Im Gewerbesteuerrecht stellt die erweiterte Kürzung nach § 9 Nr. 1 Satz 2 des Gewerbesteuergesetzes (GewStG) eine steuerliche Begünstigung für Unternehmen dar, die ausschließlich eigenen Grundbesitz verwalten und nutzen.
Die Regelung dient dazu, Grundstücksunternehmen von der Gewerbesteuer zu entlasten, wenn sie keine gewerblichen Tätigkeiten neben der Vermietung ausüben. Dabei ist der Begriff der Ausschließlichkeit zentral: Jegliche wirtschaftlich bedeutende Tätigkeit außerhalb der reinen Grundstücksverwaltung kann zum Verlust der Kürzung führen. Eine häufig diskutierte Problematik ist dabei die Frage, ob bestimmte mitvermietete Anlagen – wie etwa Aufzüge – als unschädliche Gebäudebestandteile oder als schädliche Betriebsvorrichtungen gelten. Diese Abgrenzung kann im Einzelfall überaus entscheidend sein.
In dem vom Schleswig-Holsteinischen Finanzgericht mit Urteil vom 28.3.2024 unter dem Aktenzeichen 1 K 134/22 entschiedenen Fall ging es um die Frage, ob die Mitvermietung eines Lastenaufzugs im Rahmen der Vermietung eines Einkaufszentrums der erweiterten Kürzung entgegensteht. Die Klägerin war Eigentümerin eines Einkaufszentrums mit Verkaufsflächen im Erd- und Obergeschoss. Im hinteren Gebäudebereich befand sich ein Lastenaufzug, der zur Verbindung beider Etagen diente und über die Anlieferzone zugänglich war. Dieser Aufzug konnte von allen Mietern genutzt werden, wobei dessen Betriebskosten über die Nebenkostenumlage abgerechnet wurden. Die Mietverträge enthielten unterschiedliche Formulierungen zur Nutzung des Aufzugs, in Altverträgen war die Mitbenutzung ausdrücklich als Bestandteil des Mietvertrags genannt, während in Neuverträgen der Aufzug als Bestandteil der allgemeinen maschinellen Beförderungssysteme in der Nebenkostenregelung auftauchte.
Das Finanzamt vertrat die überaus fiskalische Auffassung, dass der Lastenaufzug eine Betriebsvorrichtung darstelle, da er der unmittelbaren Ausübung des Gewerbes der Mieter diene. Er ermögliche insbesondere den Transport von Waren und Einrichtungsgegenständen in die jeweiligen Mietbereiche und sei daher nicht dem Grundbesitz zuzurechnen. Die Mitvermietung dieser Vorrichtung sei als schädlich zu beurteilen und schließe die Anwendung der erweiterten Kürzung aus. Dabei verwies das Finanzamt auf die bestehende Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs, etwa auf das Urteil vom 28.10.1999 unter dem Aktenzeichen III R 55/97.
Die Klägerin hingegen argumentierte, dass der Aufzug nicht als Betriebsvorrichtung, sondern als Gebäudebestandteil anzusehen sei. Er diene der allgemeinen Nutzung des Gebäudes und stehe sämtlichen Mietern zur Verfügung, ohne dass er einem bestimmten betrieblichen Zweck eines Mieters direkt zugeordnet sei. Die Klägerin betonte darüber hinaus, dass die Nutzung durch die Mieter sehr unterschiedlich sei, viele ihn gar nicht für Warenbewegungen nutzten, sondern eher zur Personenbeförderung oder für einmalige Transporte beim Einzug. Selbst wenn man den Aufzug als Betriebsvorrichtung qualifiziere, läge hier ein unschädliches Nebengeschäft im Sinne der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs vor, da der Aufzug eine infrastrukturell notwendige Einrichtung für den wirtschaftlichen Betrieb eines Einkaufszentrums dieser Größe darstelle.
