6. Für GmbH-Gesellschafter: Verdeckte Gewinnausschüttung aufgrund einer Überversorgung bei einer Pensionszusage

Betriebsstaette

Ausweislich der Regelung in § 8 Abs. 1 Satz 1 des Körperschaftsteuergesetzes (KStG) in Verbindung mit § 6a Abs. 1 des Einkommensteuergesetzes (EStG) darf für Pensionsverpflichtungen eine steuerwirksame Rückstellung gebildet werden, sofern die im Gesetz genannten Voraussetzungen erfüllt sind. Entsprechend der Regelung in § 6a Abs. 3 Satz 1 EStG darf die Rückstellung höchstens mit dem Teilwert der Pensionsverpflichtungen angesetzt werden. Ebenso sind ausweislich der Regelungen Erhöhungen oder Verminderungen der Pensionsleistungen nach dem Schluss des Wirtschaftsjahres, die hinsichtlich des Zeitpunkts ihres Wirksamwerdens oder ihres Unterfangens ungewiss sind, bei der Berechnung des Barwerts der künftigen Pensionsleistungen und der Jahresbeträge erst zu berücksichtigen, wenn sie eingetreten sind.

Ausweislich der ständigen Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs in München zur sogenannten Überversorgung ist in der Vorwegnahme künftiger Entwicklungen eine Überversorgung zu sehen, die zur Kürzung der Pensionsrückstellung führt, und zwar typisierend dann, wenn die Versorgungsanwartschaft zusammen mit der Rentenanwartschaft aus der gesetzlichen Rentenversicherung 75 % der am Bilanzstichtag bezogenen Aktivbezüge übersteigt. So die Auffassung des erstinstanzlichen Finanzgerichtes Nürnberg vom 20.4.2021 unter dem Aktenzeichen 1 K 186/92.

Im Hinblick auf die Schwierigkeit, die letzten Aktivbezüge und die zu erwartenden Sozialversicherungsrenten zu schätzen, hat der Bundesfinanzhof zur Prüfung einer möglichen Überversorgung auf die vom Arbeitgeber während der aktiven Tätigkeit des Begünstigten tatsächlich erbrachten Leistungen abgestellt.

Die Verwaltungspraxis hat sich entsprechend des Schreibens des Bundesfinanzministeriums vom 3.11.2004 dieser Auffassung angeschlossen. Einer weiteren Differenzierung der gesetzlichen Rentenversicherung bedarf es bei der hier gebotenen Typisierung nicht, wie bereits der Bundesfinanzhof in seiner Entscheidung vom 20.12.2016 unter dem Aktenzeichen I R 4/15 dargelegt hat.

Nach Auffassung des erstinstanzlichen Gerichtes ist daher der Ansatz eines fiktiven Rentenanspruchs abzulehnen. Denn unter Anwendung der ständigen Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs steht dieser gerade nicht fest, sondern ist ungewiss. Das Finanzgericht sieht darin insoweit eine Vorwegnahme künftiger Entwicklungen.

Der Grund für diese Sichtweise: Beim Ansatz eines fiktiven Rentenanspruchs wird unterstellt, dass das Arbeitsverhältnis unter den gleichen Bedingungen bis zum Renteneintritt fortbesteht. Bei den bisher vom Bundesfinanzhof entschiedenen Fällen stand der Renteneintritt des Empfängers der Versorgungszusage kurz bevor und dieser befand sich zum Zeitpunkt der erstinstanzlichen Entscheidung bereits in Rente bzw. hat keine sozialversicherungspflichtige Beschäftigung mehr ausgeführt.

Zudem wird weiterhin bei Annahme eines fiktiven Rentenanspruchs unterstellt, dass sich bis zum Renteneintritt die persönlichen Verhältnisse der Gesellschafterin nicht ändern. Mögliche Entwicklungen hinsichtlich Krankheit, Arbeitslosigkeit, Teilzeittätigkeit, Mutterschutz und Elternzeit, Berufsunfähigkeit oder Tod werden bei der Prognose gänzlich außer Acht gelassen. Der als künftige Altersrente in den Renteninformation ausgewiesenen Betrag enthält hingegen diese Unwägbarkeiten, die in der Realität zu einem erheblich niedrigeren Rentenanspruch der Gesellschafterin führen können.

Ebenso wird außer Acht gelassen, dass eine mögliche Scheidung einer eventuellen bestehenden Ehe erheblichen Einfluss auf die Höhe der zu erwartenden Rente hat. Denn bei einem sogenannten Versorgungsausgleich entsprechend der Regelung in § 1587 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB), der bei einer Scheidung verpflichtend durchzuführen ist, werden alle während der Ehezeit erworbenen Rentenansprüche addiert und im Anschluss hälftig geteilt. Die Deutsche Rentenversicherung Bund weist in den Renteninformationen auf die Tatsache hin, in dem sie ausführt, dass „auch wir die Entwicklung nicht vorhersehen“ können.

Weiterhin führt das Gericht aus, dass beim Ansatz eines fiktiven Rentenanspruchs auch der Autonomie eines Gesellschafters nicht genügend Beachtung geschenkt wird. Immerhin könnte sich der Gesellschafter oder die Gesellschafterin für einen vorzeitigen Rentenbeginn unter Abschlägen oder für ein Altersteilzeitmodell entscheiden. Diese zukünftigen, zum jeweiligen Stichtag nicht feststehenden Entwicklungen haben erheblichen Einfluss auf die Höhe der zu erwartenden Rente.

Vor diesem und weiteren Argumenten kommt dementsprechend das erstinstanzliche Finanzgericht Nürnberg zu dem Schluss, dass in der Vorwegnahme künftiger Entwicklungen typisierend dann eine Überversorgung zu sehen ist, die zur Kürzung der Pensionsrückstellung führt. So zumindest, wenn die Versorgungsanwartschaft zusammen mit der Rentenanwartschaft aus der gesetzlichen Rentenversicherung 75 % der am Bilanzstichtag bezogenen Aktivbezüge übersteigt.

Im Hinblick auf die Schwierigkeit, die letzten Aktivbezüge und die zu erwartenden Sozialversicherungsrenten zu schätzen, sagt das Finanzgericht, dass zur Prüfung einer möglichen Überversorgung auf die vom Arbeitgeber während der aktiven Tätigkeit des Begünstigten tatsächlich erbrachten Leistungen abzustellen ist. Im Ergebnis ist daher der Ansatz eines fiktiven Rentenanspruchs abzulehnen, da bei diesem Ansatz zukünftige ungewisse Entwicklungen vorweggenommen werden.

Ob dies jedoch tatsächlich rechtens ist, wird abschließend noch der Bundesfinanzhof unter dem Aktenzeichen I R 42/21 zu prüfen haben. Konkret werden die obersten Finanzrichter der Republik die Rechtsfrage beantworten, ob bei der Prüfung, ob im Rahmen einer Pensionszusage eine Überversorgung und damit eine verdeckte Gewinnausschüttung vorliegt, bei einem sozialversicherungspflichtigen Minderheitsgesellschafter auf einen fiktiven Rentenanspruch abzustellen sein kann oder grundsätzlich nur auf die tatsächlich erreichte Sozialversicherungsrentenanwartschaft abgestellt werden darf.