6. Für Arbeitnehmer: Zur Anerkennung einer doppelten Haushaltsführung bei geringer Entfernung zwischen Wohnung und Arbeitsstätte

Das Urteil des Finanzgerichts Münster vom 6.2.2024 unter dem Aktenzeichen 1 K 1448/22 E befasst sich mit der steuerlichen Anerkennung einer doppelten Haushaltsführung, bei der die Kläger – ein Ehepaar – Kosten für den beruflich bedingten Zweithaushalt des Ehemannes geltend machten. Das zentrale Problem bestand in der Frage, ob der Arbeitnehmer in einem anderen Ort als seiner Beschäftigungsstätte einen eigenen Hausstand unterhielt und somit die steuerliche Anerkennung der doppelten Haushaltsführung nach § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 5 des Einkommensteuergesetzes (EStG) möglich war.

Zum Sachverhalt: Die Kläger gaben an, der Ehemann habe im Jahr 2020 in einer Entfernung von etwa 30 Kilometern von seinem Arbeitsort gewohnt und sei daher berechtigt, eine Zweitwohnung in der Nähe seiner Arbeitsstätte anzumieten. Diese Aufwendungen wurden als Werbungskosten geltend gemacht. Die Entfernung zwischen der Hauptwohnung in der Gemeinde A und der Arbeitsstätte in der Gemeinde B betrug rund 30 Kilometer, was einer Fahrzeit von etwa 50 bis 55 Minuten entsprach.

Der Kläger nutzte zudem für berufliche Fahrten einen Dienstwagen. Die Finanzbehörde lehnte die Anerkennung der doppelten Haushaltsführung mit der Begründung ab, dass bei einer geringen Entfernung zwischen Wohn- und Arbeitsort von weniger als 50 Kilometern und einer Fahrzeit von unter einer Stunde keine doppelte Haushaltsführung vorliege. Daher wurden lediglich Werbungskosten in geringerem Umfang anerkannt, und die geltend gemachten Aufwendungen für die doppelte Haushaltsführung nicht berücksichtigt.

Die Kläger legten gegen diese Entscheidung Einspruch ein und führten unter anderem an, dass laut einem Schreiben des Bundesfinanzministeriums vom 25.11.2020 die berufliche Veranlassung zum Bezug einer Zweitunterkunft anerkannt werden könne, wenn die Fahrzeit von der Zweitwohnung zur Arbeitsstätte weniger als die Hälfte der Fahrzeit von der Hauptwohnung betrage. Sie wiesen zudem darauf hin, dass die Fahrtzeit mit öffentlichen Verkehrsmitteln über zwei Stunden betrug. Da der Kläger die Strecke zwischen der Hauptwohnung und der Arbeitsstätte jedoch stets mit dem Dienstwagen zurücklegte, wies die Finanzbehörde den Einspruch zurück. In ihrer Argumentation stützte sie sich unter anderem auf ein Urteil des Bundesfinanzhofs vom 16.11.2017 unter dem Aktenzeichen VI R 31/16, wonach Fahrzeiten von unter einer Stunde in der Regel zumutbar sind.

In der gegen das Finanzamt eingelegten Klage führten die Steuerpflichtigen zusätzlich aus, dass der Kläger aufgrund gestiegener Benzinpreise und Kosten für die Nutzung des Dienstwagens auf öffentliche Verkehrsmittel hätte umsteigen wollen. Das Gericht wies diese Argumentation jedoch mit der Begründung zurück, dass der Kläger nachweislich weiterhin den Dienstwagen für alle Fahrten genutzt habe und somit die langen Fahrzeiten mit öffentlichen Verkehrsmitteln irrelevant seien. Auch die gestiegenen Fahrzeugkosten seien nicht relevant, da es sich um ein Dienstfahrzeug handelte und der Kläger keine höheren Benzinkosten trug.

Das Finanzgericht entschied letztendlich, dass die Voraussetzungen für eine doppelte Haushaltsführung nicht gegeben sind. Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs liegt eine doppelte Haushaltsführung nur vor, wenn der Steuerpflichtige einen eigenen Hausstand außerhalb des Beschäftigungsorts unterhält. Da der Kläger jedoch in zumutbarer Zeit von der Hauptwohnung zur Arbeitsstätte pendeln konnte, entfiel die Notwendigkeit einer Zweitwohnung. Entscheidend ist vielmehr, dass die Fahrzeit im Berufsverkehr unter einer Stunde lag und somit keine übermäßige Belastung darstellte. Die Nutzung öffentlicher Verkehrsmittel wurde im Streitfall nicht als realitätsnah angesehen, da der Kläger nachweislich stets den Dienstwagen nutzte. Das Finanzgericht stützte sich hierbei auf den Grundsatz, dass individuelle Verkehrsverbindungen und die tatsächlichen Umstände des Einzelfalls bei der Bewertung herangezogen werden müssen.

Insgesamt wurde die Klage abgewiesen, und der Einkommensteuerbescheid für das Jahr 2020 blieb unverändert. Auch wenn insoweit eine Entscheidung gegen den Steuerpflichtigen gegeben ist, kann diese Entscheidung durchaus als richtig eingeordnet werden.