Nach § 19 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1a Satz 1 EStG gehören zu den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit (leider) auch Zuwendungen des Arbeitgebers an seinen Arbeitnehmer und dessen Begleitpersonen anlässlich von Veranstaltungen auf betrieblicher Ebene mit gesellschaftlichem Charakter (Betriebsveranstaltungen). Zuwendungen in diesem Sinne sind dabei alle Aufwendungen des Arbeitgebers einschließlich Umsatzsteuer unabhängig davon, ob sie einzelnen Arbeitnehmern individuell zurechenbar sind oder ob es sich um den rechnerischen Anteil an den Kosten der Betriebsveranstaltung handelt, die der Arbeitgeber gegenüber Dritten für den äußeren Rahmen der Betriebsveranstaltung aufwendet.
Soweit solche Zuwendungen den Betrag von 110 € je Betriebsveranstaltung und teilnehmenden Arbeitnehmer nicht übersteigen, gehören sie nicht zu den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit, wenn die Teilnahme an der Betriebsveranstaltung allen Angehörigen des Betriebs oder eines Betriebsteils offensteht. Dies gilt gemäß § 19 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1a Satz 4 EStG für bis zu zwei Betriebsveranstaltungen jährlich.
In diesem Zusammenhang hat der Bundesfinanzhof mit seiner Entscheidung vom 29.4.2021 unter dem Aktenzeichen VI R 31/18 entschieden, dass in die lohnsteuerrechtliche Bemessungsgrundlage alle Aufwendungen des Arbeitgebers einschließlich Umsatzsteuer vollkommen unabhängig davon einzubeziehen sind, ob sie einzelnen Arbeitnehmern individuell zurechenbar sind oder ob es sich um den rechnerischen Anteil an den Kosten der Betriebsveranstaltung handelt, die der Arbeitgeber gegenüber Dritten für den äußeren Rahmen der Betriebsveranstaltung aufwendet. Vereinfacht ausgedrückt könnte man sagen, dass bei der Bewertung von Arbeitslohn anlässlich einer Betriebsveranstaltung alle mit dieser in Zusammenhang stehenden Aufwendungen des Arbeitgebers anzusetzen sind und es vollkommen irrelevant ist, ob sie beim Arbeitnehmer überhaupt einen Vorteil begründen können. Ob dieser Auffassung wirklich gefolgt werden kann, muss zumindest mit einem großen Fragezeichen versehen werden. Aktuell ist dies jedoch der Stand der höchstrichterlichen Rechtsprechung. Noch problematischer wird es aber dann im nächsten Schritt der höchstrichterlichen Rechtsprechung, die dann schon als durchaus drakonisch bezeichnet werden darf bzw. kann oder sogar muss.
Zunächst soll jedoch an dieser Stelle die positive erstinstanzliche Entscheidung vorweggenommen werden. So hat das erstinstanzliche Finanzgericht Köln in seiner Entscheidung vom 27.6.2018 unter dem Aktenzeichen 3 K 870/17 entschieden, dass für die Ermittlung des Umfangs der lohnsteuerpflichtigen Zuwendungen, die Arbeitnehmer im Rahmen einer Betriebsveranstaltung zugewendet werden, auf die Anzahl der tatsächlich angemeldeten Teilnehmer abzustellen ist. Nachträgliche Absagen und Nichterscheinen einzelner Arbeitnehmer gehen dabei nicht zulasten der teilnehmenden Arbeitnehmer. Diese Auffassung ist durchaus sinnig und auch denklogisch, denn wenn man mit mehreren Arbeitnehmern plant und dann beispielsweise vereinzelt Arbeitnehmer krank werden, darf dies ja nicht zur Lohnbesteuerung der teilnehmenden Arbeitnehmer führen.
Leider hat der Bundesfinanzhof in der vorgenannten Entscheidung diese logische Schlussfolgerung nicht gezogen. Die Auffassung des Bundesfinanzhofes lässt sich vielmehr wie folgt zusammenfassen: Die Zuwendungen des Arbeitgebers an seine Arbeitnehmer anlässlich von Betriebsveranstaltungen sind mit den anteilig auf den Arbeitnehmer und dessen Begleitpersonen entfallenden Aufwendungen des Arbeitgebers und damit den anteiligen Gesamtkosten der Veranstaltung anzusetzen. Abzustellen ist dabei insoweit auf die teilnehmenden Arbeitnehmer bzw. Begleitpersonen. Der entgegenstehenden Auffassung der erstinstanzlichen Kollegen des Finanzgerichtes Köln wollen sich die obersten Finanzrichter der Republik nicht anschließen. Immerhin wollten die erstinstanzlichen Richter die Gesamtkosten noch auf die angemeldeten Arbeitnehmer verteilen, unabhängig davon, ob diese tatsächlich teilgenommen haben. Der Bundesfinanzhof ist jedoch der Meinung, dass eine andere Rechengröße als die der teilnehmenden Arbeitnehmer und deren Begleitpersonen vom Gesetzgeber nicht vorgesehen wurde.
Im Ergebnis wird es damit bei einer Betriebsveranstaltung zum Glücksspiel, ob die Arbeitnehmer einen lohnsteuerpflichtigen Sachbezug haben oder nicht!
Gegen diese (vielleicht dem Gesetzeswortlaut entsprechende) Auslegung wurde nun die Verfassungsbeschwerde beim Bundesverfassungsgericht eingelegt. Betroffene sollten sich daher an das Musterverfahren unter dem Aktenzeichen 2 BvR 1443/21 anhängen. Über die Entscheidung der Verfassungshüter aus Karlsruhe werden wir mit Sicherheit wieder berichten.