realisation voraus, die wiederum erfordert, dass die Forderung entweder rechtlich oder doch zumindest wirtschaftlich entstanden ist, wobei dann weiter mit der künftigen rechtlichen Entstehung fest zu rechnen sein muss. Nach dem Realisationsprinzip, dass einen Grundsatz ordnungsmäßiger Buchführung darstellt, darf ein Gewinn grundsätzlich erst ausgewiesen werden, wenn er durch einen Umsatz verwirklicht ist. Eine Gewinnrealisierung tritt dann ein, wenn der Leistungsverpflichtete die von ihm geschuldeten Erfüllungshandlungen in der Weise erbracht hat, dass ihm die Forderung auf die Gegenleistung so gut wie sicher ist. Diese Voraussetzungen sind gegeben, wenn der Leistungsverpflichtete die von ihm geschuldeten Erfüllungshandlungen erbracht, das heißt seine Verpflichtung wirtschaftlich erfüllt hat, sodass dem Schuldner der Gegenleistung die Einrede des nicht erfüllten Vertrags nicht mehr zusteht. Damit ist dem Leistenden der Anspruch auf die Gegenleistung so gut wie sicher. Sein Zahlungsrisiko reduziert sich darauf, dass der Empfänger im Einzelfall Gewährleistungsansprüche geltend macht oder sich als zahlungsunfähig erweist. Dann aber ist der Schwebezustand des zugrunde liegenden Geschäfts beendet und der Gewinn aus dieser Leistungsbeziehung realisiert. Ohne Bedeutung für die Gewinnrealisierung ist, ob am Bilanzstichtag die Rechnung bereits erteilt worden ist, ob die geltend gemachten Ansprüche noch abgerechnet werden müssen oder die Forderung erst nach dem Bilanzstichtag fällig wird.
Forderungen, insbesondere Geldforderungen aus Lieferungen und Leistungen, sind wirtschaftlich entstanden und damit zu aktivieren, sobald sie wirtschaftlich in der Vergangenheit verursacht, also die für die Entstehung wesentlichen wirtschaftlichen Ursachen im abgelaufenen Geschäftsjahr gesetzt worden sind und am Bilanzstichtag hinreichend sicher sind, sodass der Kaufmann mit der künftigen rechtlichen Entstehung des Anspruchs fest rechnen kann. Für die Bilanzierung kommt es nicht entscheidend darauf an, ob ein Anspruch bereits im zivil- oder öffentlich-rechtlichen Sinne entstanden ist. Maßgebend ist beim erst in der Entstehung begriffenen Anspruch vielmehr, ob sich die Anwartschaft genügen konkretisiert hat und im Falle einer Betriebsveräußerung von den Vertragsparteien bei der Bemessung des Kaufpreises berücksichtigt würde.
Eine aufschiebend bedingte Forderung kann grundsätzlich nicht aktiviert werden, weil sie erst mit Eintritt der Bedingung entsteht. Ausnahmsweise kommt eine Aktivierung dann in Betracht, wenn die aufschiebend bedingte Forderung im Einzelfall hinreichend konkretisiert erscheint, was angenommen werden kann, wenn der Bedingungseintritt zumindest so gut wie sicher ist. Aufschiebend bedingte Forderungen, bei denen der Bedingungseintritt ungewiss ist, dürfen nicht aktiviert werden, wenn die Bedingungen bis zum Bilanzstichtag nicht eingetreten sind.
