6. Für Arbeitnehmer und Arbeitgeber: Kein Fahrtenbuch bei Schätzung der Benzinkosten

Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs führt die Überlassung eines betrieblichen Kraftfahrzeugs durch den Arbeitgeber an den Arbeitnehmer für dessen Privatnutzung zu einer Bereicherung des Arbeitnehmers und damit in aller Regel zum Zufluss von Arbeitslohn. Denn der Arbeitnehmer ist um den Betrag bereichert, den er für eine vergleichbare Nutzung aufwenden müsste und den er sich durch die Überlassung des Fahrzeugs durch den Arbeitgeber erspart hat. So bereits der Bundesfinanzhof in einem Beschluss vom 19.4.2021 unter dem Aktenzeichen VI R 43/18.

Der Wert der Nutzung eines betrieblichen Kraftfahrzeugs zu privaten Fahrten und für die Nutzung zu Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte bzw. erster Tätigkeitsstätte ist entsprechend der gesetzlichen Regelung in § 6 Abs. 1 Nummer 4 Satz 2 des Einkommensteuergesetzes (EStG) mittels der Ein-Prozent-Regelung und der 0,03 %-Regelung zu ermitteln. Dieser Wert kann mit dem auf die private Nutzung und die Nutzung zu Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte bzw. erster Tätigkeitsstätte entfallenden Teil der gesamten Kraftfahrzeugaufwendungen angesetzt werden, wenn die durch das Kraftfahrzeug insgesamt entstehenden Aufwendungen durch Belege und das Verhältnis der privaten Fahrten und der Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte bzw. erster Tätigkeitsstätte zu den übrigen Fahrten durch ein ordnungsgemäßes Fahrtenbuch nachgewiesen werden.

Ausweislich des Gesetzeswortlauts ist die Fahrtenbuchmethode daher nicht schon dann anzuwenden, wenn ein ordnungsgemäßes Fahrtenbuch vorgelegt wird, welches das Verhältnis der privaten Fahrten und der Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte bzw. Erster Tätigkeitsstätte zu den übrigen Fahrten nachweist. Denn die gesetzliche Regelung in § 8 Abs. 2 Satz 4 EStG setzt weiter voraus, dass zum einen der Wert der Privatnutzung als Teil der gesamten Kraftfahrzeugaufwendungen angesetzt wird und zum anderen, dass die durch Belege nachzuweisenden Kosten die durch das Kraftfahrzeug insgesamt entstandenen Aufwendungen umfassen. Die Fahrtenbuchmethode gründet damit auf dem Zusammenspiel der Gesamtfahrleistung durch die im Fahrtenbuch selbst vollständig dokumentierten Fahrtstrecken einerseits und einer vollständigen Bemessungsgrundlage dafür andererseits, nämlich dem Ansatz der gesamten Kraftfahrzeugaufwendungen mittels belegmäßiger Erfassung der durch das Fahrzeug insgesamt entstehenden Aufwendungen. So auch bereits zu entnehmen einem Urteil des Bundesfinanzhofs vom 20.3.2014 unter dem Aktenzeichen VI R 35/12.

Eine Schätzung von belegmäßig nicht erfassten Kosten der überlassenen Fahrzeuge schließt die Anwendung der Fahrtenbuchmethode folglich aus. Diese Auffassung ist auch der einschlägigen Literatur und zahlreichen Gesetzeskommentaren zu entnehmen. Entgegen der Auffassung des vorliegend klagenden Steuerpflichtigen gilt dies selbst dann, wenn aufgrund der gewählten Schätzungsgrundlage oder eines Sicherheitszuschlags bei der Bemessung des Nutzungsvorteils nach der Fahrtenbuchmethode vermeintlich höhere Gesamtkosten angesetzt werden, als tatsächlich entstanden sind.

Auf Basis dieser allgemein geltenden Grundsätze kommt vorliegend der Bundesfinanzhof in seiner Entscheidung vom 15.12.2022 unter dem Aktenzeichen VI R 44/20 zu dem Schluss, dass eine Schätzung von belegmäßig nicht nachgewiesenen Aufwendungen (im Urteilsfall ging es ganz konkret um die Benzinkosten) die Anwendung der Fahrtenbuchmethode für die Bemessung des geldwerten Vorteils aus der Überlassung eines betrieblichen Fahrzeuges ausschließt. Für die Praxis kann dies nur bedeuten, dass pingelig darauf zu achten ist, dass sämtliche Benzinkosten (und auch sonst alle anfallenden Kosten des Fahrzeugs) auch belegmäßig nachgewiesen werden können.

Die verfassungsrechtlichen Bedenken des hier klagenden Steuerpflichtigen in Bezug auf eine Übermaßbesteuerung in den Fällen, in denen der zu versteuernde Nutzungsvorteil wegen fehlender Belege nicht nach der Fahrtenbuchmethode bewertet werden kann, sondern zwingend nach Maßgabe der Ein-Prozent-Regelung einzusetzen ist, teilte der Bundesfinanzhof vorliegend nicht.

Vielmehr erkannte er die Regelung auch unter Berücksichtigung des Belegerfordernisses als verfassungsrechtlich unbedenklich. Der Bundesfinanzhof hat insoweit bereits mehrfach entschieden, dass die Ein-Prozent-Regelung verfassungskonform ist, weil der Steuerpflichtige zwischen dieser grob typisierenden Regelung und der Fahrtenbuchmethode, nach der eine Bewertung des vom Arbeitgeber zugewandten Nutzungsvorteils nach Maßgabe der tatsächlich entstandenen Kosten erfolgt, wählen kann. Dieses Wahlrecht wird durch das geregelte Nachweisverlangen nicht beeinträchtigt. Vielmehr kann eine zutreffende Bewertung des Nutzungsvorteils anhand der gesamten Kraftfahrzeugaufwendungen nur gelingen, wenn diese auch belastbar erfasst werden. Dem trägt der Gesetzgeber Rechnung, wenn er hierfür einen Nachweis mittels belegmäßiger Erfassung anordnet. Dies erkennt der Bundesfinanzhof im Regelfall sowohl als möglich als auch als zumutbar an.