5. Für alle Steuerpflichtigen: Liegt ein privates Veräußerungsgeschäft vor, wenn die Wohnung an das Kind und (!) den ehemaligen Partner überlassen wird?

Entsprechend der gesetzlichen Regelung in § 22 Nummer 2 des Einkommensteuergesetzes (EStG) sind sonstige Einkünfte auch Einkünfte aus einem privaten Veräußerungsgeschäft im Sinne der Regelung des § 23 EStG. Dazu gehören unter anderem Veräußerungsgeschäfte bei Grundstücken, bei denen der Zeitraum zwischen Anschaffung und Veräußerung nicht mehr als zehn Jahre betragen hat.

Tatsächlich sind jedoch nicht alle Immobilien von der Veräußerung betroffen. Ausgenommen sind insbesondere solche, die im Zeitraum zwischen Anschaffung oder Fertigstellung und Veräußerung ausschließlich zu eigenen Wohnzwecken gedient haben (Alternative 1) oder im Jahre der Veräußerung und in den beiden vorangegangenen Jahren zu eigenen Wohnzwecken genutzt wurden (Alternative 2).

Eine Nutzung zu eigenen Wohnzwecken setzt in beiden Alternativen voraus, dass eine Immobilie zum Bewohnen geeignet ist und vom Steuerpflichtigen auch bewohnt wird. Der Steuerpflichtige muss das Gebäude zumindest auch selbst nutzen. Unschädlich ist es, wenn er es gemeinsam mit seinen Familienangehörigen oder einem Dritten bewohnt. Schon mit Entscheidung vom 21.5.2019 hat der Bundesfinanzhof unter dem Aktenzeichen IX R 6/18 klargestellt, dass eine Nutzung zu eigenen Wohnzwecken hingegen nicht vorliegt, wenn der Steuerpflichtige die Wohnung entgeltlich oder unentgeltlich einem Dritten überlässt, ohne sie zugleich selbst zu bewohnen.

Sinn und Zweck der Ausnahmeregelung von der Besteuerung ist es laut der Gesetzesbegründung, die ungerechtfertigte Besteuerung von Veräußerungsgewinnen bei Aufgabe des Wohnsitzes, beispielsweise wegen eines Wechsels des Arbeitsplatzes, zu vermeiden. Dieser Zweck, der letztendlich auch der Förderung der Mobilität von Arbeitnehmern dient, würde jedoch bei Annahme der Steuerschädlichkeit bei einer kurzfristigen Veräußerung wegen eines Arbeitsplatzwechsels bzw. bei kurzfristiger Zwischenvermietung vor einer Veräußerung, um einen Leerstand zu vermeiden, konterkariert werden.

Eine Nutzung zu eigenen Wohnzwecken ist daher beim privaten Veräußerungsgeschäft zudem so zu verstehen, wie seinerzeit beim Eigenheimzulagengesetz. Danach liegt eine Nutzung zu eigenen Wohnzwecken auch dann vor, wenn der Steuerpflichtige Teile einer zu eigenen Wohnzwecken genutzten Wohnung oder die Wohnung insgesamt einem einkommensteuerlich zu berücksichtigendem Kind unentgeltlich oder zur teilweisen oder alleinigen Nutzung überlässt. Die Nutzung der Wohnung durch das Kind ist dem Eigentümer in diesem Fall als eigene zuzurechnen, weil es im Rahmen seiner unterhaltsrechtlichen Verpflichtung liegt, für die Unterbringung des Kindes zu sorgen. So auch bereits die Entscheidung des Bundesfinanzhofs vom 21.5.2019 unter dem Aktenzeichen IX R 6/18.

Die Rechtsprechung fußt auf dem mit der Steuerbegünstigung nach dem Eigenheimzulagengesetz verfolgten Zweck, insbesondere Familien mit Kindern den Erwerb von Wohneigentum zu ermöglichen. Eine andere Beurteilung ist dagegen geboten, wenn der Eigentümer seiner von ihm getrennt lebenden Ehefrau eine Wohnung zur Verfügung stellt. Besteht die zum Wesen der Ehe gehörende Lebens- und Wirtschaftsgemeinschaft auf Dauer nicht mehr und überlässt der unterhaltsverpflichtete Eigentümer der von ihm getrennt lebenden Ehefrau anstelle des Barunterhalts eine Wohnung zur unentgeltlichen Nutzung, wird die Wohnung aus der Sicht des überlassenden Ehegatten nicht zu eigenen, sondern zu fremden Wohnzwecken genutzt. Dies hat auch bereits der Bundesfinanzhof in einer frühen Entscheidung zum Eigenheimzulagengesetz vom 26.1.1994 unter dem Aktenzeichen X R 17/91 herausgearbeitet.

Eine Nutzung zu eigenen Wohnzwecken beim privaten Veräußerungsgeschäft liegt auch dann nicht vor, wenn die Wohnung nach dem Auszug des Steuerpflichtigen aus dem gemeinsamen Familienheim nicht einem steuerlich zu berücksichtigendem Kind zur alleinigen Nutzung, sondern auch einer anderen (gegebenenfalls auch unterhaltsberechtigten) Person wie der ehemaligen Lebensgefährtin und Kindesmutter zur gemeinsamen Nutzung mit dem Kind überlassen wird. Tatsächlich hat jedoch bereits das Hessische Finanzgericht in einer Entscheidung vom 30.9.2015 unter dem Aktenzeichen 1 K 1654/14 die Nutzung zu eigenen Wohnzwecken bei unentgeltlicher Überlassung einer Wohnung an minderjährige Kinder und den anderen Elternteil verneint. Die schlichte Begründung seinerzeit: Ein Gebäude dient nur dann der Nutzung zu eigenen Wohnzwecken, wenn es vom Steuerpflichtigen selbst tatsächlich und auf Dauer bewohnt wird. Bei gemeinsamer Nutzung mit Familienangehörigen bzw. bei teilweiser unentgeltlicher Überlassung an fremde Personen liegt eine Nutzung zu eigenen Wohnzwecken nur dann vor, wenn die eigene Haushaltsführung möglich bleibt.

Ob diese strenge Auslegung jedoch weiterhin Bestand haben wird, bleibt vorerst abzuwarten. Aus Gründen der Fortbildung des Rechtes hat das erstinstanzliche Finanzgericht München nämlich aktuell die Revision zum Bundesfinanzhof zugelassen. Erfreulicherweise hat der Steuerpflichtige die Revision auch eingelegt, sodass schließlich der Bundesfinanzhof unter dem Aktenzeichen IX R 11/21 die Gelegenheit bekommt, diese strenge Sichtweise des Finanzgerichtes zu überprüfen (und hoffentlich zu entschärfen).

Wer von einer ähnlichen Situation betroffen ist, sollte nach Möglichkeit den Sachverhalt schon gänzlich anders gestalten, sodass es überhaupt nicht zu einem privaten Veräußerungsgeschäft kommt. Ist der Sachverhalt hingegen bereits realisiert, sollte man sich an das anhängige Musterverfahren anhängen.