Beiträge zu Krankenversicherungen sind entsprechend der gesetzlichen Regelung in § 10 Abs. 1 Nummer 3 Buchstabe a des Einkommensteuergesetzes (EStG) als Sonderausgaben abziehbar, soweit diese Beiträge zu Erlangung eines der durch das VII. Sozialgesetzbuch bestimmten Sozialhilfe gleichen Versorgungsniveaus erforderlich sind und sofern auf die Leistungen ein Anspruch besteht. Daneben sind ausweislich der gesetzlichen Regelung auch Beiträge zur gesetzlichen Pflegeversicherung (soziale Pflegeversicherung und private Pflegeversicherung) ebenfalls als Sonderausgaben abzugsfähig.
Weitere Voraussetzung für den Sonderausgabenabzug solcher Beiträge ist insbesondere, dass sie an die im Gesetz genannten Versicherungsunternehmen, berufsständischen Versorgungseinrichtungen, Sozialversicherungsträger oder Anbieter im Sinne des § 80 EStG geleistet werden. Bei dieser Aufzählung handelt es sich um die sogenannten begünstigten Versorgungsträger bzw. Beitragsempfänger. Die Abzugsfähigkeit der Beitragsleistung an ein Versicherungsunternehmen setzt dabei außerdem voraus, dass das Versicherungsunternehmen entweder seinen Sitz oder seine Geschäftsleitung in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union oder einem Vertragsstaat des Abkommens über den europäischen Wirtschaftsraum hat und das Versicherungsgeschäft im Inland betreiben darf oder ihm die Erlaubnis zum Geschäftsbetrieb im Inland erteilt ist. Darüber hinaus werden Beiträge nur berücksichtigt, wenn es sich um Beiträge an eine Einrichtung handelt, die eine anderweitige Absicherung im Krankheitsfall oder eine der Beihilfe oder freien Heilfürsorge vergleichbare Absicherung gewährt.
Eine Solidargemeinschaft gehört nicht zu den vorgenannten Versorgungsträgern oder Beitragsempfängern. Selbst wenn sie als Versicherungsunternehmen anzusehen wäre, was im vorliegenden Fall schon nicht gegeben war, wäre Voraussetzung für einen Sonderausgabenabzug, dass sie das Versicherungsgeschäft im Inland betreiben darf oder ihr die Erlaubnis zum Geschäftsbetrieb im Inland erteilt ist. Versicherungsunternehmen bedürfen zum Geschäftsbetrieb der Erlaubnis der Aufsichtsbehörde. Da der Solidargemeinschaft im vorliegenden Streitfall weder eine solche Erlaubnis erteilt war noch die Voraussetzungen etwaiger Ausnahmetatbestände von der Erlaubnispflicht erfüllt waren, durfte sie das Versicherungsgeschäft im Inland nicht betreiben.
Auf Basis dieser Grundsätze kam das Finanzgericht Münster in seiner erstinstanzlichen Entscheidung vom 9.2.2022 unter dem Aktenzeichen 11 K 820/19 E zu dem Schluss, dass eine Solidargemeinschaft in der Rechtsform eines eingetragenen Vereins, deren Mitglieder sich gegenseitig eine umfassende Krankenversorgung zusichern, keine Einrichtung ist, die eine anderweitige Absicherung im Krankheitsfall entsprechend den Regelungen des SGB V gewährt und auf deren Leistungen ein Rechtsanspruch besteht. Wenn die Vereinssatzung keine ausdrücklichen Anspruchsgrundlagen für Leistungen vorsieht, wie es etwa das SGB V für die gesetzliche Krankenversicherung macht, besteht kein Leistungsanspruch, welcher Voraussetzung für die Abziehbarkeit der Beiträge an die Solidargemeinschaft als Sonderausgabe ist. Das erstinstanzliche Gericht hat daher den Sonderausgabenabzug nicht gewährt.
Unter dem Aktenzeichen X R 21/22 wird jedoch der Bundesfinanzhof das letzte Wort haben und klären, ob Beiträge an entsprechende Solidarvereine als Sonderausgabe steuermindernd Berücksichtigung finden dürfen.