Das Finanzgericht gab der Klage erfreulicherweise statt. Es stellte fest, dass die Klägerin zu Recht die erweiterte Kürzung nach § 9 Nr. 1 Satz 2 des GewStG beanspruchen konnte. Zwar könne nicht abschließend geklärt werden, ob der Lastenaufzug als typische Betriebsvorrichtung oder als Gebäudebestandteil zu qualifizieren sei. Doch selbst wenn man ihn als Betriebsvorrichtung einstufe, stelle seine Mitvermietung im konkreten Fall ein unschädliches Nebengeschäft dar. Maßgeblich sei, dass die Mitüberlassung des Aufzugs der wirtschaftlich sinnvollen Nutzung des Einkaufszentrums als Gesamtheit diene und daher zwingend notwendig sei. Das Gericht führte aus, dass ein Lastenaufzug in einem mehrgeschossigen Einkaufszentrum mit mehreren Mietparteien zur notwendigen Grundausstattung gehöre. Der Aufzug sei fest mit dem Gebäude verbunden, seine Entfernung wäre nur mit erheblichem Aufwand möglich. Er ermögliche nicht nur die Warenanlieferung für Händler, sondern auch die Beförderung von Einrichtungselementen oder Müllentsorgung und trage zur reibungslosen Nutzung der Immobilie bei. Der Senat betonte dabei, dass es nicht darauf ankomme, ob theoretisch eine Vermietung auch an Mieter ohne Warenverkehr möglich wäre. Entscheidend sei vielmehr, dass die konkrete Nutzung und Struktur des Objekts eine solche Vorrichtung im wirtschaftlichen Sinne erforderlich macht.
Darüber hinaus stellte das Gericht fest, dass auch die quantitativen Voraussetzungen für ein unschädliches Nebengeschäft eingehalten wurden. Die anteiligen Anschaffungskosten des Lastenaufzugs machten nur 0,34 Prozent der Gesamtanschaffungskosten des Einkaufszentrums aus. Das Gericht verwies in diesem Zusammenhang auf das Urteil des Finanzgerichts Düsseldorf vom 23.11.2023 unter dem Aktenzeichen 14 K 1037/22 G, F, das ebenfalls bei einem Einkaufszentrum eine Unschädlichkeit der Mitvermietung eines fest eingebauten Lastenaufzugs angenommen hatte. Diese Argumentation wurde vom Schleswig-Holsteinischen Finanzgericht ausdrücklich übernommen. Auch die Tatsache, dass einige Mieter den Aufzug kaum oder gar nicht nutzten, ändere nichts an seiner grundsätzlichen Funktion für den Betrieb des Objekts.
Zusammenfassend entschied das Gericht, dass im konkreten Fall die erweiterte Kürzung nicht durch die Mitvermietung des Aufzugs ausgeschlossen wird. Der Lastenaufzug diente der wirtschaftlich sinnvollen Nutzung und Verwaltung des Einkaufszentrums und stellt somit ein unschädliches Nebengeschäft im Sinne der einschlägigen Rechtsprechung dar.
Das Urteil in erster Instanz: Der angefochtene Bescheid über den Gewerbesteuermessbetrag für das Jahr 2019 war daher rechtswidrig. Das Finanzgericht änderte ihn entsprechend und setzte den Messbetrag unter Berücksichtigung der erweiterten Kürzung auf 0 Euro fest.
Die Revision beim Bundesfinanzhof wurde zugelassen und unter dem Aktenzeichen IV R 31/23 auch eingelegt. Die zu klärende Rechtsfrage, über die wir mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit wieder berichten werden: Handelt es sich bei einem Lastenaufzug in einem Einkaufszentrum um eine Betriebsvorrichtung, deren Mitvermietung die erweiterte Kürzung ausschließt, oder erweisen sich der Betrieb und die Überlassung des Lastenaufzugs als zwingend notwendiger, der erweiterten Kürzung nicht entgegenstehender, Teil einer sinnvoll gestalteten eigenen Grundstücksverwaltung und -nutzung? Es bleibt daher spannend in dieser Thematik.