6. Für Rentner: Entscheidendes Jahr des Rentenbeginns bei aufgeschobener Altersrente (2. Akt)

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Bereits im April 2023 berichteten wir darüber, dass der Bundesfinanzhof in seinem Urteil vom 31.8.2022 unter dem Aktenzeichen X R 29/20 eine nicht gerade vorteilhafte Entscheidung zum Jahr des Rentenbeginns bei aufgeschobener Altersrente getroffen hat. Nach der Entscheidung gilt: Wird der Beginn des Renteneintritts auf Antrag des Rentenberechtigten zur Erlangung eines höheren Rentenanspruchs über das Erreichen der Regelaltersgrenze hinaus aufgeschoben, ist der Zeitpunkt maßgeblich, den der Rentenberechtigte in Übereinstimmung mit den entsprechenden Rechtsgrundlagen des für ihn geltenden Versorgungssystems als Beginn seiner aufgeschobenen Altersrente bestimmt.
Zum Hintergrund der Entscheidung hier ein kurzer Auszug aus unserem damaligen Beitrag:
Insbesondere Leibrenten, die unter anderem aus den berufsständischen Versorgungswerken erbracht werden, gehören zu den Einkünften aus wiederkehrenden Bezügen im Bereich der sonstigen Einkünfte. Der Anteil der Rente, der der Besteuerung unterliegt, ist dabei nach dem Jahr des Rentenbeginns und dem für dieses Jahr maßgeblichen Prozentsatz entsprechend der Tabelle in § 22 Nummer 1 Satz 3 Buchstabe a Doppelbuchstabe aa Satz 3 des Einkommensteuergesetzes (EStG) zu entnehmen. Der Unterschiedsbetrag zwischen dem Jahresbetrag der Rente und dem der Besteuerung unterliegenden Anteil der Rente ist der steuerfreie Teil der Rente. Dieser gilt ab dem Jahr, das dem Jahr des Rentenbeginns folgt, für die gesamte Laufzeit des Rentenbezuges. Hinsichtlich des Besteuerungsanteils kann daher pauschal festgehalten werden, dass dieser umso niedriger ist, je früher die Rente beginnt. So beträgt der Besteuerungsanteil für 2023 83 % und steigt dann bis ins Jahr 2040 jährlich um einen Prozentpunkt auf bis zu 100 %.
Schon ausweislich der Rechtslage vor Inkrafttreten des Alterseinkünftegesetzes war die Höhe des damals für die Rentenbesteuerung maßgebenden Ertragsanteils vom Beginn der Rente abhängig und in einer Tabelle in § 22 EStG alte Fassung geregelt. Hierzu hatte bereits der Bundesfinanzhof entschieden, dass als Beginn der Rente der Zeitpunkt des Entstehens des Rentenanspruchs (also die Erfüllung seiner Voraussetzungen) anzusehen ist. So beispielsweise in der Ursprungsentscheidung des Bundesfinanzhofs mit Urteil vom 6.4.1976 unter dem Aktenzeichen VIII R 184/72. Soweit ersichtlich, hat der Bundesfinanzhof seine Auffassung zudem mit der Entscheidung vom 14.11.2001 unter dem Aktenzeichen X R 90/98 zuletzt wiederholt.
Zu der ab 2005 durch das Alterseinkünftegesetz geltenden Rechtslage ist dabei die bisherige Rechtsprechung zum damaligen Begriff des „Beginns der Rente“ weiterhin maßgeblich, auch wenn das Einkommensteuergesetz ab dem Jahre 2005 den Begriff „Jahr des Rentenbeginns“ verwendet. Fakt ist nämlich insoweit, dass sich an den Grundlagen auch durch den Systemwechsel aufgrund des Alterseinkünftegesetzes nichts geändert hat und für die Ermittlung des steuerpflichtigen Anteils der Rente weiterhin das Jahr des Rentenbeginns entscheidend ist.
Vor diesem Hintergrund plädierte daher auch der Bundesfinanzhof für die höhere Besteuerung der Rente. Während wir seinerzeit das Urteil noch abgeheftet hatten unter: Ist das Urteil noch so schlecht, der Bundesfinanzhof hat immer recht, könnte sich dies nun ändern. Der Grund: Unter dem Aktenzeichen 2 BvR 2212/22 ist mittlerweile eine Verfassungsbeschwerde beim Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe anhängig, die klären soll, ob bei einer aufgeschobenen Altersrente tatsächlich das Jahr des ursprünglichen Rentenbeginns für die Besteuerung maßgeblich ist.
Betroffene können sich daher an die Verfassungsbeschwerde noch anhängen.