Als Schenkung unter Lebenden im Sinne der gesetzlichen Regelung in § 1 Abs. 1 Nummer 2 des Erbschaftsteuergesetzes (ErbStG) gilt gemäß § 7 Abs. 1 Nummer 1 ErbStG jede freigebige Zuwendung unter Lebenden, soweit der Bedachte durch sie auf Kosten des Zuwendenden bereichert wird.
Besteuert wird eine solche Schenkung jedoch nur, wenn zusätzlich auch noch eine Steuerpflicht besteht. Nach § Abs. 2 Abs. 1 Nummer 1 ErbStG tritt die Steuerpflicht grundsätzlich ein, wenn der Schenker zur Zeit der Ausführung der Schenkung oder der Erwerber zur Zeit der Entstehung der Steuer ein Inländer ist. In diesem Fall tritt die Steuerpflicht für den gesamten Vermögensanfall ein, sodass man von der sogenannten unbeschränkten Steuerpflicht spricht. Damit aber nicht genug!
Nach § 2 Abs. 1 Nummer 1 Satz 2 Buchstabe b ErbStG gelten als Inländer auch deutsche Staatsangehörige, die sich nicht länger als fünf Jahre dauernd im Ausland aufgehalten haben, ohne im Inland einen Wohnsitz zu haben.
Mit Blick auf diese Regelung hat bereits das erstinstanzliche Finanzgericht München in einer Entscheidung vom 3.7.2019 unter dem Aktenzeichen 4 K 1286/18 entschieden, dass die Regelung, wonach deutsche Staatsangehörige als Inländer gelten, wenn sie sich nicht länger als fünf Jahre dauernd im Ausland aufgehalten haben, ohne im Inland einen Wohnsitz zu haben, weder verfassungswidrig noch europarechtswidrig ist. Die zuständigen erstinstanzlichen Richter hatten also insoweit an der erweiterten unbeschränkten Steuerpflicht nichts zu bemängeln.
Ebenso sahen es tatsächlich auch ihre höchstrichterlichen Kollegen beim Bundesfinanzhof in München mit Urteil vom 12.10.2022 unter dem Aktenzeichen II R 5/20:
Auch sie erkennen in der sogenannten erweiterten unbeschränkten Schenkungsteuerpflicht keinen Verstoß gegen das Grundgesetz, insbesondere keinen Verstoß gegen den Gleichheitsgrundsatz in Art. 3 Abs. 1 des Grundgesetzes (GG).
Ihrer Meinung nach liegt auch keine Verletzung von Art. 2 Abs. 1 des Grundgesetzes unter dem Aspekt der Ausreisefreiheit vor. Ebenso soll die erweiterte unbeschränkte Schenkungsteuerpflicht auch nicht gegen Unionsrecht verstoßen. Eine Verletzung der unionsrechtlichen Kapitalverkehrsfreiheit soll nicht gegeben sein.
Ein Verstoß gegen die Bestimmungen des Abkommens zwischen der Europäischen Gemeinschaft und ihren Mitgliedstaaten einerseits und der schweizerischen Eidgenossenschaft andererseits über die Freizügigkeit ist aus Sicht des Bundesfinanzhofs auch nicht ersichtlich.
Ausgehend von diesen Aussagen kommt daher auch der Bundesfinanzhof zu der Überzeugung, dass die Regelung verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden ist. Dennoch ist mittlerweile eine Verfassungsbeschwerde gegen die sogenannte erweiterte unbeschränkte Schenkungsteuerpflicht beim Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe anhängig. Unter dem Aktenzeichen 1 BvR 325/23 müssen die Verfassungsrichter der Bundesrepublik Deutschland entscheiden, ob die Regelung tatsächlich im Einklang mit dem Grundgesetz steht.