Mit Einbuchung einer Forderung aus Lieferung oder Leistung tritt regelmäßig die Gewinnrealisierung ein. Der Zeitpunkt der Einbuchung richtet sich deshalb nach den Bilanzierungsgrundsätzen schwebender Geschäfte. Solange ein Leistungsaustauschvertrag beiderseitig noch nicht erfüllt ist, entfällt eine Bilanzansatz. Vor seiner wirtschaftlichen Erfüllung handelt es sich bei dem geschäftlichen Vorgang um ein schwebendes Geschäft. Ein schwebender Vertrag liegt dann vor, wenn bei einem zweiseitig verpflichtenden Vertrag, der auf einen gegenseitigen Leistungsaustausch gerichtet ist, der zur Sach- oder Dienstleistung Verpflichtete noch nicht vollständig erfüllt hat. Ohne Bedeutung ist dabei, ob bereits eine Rechnung erstellt worden ist oder der Anspruch fällig ist. Ansprüche und Verbindlichkeiten aus einem schwebenden Geschäft dürfen in der Bilanz grundsätzlich nicht berücksichtigt werden, weil während des Schwebezustands die widerlegbare Vermutung besteht, dass sich die wechselseitigen Rechte und Pflichten aus dem Vertrag wertmäßig ausgleichen. Ein Bilanzausweis ist nur geboten, wenn und soweit das Gleichgewicht einer solchen Vertragsbeziehung durch Vorleistungen oder Erfüllungsrückstand eines Vertragspartners gestört ist oder aus diesem Geschäft ein Verlust droht.
Die Regeln zur bilanzrechtlichen Behandlung schwebender Geschäfte gelten auch für Dauerschuldverhältnisse. Bei (zeitraumbezogenen) Dauerschuldverhältnissen besteht jedoch die Besonderheit, dass kein Erfüllungszeitpunkt für Zwecke der Ertrags- und Gewinnrealisierung auszumachen ist, an den die Realisierung anknüpfen könnte. Sie führen vielmehr zu einer zeitproportionalen Gewinnrealisierung, weil die zeitraumbezogene Leistung sich in jedem Augenblick des Vertragszeitraums konkretisiert. Die allgemeinen Grundsätze sind deshalb hier mit der Maßgabe anzuwenden, dass das gesamte Rechtsverhältnis in einzelne zeitliche Segmente aufgeteilt wird, von denen eins am Bilanzstichtag endet. Das Dauerschuldverhältnis ist danach als am Bilanzstichtag erfüllt anzusehen, wenn der Dienst- oder Sachleistungsverpflichtete die von ihm bis dahin geschuldete Leistungen ganz oder vollständig erbracht hat, sodass das Rechtsverhältnis hinsichtlich seines zeitlich zurückliegenden Teils nicht mehr »schwebt«, sondern insoweit ein Gewinn realisiert wird.
Lediglich hinsichtlich zukünftiger Zeitabschnitte bleiben zeitraumbezogene Leistungsverhältnisse auch nach zeitanteiliger Erfüllung »schwebend«. Die allgemeinen Regeln gelten auch für die Voraussetzungen und Rechtsfolgen eines Erfüllungsrückstands bei Dauerschuldverhältnissen nur mit der Maßgabe, dass es auf die bis zum Bilanzstichtag zu erbringenden und erbrachten Leistungen ankommt, wobei insbesondere maßgeblich ist, ob eine am Bilanzstichtag ausstehende Leistung eine vor dem Stichtag erbrachte Gegenleistung des anderen Teils abgelten soll.
Auf Basis dieser Grundsätze lehnte das erstinstanzliche Finanzgericht Köln in der oben bereits zitierten Entscheidung die Aktivierung der Ansprüche aus einer Rückbauverpflichtung ab. Allerdings war die Revision zum Bundesfinanzhof zuzulassen, da fraglich ist, ob die Grundsätze der Urteile des Bundesfinanzhofs vom 17.2.1998 unter dem Aktenzeichen VIII R 28/95 anzuwenden sind. In dieser Entscheidung hatte der Bundesfinanzhof klargestellt, dass der Verpächter eines Unternehmens in seiner Handels- und Steuerbilanz den Anspruch auf Erhaltung und Erneuerung der Pachtgegenstände in Höhe des jährlich zuwachsenden Teilanspruchs zu aktivieren hat. Aktuell muss nun der Bundesfinanzhof unter dem Aktenzeichen XI R 40/22 klären, wie es mit der Aktivierungspflicht entsprechender Ansprüche konkret aussieht.
Betroffene sollten sich unter Verweis auf das anhängige Verfahren auf den Standpunkt stellen, dass eine Aktivierung nicht nötig ist.