4. Für alle Steuerpflichtigen: Einstellung von Steuerstrafverfahren jetzt auch durch gemeinnützige Arbeit

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Was sich sicherlich gut anhört, muss jedoch auch direkt ein wenig eingeschränkt werden. Zunächst einmal regional, denn soweit ersichtlich gelten diese Regelungen nur in Baden-Württemberg. Zudem gilt es sicherlich nicht für alle Steuerstrafverfahren, sondern nur für diejenigen mit geringer Schuld. Lediglich diese können seit dem 1.3.2022 von den Straf- und Bußgeldstellen der Finanzämter (in Baden-Württemberg) auch eingestellt werden, wenn statt eines Bußgeldes gemeinnützige Arbeit geleistet wird. Bislang war eine Einstellung nur gegen Geldzahlung möglich. Das Finanzministerium und das Justizministerium des Landes Baden-Württemberg haben jedoch das Projekt gemeinsam mit dem Netzwerk Straffälligenhilfe auf den Weg gebracht, wodurch erreicht werden soll, dass Steuerhinterzieher auf diese Weise der Gesellschaft etwas zurückgeben können.

Der Finanzminister des Landes Baden-Württemberg sagt dazu: „Steuerstraftaten, wie Steuerhinterziehung, sind ein Betrug an der Allgemeinheit. Wer Steuern hinterzieht, muss deshalb mit einer Verurteilung rechnen. Das kann künftig in bestimmten Fällen durch gemeinnützige Arbeit vermieden werden. Dadurch können Steuerhinterzieher der Gesellschaft auch etwas zurückgeben.“

Die baden-württembergischen Straf- und Bußgeldstellen stellen jährlich rund 2.000 Steuerstrafverfahren bei geringer Schuld ein. Das betrifft Fälle, bei denen Beschuldigten die Zahlung eines Geldbetrags auferlegt wird – und zwar unabhängig von ihrer wirtschaftlichen Situation. Konnte die Geldauflage nicht gezahlt werden, drohten ein Verfahren und eine Verurteilung zu einer Geldstrafe. Wer diese nicht zahlen konnte, auch nicht in Raten, der musste in Haft.

Um ein Verfahren einzustellen, können die Straf- und Bußgeldstellen künftig entweder – wie bisher – eine Geldauflage oder alternativ dazu auch gemeinnützige Arbeit auferlegen. Dadurch können ein Verfahren und eine Verurteilung vermieden werden. Beim klassischen Strafrecht, beispielsweise bei Betrugs- oder Diebstahlsdelikten, wird dies bereits praktiziert. Nun wird das auch auf das Steuerstrafrecht übertragen. Mit der neuen Regelung werden besagte Steuerstrafverfahren in das landesweite Projekt „Schwitzen statt Sitzen“ aufgenommen.

Eine entsprechende Pilotphase gab es schon bei der Straf- und Bußgeldstelle des Finanzamts Stuttgart II. Unterstützt wurde das Pilotprojekt von der gemeinnützigen GmbH „PräventSozial“. Sie ist eine Mitgliedsorganisation im „Netzwerk Straffälligenhilfe“ in Baden-Württemberg.

Das „Netzwerk Straffälligenhilfe“ kümmert sich in Baden-Württemberg für die Justiz in allen Fällen um die Vermittlung gemeinnütziger Arbeit. Vermittelt werden Personen, denen eine Haft bevorsteht, wenn sie eine Geldstrafe nicht zahlen können. Das Projekt „Schwitzen statt Sitzen“ ermöglicht Verurteilten auf diese Weise, eine Haftstrafe abzuwenden. Ebenso kümmert sich das Netzwerk um die Vermittlung von Verurteilten auf Bewährung und von Beschuldigten bei Verfahrenseinstellungen, die zur Auflage bekommen haben, gemeinnützige Arbeit zu leisten.