5. Für alle Steuerpflichtigen: Zustimmung des Bundesfinanzministeriums bei Billigkeitsmaßnahmen

Justitia-Statue

Ausweislich des Erlasses des Bundesfinanzministeriums vom 2.11.2021 kommt das Bundesministerium mit den obersten Finanzbehörden der Länder im Hinblick auf die Festsetzung oder Erhebung von Steuern, die von den Landesfinanzbehörden im Auftrag des Bundes verwaltet werden, mit Blick auf bestimmte Billigkeitsmaßnahmen zu dem Schluss, dass diesbezüglich die vorherige Zustimmung des Bundesministeriums der Finanzen einzuholen ist.

Danach müssen die obersten Finanzbehörden der Länder in den folgenden Fällen die vorherige Zustimmung des Bundesfinanzministeriums der Finanzen einholen:

Bei Stundungen nach § 222 der Abgabenordnung (AO) und § 6 Abs. 4 AStG, wenn der zu stundende Betrag höher ist als 500.000 Euro und für einen Zeitraum von mehr als 12 Monaten gestundet werden soll;

bei Erlassen nach § 227 AO, wenn der Betrag, der erlassen (erstattet, angerechnet) werden soll, 200.000 Euro übersteigt;

bei abweichender Festsetzung nach § 163 Abs. 1 Satz 1 AO, wenn der Betrag, um den abweichend festgesetzt werden soll, 200.000 Euro übersteigt;

bei Maßnahmen nach § 163 Abs. 1 Satz 2 AO, wenn die Höhe der Besteuerungsgrundlagen, die nicht in dem gesetzlich bestimmten Veranlagungszeitraum berücksichtigt werden sollen, 400.000 Euro übersteigt;

bei Billigkeitsrichtlinien der obersten Finanzbehörden der Länder, die die abweichende Festsetzung, die Stundung oder den Erlass betreffen und sich auf eine Mehrzahl von Fällen beziehen.

Vertrauensschutz und Treu und Glauben gelten dabei als Billigkeitsgründe im Sinne der §§ 163, 222, 227 AO.

Die Zustimmung des Bundesministeriums der Finanzen ist hingegen nicht einzuholen, wenn

einem Restrukturierungsplan oder außergerichtlichen Schuldenbereinigungsplan zugestimmt werden soll,

eine Billigkeitsmaßnahme über Insolvenzforderungen im Verbraucherinsolvenzverfahren oder im Regelinsolvenzverfahren gewährt wird oder

die Gewährung einer Billigkeitsmaßnahme nach §§ 163, 222 oder 227 AO durch Schreiben des Bundesfinanzministerium allgemein angeordnet oder durch eine im Bundessteuerblatt Teil II veröffentlichte Bundesfinanzhof-Entscheidung vorgegeben ist.

Für die Feststellung der Zustimmungsgrenzen ist jede Steuerart und jeder Veranlagungszeitraum für sich zu rechnen. Erstreckt sich die Maßnahme nach § 163 Abs. 1 Satz 2 AO allerdings auf mehrere Jahre, so sind die Beträge, die auf die einzelnen Jahre entfallen, zu einem Gesamtbetrag zusammenzurechnen.

Bei Steuerarten ohne bestimmten Veranlagungszeitraum (z. B. Lohnsteuer, Kapitalertragsteuer) gilt das Kalenderjahr als Veranlagungszeitraum. Bei den Einzelsteuern ist jeder Steuerfall für sich zu betrachten. Etwaige vorher ausgesprochene Bewilligungen sind zu berücksichtigen. Vorauszahlungen dürfen aber auch nicht in einen Jahresbetrag umgerechnet werden. Steuerliche Nebenleistungen (entsprechend der Regelung des § 3 Abs. 4 AO) sind dem Hauptbetrag nicht hinzuzurechnen.

Zinsen gelten jedoch selbst als Hauptbetrag, soweit für sie eine Billigkeitsmaßnahme getroffen werden soll. Dabei sind für einen Verzicht auf Stundungszinsen nach § 234 Abs. 2 AO und auf Aussetzungszinsen nach § 237 Abs. 4 AO die oben bezeichneten Betragsgrenzen maßgebend.

Ist für eine Steuerart und einen Veranlagungszeitraum die Zustimmungsgrenze überschritten, so unterliegen die beantragten Billigkeitsmaßnahmen vollumfänglich dem Zustimmungsvorbehalt.

[gdlr_box_icon icon=“fa-exclamation“ icon_color=“#66a2c0″ icon_position=“left“ title=“Hinweis“ ]

Dieses Schreiben tritt an die Stelle des Verwaltungsaktes vom 1.10.2020.