3. Für Arbeitnehmer: Zur Berücksichtigung von Aufwendungen für ein häusliches Arbeitszimmer

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Mit einer schon älteren Entscheidung vom 3.4.2019 hat der Bundesfinanzhof unter dem Aktenzeichen VI R 46/17 zu den Aufwendungen für ein häusliches Arbeitszimmer einer Flugbegleiterin Stellung genommen. Das Besondere an der Entscheidung: Das Urteil stammt bereits aus April 2019 und war seit dem 25.7.2019 als nicht veröffentliche Entscheidung abrufbar, wurde jedoch nun nachträglich zur amtlichen Veröffentlichung bestimmt.

Grund genug, sich mit der Entscheidung genauer auseinanderzusetzen. Schon im Leitsatz stellen die obersten Finanzrichter klar, dass der Begriff des häuslichen Arbeitszimmers voraussetzt, dass der jeweilige Raum ausschließlich oder nahezu ausschließlich für betriebliche bzw. berufliche Zwecke genutzt wird. Unerheblich ist hingegen, ob ein häusliches Arbeitszimmer für die Tätigkeit überhaupt erforderlich ist. Für die Abzugsfähigkeit von Aufwendungen genügt die Veranlassung durch die Einkünfteerzielung.

Nachdem nun einmal der Tenor des Urteils bekannt ist, lohnt im Weiteren jedoch auch noch ein Blick in die Urteilsbegründung. Hierin heißt es unter anderem: Grundsätzlich kann ein Steuerpflichtiger die Aufwendungen für ein häusliches Arbeitszimmer nicht als Werbungskosten abziehen. Von diesem Grundsatz gibt es jedoch Ausnahmen, und die sind die eigentlich interessante Materie. So gilt der Grundsatz nicht, wenn für die betriebliche oder berufliche Tätigkeit kein anderer Arbeitsplatz zur Verfügung steht. In diesem Fall wird die Höhe der abziehbaren Aufwendungen auf 1.250 Euro im Veranlagungszeitraum begrenzt. Sofern jedoch das Arbeitszimmer sogar den Mittelpunkt der gesamten betrieblichen und beruflichen Betätigung bildet, gilt auch diese Beschränkung nicht, und abweichend vom Grundsatz und der Höchstbetragsregelung können die Aufwendungen für das häusliche Arbeitszimmer unbegrenzt zum Abzug gebracht werden.

Häusliches Arbeitszimmer im Sinne dieser Regelung ist dabei ein Raum, der seiner Ausstattung nach der Erzielung von Einnahmen dient und ausschließlich oder nahezu ausschließlich zur Erzielung von Einkünften genutzt wird. Ein häusliches Arbeitszimmer ist in seiner Lage, Funktion und Ausstattung nach in die häusliche Sphäre des Steuerpflichtigen eingebunden und dient vorwiegend der Erledigung gedanklicher, schriftlicher, verwaltungstechnischer oder organisatorischer Arbeiten. Ein solcher Raum ist typischerweise mit Büromöbeln eingerichtet, wobei der Schreibtisch regelmäßig das zentrale Möbelstück ist. Entspricht ein Raum nach seinem äußeren Bild durch seine Einrichtung mit Büromöbeln dem Typus des Arbeitszimmers, muss er überdies nahezu ausschließlich zur Erzielung von Einkünften genutzt werden.

Aufwendungen für gemischt genutzte Räume, die in die häusliche Sphäre des Steuerpflichtigen eingebunden sind und die sowohl zur Erzielung von Einkünften als auch in mehr als nur untergeordnetem Umfang zu privaten Zwecken genutzt werden, sind hingegen insgesamt nicht abziehbar. Dies geht bereits zurück auf einen Beschluss des Großen Senats vom 24.7.2015 unter dem Aktenzeichen GrS 1/14.

