2. Für alle Steuerpflichtigen: Kosten der Berufsausbildung steuermindernd einsetzen!

Gerade Berufsausbildungskosten können erheblich sein, weshalb es von besonderer Bedeutung ist, dass diese Aufwendungen auch steuermindernd zum Einsatz kommen können. De facto ist die Möglichkeit der Steuerminderung für Aufwendungen der Berufsausbildung jedoch durchaus eingeschränkt. Grund dafür ist die Regelung des § 9 Abs. 6 des Einkommensteuergesetzes (EStG). Danach können nämlich Aufwendungen des Steuerpflichtigen für seine Berufsausbildung oder für sein Studium nur dann als Werbungskosten abgezogen werden, wenn der Steuerpflichtige zuvor bereits eine Erstausbildung abgeschlossen hat. Dabei kann es sich bei der Erstausbildung sowohl um eine übliche Berufsausbildung als auch um ein abgeschlossenes Studium handeln. Neben dieser Alternative können Aufwendungen für die Berufsausbildung jedoch auch dann noch als Werbungskosten abgezogen werden, wenn die Berufsausbildung oder das Studium im Rahmen eines Dienstverhältnisses stattfinden.

Kommt keine der Varianten in Betracht, können Aufwendungen für die eigene Berufsausbildung nur noch im Bereich der Sonderausgaben nach § 10 Abs. 1 Nummer 7 EStG steuermindernd in Abzug gebracht werden. Das rein praktische Problem an dieser Regelung: Die Aufwendungen für die Berufsausbildungskosten können in diesem Fall jährlich nur bis zu einem Höchstbetrag von 6.000 Euro steuermindernd angesetzt werden.

Vor diesem Hintergrund muss der Bundesfinanzhof in München unter dem Aktenzeichen VI R 41/20 nun klären, ob Aufwendungen für eine nicht im Rahmen eines Dienstverhältnisses absolvierte Ausbildung zum Berufspiloten als vorab entstandene Werbungskosten abzugsfähig sind. Konkret geht es dabei um die Frage, ob eine Erstausbildung vorgelegen hat. Und noch konkreter geht es um die Frage, ob die Ausbildung zum Rettungshelfer im Rahmen des Zivildienstes eine Erstausbildung im Sinne der vorgenannten Regelung darstellt.

Im Streitfall möchte der Steuerpflichtige die Aufwendungen für seine Pilotenausbildung als vorweggenommene Werbungskosten bei seinen Einkünften aus nichtselbstständiger Arbeit abziehen. Dabei beruft er sich auf die absolvierte Ausbildung zum Rettungshelfer und führt diese als Erstausbildung an. Tatsächlich hat die Ausbildung jedoch nur ca. sechs Wochen gedauert und lediglich 320 Stunden Theorie und Praxis umfasst. Dennoch argumentiert der Steuerpflichtige, dass er mit der Ausübung des anerkannten Berufs eines Rettungshelfers seinen Lebensunterhalt hätte finanzieren können und es sich dementsprechend bei der Ausbildung um eine Erstausbildung im Sinne der gesetzlichen Vorschrift handelt. Die Argumentation ist daher durchaus schlüssig.

Immerhin gilt es zu bedenken, dass der Bundesfinanzhof bereits in seiner Entscheidung vom 27.10.2011 unter dem Aktenzeichen VI R 52/10 entschieden hat, dass eine erstmalige Berufsausbildung weder ein Berufsausbildungsverhältnis nach dem Berufsbildungsgesetz noch eine bestimmte Ausbildungsdauer voraussetzt. Die Ausbildung zum Rettungssanitäter ist ausweislich der vorgenannten Entscheidung ganz ausdrücklich eine erstmalige Berufsausbildung.

