Die Übertragung eines Grundstücks gegen teilweise Gegenleistung ist ein häufiger Gestaltungsfall im Schenkungsteuerrecht. Oft wird ein Grundstück durch eine als Schenkung gedachte Vereinbarung übertragen, wobei die Empfängerin dem Übergeber im Gegenzug verschiedene Leistungen schuldet, etwa eine Rentenzahlung, Pflege oder ein Wohnrecht. Solche sogenannten gemischten Schenkungen werfen regelmäßig die Frage auf, wann sie steuerlich als »ausgeführt« gelten – also ab wann die Schenkungsteuer entsteht. Besonders kompliziert wird es, wenn der Vollzug des Vertrags durch Bedingungen wie eine Kaufpreiszahlung hinausgezögert wird. Genau mit dieser Problematik hatten sich die Richter des Bundesfinanzhofs in ihrer Entscheidung vom 21.8.2024 unter dem Aktenzeichen II R 11/21 zu befassen.
Im konkreten Fall hatte eine Steuerpflichtige P mit notariellem Vertrag vom 9.10.2012 ihr Mietshaus an die Klägerin übertragen. Als Gegenleistung war ein Barkaufpreis in Höhe von 260.000 Euro sowie eine monatliche Rente von 1.000 Euro vereinbart worden. Zusätzlich sollte die Erwerberin P im Bedarfsfall pflegen, kochen, waschen und zu Ärzten oder Apotheken begleiten. Außerdem behielt sich P ein lebenslanges unentgeltliches Wohnrecht an einer der Wohnungen vor. Der Jahreswert dieses Wohnrechts wurde mit 12.000 Euro angegeben. Die Zahlung des Kaufpreises sollte bis spätestens 1.2.2013 auf ein Notaranderkonto erfolgen. Eine Übergabe des Grundstücks war an diese Zahlung gekoppelt. Auch der Notar durfte mit der Eigentumsumschreibung erst tätig werden, sobald ihm die Zahlung nachgewiesen worden war.
Doch noch bevor es zur Eintragung kam, verstarb P am 24.11.2012. Die Klägerin wurde daraufhin Erbin und später im Februar 2013 auch als Eigentümerin im Grundbuch eingetragen. Das Finanzamt setzte daraufhin Schenkungsteuer fest. Es bewertete die Übertragung als gemischte Schenkung, bei der die übernommenen Verpflichtungen der Klägerin deutlich unter dem Marktwert des Grundstücks lagen. Die gewährten Renten- und Pflegeleistungen sowie das Wohnrecht wurden nach § 14 Absatz 2 des Bewertungsgesetzes (BewG) jedoch steuerlich nicht berücksichtigt, da sie wegen des Todes der Schenkerin nicht mehr erbracht worden waren.
Die Klägerin legte dagegen Einspruch ein. Sie argumentierte, dass die Schenkung gar nicht ausgeführt worden sei, da der Eigentumswechsel erst nach dem Tod erfolgt sei. Außerdem wandte sie sich gegen die Anwendung des Bewertungsgesetzes auf die Renten- und Pflegeleistungen. Nachdem das Finanzgericht Hamburg mit Urteil vom 27.5.2020 unter dem Aktenzeichen 3 K 122/18 die Klage abgewiesen hatte, landete der Fall beim Bundesfinanzhof.
Die obersten Finanzrichter hoben das Urteil des Finanzgerichts aus formellen Gründen zunächst auf, weil zwischenzeitlich ein geänderter Schenkungsteuerbescheid ergangen war. Materiell befassten sie sich ausführlich mit der Frage, wann eine Grundstücksschenkung als ausgeführt gilt. Dabei stellten sie klar: Eine Schenkung unter Lebenden ist erst dann steuerlich relevant, wenn der Schenker alles zur Übertragung Erforderliche getan hat und der Beschenkte rechtlich in der Lage ist, den Eigentumswechsel selbst zu bewirken.
Wenn aber – wie im vorliegenden Fall – eine sogenannte Vollzugshemmung vereinbart wurde, also eine Bedingung wie die Zahlung des Kaufpreises erfüllt sein muss, ist die Schenkung erst mit Erfüllung dieser Bedingung ausgeführt. Die bloße Unterzeichnung eines notariellen Vertrags reicht dann nicht aus.
Im vorliegenden Fall war vertraglich geregelt, dass der Notar die Auflassung erst bei Zahlung des Kaufpreises einreichen durfte. Das Gericht konnte aber nicht feststellen, wann genau diese Zahlung erfolgt war. Deshalb verwiesen die Richter den Fall zur weiteren Aufklärung an das Finanzgericht zurück. Sie wiesen zudem darauf hin, dass die bisherige steuerliche Nichtberücksichtigung der Pflege- und Rentenverpflichtung nach § 14 Absatz 2 BewG rechtmäßig ist. Die Anwendung dieser Vorschrift sei nicht auf bestimmte Arten von Verpflichtungen beschränkt, sondern gelte auch für Leistungen, die wegen des Todes der Schenkerin nicht mehr erbracht werden konnten.
Die Entscheidung verdeutlicht, wie wichtig die genaue vertragliche Gestaltung für die steuerliche Beurteilung von gemischten Schenkungen ist. Nur wenn alle Voraussetzungen erfüllt sind, kann eine Grundstücksübertragung tatsächlich als Schenkung ausgeführt und damit besteuert werden. Ein bloß vereinbarter, aber nicht vollzogener Vertrag reicht nicht aus.