2. Für alle Steuerpflichtigen: Besonderheiten beim Verspätungszuschlag für Feststellungserklärungen

Die steuerliche Festsetzung von Verspätungszuschlägen ist ein wesentlicher Bestandteil des Steuerrechts und dient dazu, die fristgerechte Abgabe von Steuererklärungen zu sichern. Dabei stellt sich die Frage, in welchen Fällen ein Verspätungszuschlag zwingend festzusetzen ist und wann eine solche Festsetzung ausgeschlossen oder ermessensabhängig ist. Insbesondere bei Feststellungserklärungen stellt sich die Problematik, ob die gesetzlich vorgesehenen Ausnahmen von der zwingenden Festsetzung eines Verspätungszuschlags auch auf diese Anwendung finden.

Im vorliegenden Fall hatte das Finanzgericht Baden-Württemberg unter dem Aktenzeichen 12 K 1945/23 über die Festsetzung eines Verspätungszuschlags für die verspätete Abgabe einer Feststellungserklärung zu entscheiden. Konkret ging es um die gesonderte und einheitliche Feststellung der Einkünfte einer GbR für das Jahr 2020. Der Kläger war mit 55 % an der Gesellschaft beteiligt und zugleich als Empfangsbevollmächtigter für die Gesellschaft bestellt. Die Abgabefrist für die Erklärung war der 31. August 2022, jedoch wurde die Erklärung erst am 18. Dezember 2022 eingereicht.

Das Finanzamt setzte daraufhin nach § 152 Abs. 2 Abgabenordnung (AO) einen Verspätungszuschlag in Höhe von happigen 966 Euro fest. Der Kläger legte Einspruch gegen den Bescheid ein, da die von ihm und seinem Mitgesellschafter geleisteten Einkommensteuervorauszahlungen die festzusetzende Steuer überstiegen und daher nach § 152 Abs. 3 Nr. 3 AO keine Festsetzung eines Verspätungszuschlags erfolgen dürfte. Er argumentierte, dass diese Vorschrift über die Verweisungsregel des § 152 Abs. 6 Abgabenordnung auch für Feststellungserklärungen gelte. Das Finanzamt wies den Einspruch mit der Begründung zurück, dass die Vorschrift des § 152 Abs. 3 Nr. 3 AO nicht auf Feststellungserklärungen anwendbar sei, da diese keine Steuer, sondern nur Besteuerungsgrundlagen festsetzen.

Das Finanzgericht Baden-Württemberg folgte der Argumentation des Klägers und hob den Bescheid auf. Die Richter stellten klar, dass die Vorschrift des § 152 Abs. 3 Nr. 3 AO über § 152 Abs. 6 Abgabenordnung auch auf Feststellungserklärungen anzuwenden ist. Diese Regelung dient dazu, Steuerpflichtige vor einem Verspätungszuschlag zu schützen, wenn bereits im Voraus ausreichende Steuerzahlungen geleistet wurden. Auch wenn das Feststellungsfinanzamt selbst keine Steuer festsetzt, folgt aus dem Feststellungsbescheid unmittelbar die Besteuerung der Gesellschafter, sodass die Regelung des § 152 Abs. 3 Nr. 3 AO sinngemäß anzuwenden ist.

Das Finanzgericht betonte zudem, dass der Grundsatz der Normenklarheit und Bestimmtheit gebietet, dass Verweisungen in Steuergesetzen so ausgelegt werden, dass sie ihrem Sinn und Zweck nach handhabbar bleiben. Der klare Gesetzeswortlaut lasse keine teleologische Reduktion zu, die die Anwendung des § 152 Abs. 3 Nr. 3 AO auf Feststellungserklärungen ausschließen würde. Die Festsetzung eines Verspätungszuschlags hätte daher nur im Rahmen einer Ermessensentscheidung nach § 152 Abs. 1 AO erfolgen dürfen, was hier nicht geschehen ist.

Aufgrund dieser Erwägungen erklärte das Finanzgericht die Festsetzung des Verspätungszuschlags für rechtswidrig und hob den Bescheid auf. Die Revision zum Bundesfinanzhof wurde zugelassen, um die grundsätzliche Bedeutung der Rechtsfrage klären zu lassen. Unter dem Aktenzeichen IV R 29/23 hat der Fiskus auch den Revisionszug bestiegen. Ganz konkret lautet die Rechtsfrage: Ist bei der Festsetzung eines Verspätungszuschlags wegen verspäteter Abgabe einer Erklärung zur gesonderten und einheitlichen Feststellung von Besteuerungsgrundlagen die Rückausnahme des § 152 Abs. 3 Nr. 3 der Abgabenordnung mit der Maßgabe anzuwenden, dass bezüglich der festgesetzten Steuer, der Summe der festgesetzten Vorauszahlungen und der anzurechnenden Steuerabzugsbeträge auf die dem Feststellungsbescheid folgenden Einkommensteuer- beziehungsweise Körperschaftsteuerbescheide der Gesellschafter abzustellen ist?

Betroffene sollten in ähnlich gelagerten Fällen unter Hinweis auf die Argumentation des erstinstanzlichen Finanzgerichts Einspruch im eigenen Fall einlegen und auf ein ebenso positives Urteil des Bundesfinanzhofs hoffen. Unseren Erachtens nach stehen die Chancen hier nicht so schlecht.