Dennoch versagte das Finanzamt im aktuell vorliegenden Fall den Werbungskostenabzug und berücksichtigte die geltend gemachten Ausbildungskosten nur im Rahmen des Höchstbetrags von 6.000 Euro als Sonderausgaben. Insbesondere im Hinblick auf die Kosten einer Pilotenausbildung wird dabei klar, dass der Höchstbetrag sehr, sehr schnell erreicht ist und somit der größte Teil der Ausbildungsaufwendungen nicht steuermindernd berücksichtigt werden kann. Wahrscheinlich genau aus diesem Grund zog der Steuerpflichtige vor Gericht.

Leider erlitt er auch hier eine Niederlage. Das erstinstanzliche Finanzgericht Düsseldorf entschied nämlich mit Urteil vom 24.9.2020 unter dem Aktenzeichen 14 K 3796/13 E, F, dass eine sechswöchige Ausbildung zum Rettungshelfer im Rahmen des Zivildienstes nicht die Anforderungen an die Mindestdauer und Mindestqualität einer erstmaligen Berufsausbildung erfüllt. Dieser Auffassung ist das Finanzgericht Düsseldorf nicht zuletzt deswegen, weil weder landes- noch bundesrechtlich eine einheitliche Ausbildung geregelt ist oder die Ausbildung mit einer Prüfung abgeschlossen werden muss. Dementsprechend kommen die Düsseldorfer Richter zu dem Schluss, dass die Aufwendungen für die Ausbildung zum Verkehrsflugzeugführer nicht als vorweggenommene Werbungskosten steuermindernd berücksichtigt werden dürfen.

Das letzte Wort wird in diesem Punkt jedoch noch der Bundesfinanzhof haben, sodass Betroffene sich auf das oben bereits zitierte Verfahren unter dem Aktenzeichen VI R 41/20 berufen sollten.

Anzumerken ist jedoch, dass sich der vorgenannte Steuerstreit auf Veranlagungszeiträume bezieht, die mittlerweile einer anderen Rechtslage unterliegen. Die ebenfalls zuvor genannte positive Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs wurde nämlich bereits vom Gesetzgeber seit dem Veranlagungszeitraum 2015 ausgehebelt, da ab diesem Veranlagungszeitraum die Erstausbildung bestimmte Mindestanforderungen erfüllen muss.

So definiert bereits das Einkommensteuergesetz: Eine Berufsausbildung als Erstausbildung liegt nur vor, wenn eine geordnete Ausbildung mit einer Mindestdauer von zwölf Monaten bei vorzeitiger Ausbildung und mit einer Abschlussprüfung durchgeführt wird. Eine geordnete Ausbildung liegt insoweit vor, wenn sie auf der Grundlage von Rechts- oder Verwaltungsvorschriften oder internen Vorschriften eines Bildungsträgers durchgeführt wird.

Ist eine Abschlussprüfung nicht vorgesehen, gilt die Ausbildung mit der tatsächlichen planmäßigen Beendigung als abgeschlossen. Eine Berufsausbildung als Erstausbildung hat auch abgeschlossen, wer die Abschlussprüfung einer durch Rechts- oder Verwaltungsvorschriften geregelten Berufsausbildung mit einer Mindestdauer von zwölf Monaten bestanden hat, ohne dass er zuvor die entsprechende Berufsausbildung durchlaufen hat.

In allen anderen Fällen möchte der Gesetzgeber jedoch keine Erstausbildung erkennen und auf diese Weise natürlich auch keinen vorweggenommenen Werbungskostenabzug für entsprechende Berufsausbildungskosten ermöglichen.

Sofern sich ihr Streitfall daher auf einer Rechtslage bezieht, die vor 2015 gegolten hat, können Sie sich an das oben genannte Musterverfahren anhängen. Für alle Fälle danach gilt zunächst einmal das heute vorliegende Gesetz mit den oben genannten Regelungen. Sofern Sie nach diesen Kriterien daher keine Erstausbildung haben, besteht allenfalls noch die Möglichkeit, mit verfassungsrechtlichen Einwendungen gegen diese Norm vorzugehen. Sollte es diesbezüglich in naher Zukunft neue Musterverfahren geben, werden wir selbstverständlich darüber berichten.