Die einkommensteuerliche Regelung zur Absetzbarkeit des Arbeitszimmers bestimmt dabei abschließend, unter welchen Voraussetzungen und in welcher Höhe Aufwendungen für ein häusliches Arbeitszimmer abziehbar sind. Weitere Voraussetzungen hinsichtlich der Abzugsfähigkeit der Aufwendungen für ein häusliches Arbeitszimmer regelt das Gesetz insoweit nicht. Die Erforderlichkeit ist kein Merkmal des Abzugsbestandes, wie bereits der Bundesfinanzhof in einer Entscheidung vom 8.3.2017 unter dem Aktenzeichen IX R 52/14 mit weiteren Verweisen in dessen Urteilsbegründung herausgearbeitet hat. Der Gesetzgeber kritisiert in der Regelung die Abzugsvoraussetzung für ein häusliches Arbeitszimmer, indem er die Abzugsmöglichkeit auf die zwei im Gesetz genannten Fallgruppen (kein anderer Arbeitsplatz, Mittelpunkt der gesamten betrieblichen und beruflichen Betätigung) begrenzt. Der Steuerpflichtige ist in den vom Gesetz genannten Fallgruppen auf einen häuslichen Arbeitsplatz angewiesen, weshalb das Gesetz typisierend davon ausgeht, dass die Aufwendungen hierfür nahezu ausschließlich betrieblich bzw. beruflich veranlasst sind, obwohl auch in diesen Fällen eine private Nutzung des Raumes nicht überprüft und damit nicht ausgeschlossen werden kann. Den angesprochenen Fallgruppen liegt daher die gesetzgeberische Überlegung zugrunde, dass die Aufwendungen für ein häusliches Arbeitszimmer in diesen Fällen erforderlich sind.

Tatsächlich verwendet das Gesetz den Begriff der Erforderlichkeit oder den Begriff der Notwendigkeit jedoch nicht. Vielmehr typisiert es mit den beiden genannten Fallgruppen die Erforderlichkeit der beruflichen oder betrieblichen Nutzung des Arbeitszimmers, ohne den Begriff der Erforderlichkeit in Gestalt eines unbestimmten Rechtsbegriffs zu einem Tatbestandsmerkmal zu erheben. Ein zusätzliches ungeschriebenes Tatbestandsmerkmal der Erforderlichkeit über die beiden Fälle, in denen die Aufwendungen für ein häusliches Arbeitszimmer überhaupt nur abzugsfähig sind, folgt daher weder aus dem Gesetzeswortlaut noch aus der Gesetzesbegründung. Auch dies haben die obersten Richter der Republik bereits in ihrer vorgenannten Entscheidung vom 8.3.2017 in Rz. 14 der Urteilsbegründung klargestellt. Denn mit den beiden geregelten Fallgruppen sollen gerade Streitigkeiten über die Notwendigkeit eines Arbeitszimmers vermieden werden, wie nicht zuletzt aus der entsprechenden Bundestagsdrucksache zum seinerzeitigen Gesetzentwurf hervorgeht.

Insoweit ist das erstinstanzliche Finanzgericht von anderen (falschen) Grundsätzen ausgegangen. Denn es hat rechtsfehlerhaft die Erforderlichkeit des Arbeitszimmers für die Tätigkeit der Klägerin als maßgebend erachtet. Darauf, dass die Klägerin die Arbeiten, für die kein anderer Arbeitsplatz zur Verfügung stand, am Küchentisch, im Esszimmer oder in einem anderen Raum hätte erledigen können, kommt es schlicht nicht an.

Vorliegend war die Sache dennoch nicht spruchreif. Zwar lässt das oberste Finanzgericht keinen Zweifel daran, dass es auf die Notwendigkeit eines Arbeitszimmers nicht ankommt, jedoch war vorliegend nicht geprüft worden, ob das Arbeitszimmer tatsächlich auch nahezu ausschließlich zur Einkünfteerzielung verwendet wurde oder aber neben der einkünfterelevanten Nutzung auch eine schädliche private Nutzung gegeben war.

Für die Praxis kann daher definitiv abgeleitet werden, dass es vollkommen irrelevant ist, ob ein Arbeitszimmer auch tatsächlich für die Tätigkeiten, die dort erledigt werden, notwendig ist. Eines muss jedoch in der Praxis auch klar sein: Wenn eine Notwendigkeit zumindest nach den allgemeinen Umständen hinterfragt werden kann, wird das Finanzamt umso genauer darauf achten, ob der Raum auch tatsächlich nahezu ausschließlich für die Einkünfteerzielung genutzt wird oder nicht. Die Lebenserfahrung zeigt insoweit, dass wenn ein Raum für die Tätigkeit tatsächlich nicht notwendig ist, häufig auch noch eine anderweitige Nutzung erfolgt. Diese dürfte dann für die Absetzbarkeit der Aufwendungen für das häusliche Arbeitszimmer schädlich sein. Dennoch entscheiden hier die Gegebenheiten des Einzelfalles. Fakt ist und bleibt nach der Entscheidung, dass das Arbeitszimmer nicht notwendig sein muss, damit insoweit der Werbungskostenabzug