6. Für Arbeitnehmer: Berücksichtigung von Fahrtkosten bei einem weiträumigen Tätigkeitsgebiet

Grundsätzlich sind beruflich veranlasste Fahrtkosten Erwerbsaufwendungen, die als Werbungskosten berücksichtigt werden können. Fraglich ist häufig, in welcher Höhe sie berücksichtigt werden können.

Handelt es sich bei den Aufwendungen des Arbeitnehmers um solche für die Wege zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte, ist zu der Abgeltung für jeden Arbeitstag, an den der Arbeitnehmer die erste Tätigkeitsstätte aufsucht, grundsätzlich eine Entfernungspauschale für jeden vollen Kilometer der Entfernung zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte von 30 Cent anzusetzen. So geregelt in § 9 Absatz 1 Satz 3 Nummer 4 Satz 1 und 2 des Einkommensteuergesetzes (EStG).

Hat ein Arbeitnehmer keine erste Tätigkeitsstätte und hat er nach den dienstrechtlichen oder arbeitsrechtlichen Festlegungen sowie den diese ausfüllenden Absprachen und Weisungen zur Aufnahme seiner beruflichen Tätigkeit dauerhaft denselben Ort oder dasselbe weiträumigen Tätigkeitsgebiet typischerweise arbeitstäglich aufzusuchen, gilt die vorgenannte Regelung über die Entfernungspauschale für die Fahrten von der Wohnung zu diesem Ort oder dem zur Wohnung nächstgelegene Zugang zum Tätigkeitsgebiet entsprechend. Für die Fahrten innerhalb des weiträumigen Tätigkeitsgebiet gelten § 9 Absatz 1 Satz 3 Nummer 4a Satz 1 und 2 EStG entsprechend, nachdem die tatsächlichen Aufwendungen für die Fahrten oder die pauschalen Kilometersätze angesetzt werden können, die für das jeweils benutzte Beförderungsmittel als höchste Wegstreckenentschädigung nach dem Bundesreisekostengesetz festgesetzt sind.

Ein Tätigwerden in einem weiträumigen Tätigkeitsgebiet liegt jedoch nur vor, wenn der Arbeitnehmer die vertraglich vereinbarte Arbeitsleistung auf einer festgelegten Fläche und nicht innerhalb einer ortsfesten betrieblichen Einrichtung des Arbeitgebers, eines verbundenen Unternehmers oder einem vom Arbeitgeber bestimmten Dritten auszuüben hat. Arbeitnehmer, die ihrer eigentlichen Tätigkeit in einer ortsfesten betrieblichen Einrichtung nachgehen, werden von den Vorschriften folglich nicht erfasst, auch wenn Ihnen ein bestimmtes Tätigkeitsgebiet zugewiesen ist und sie dort in verschiedenen ortsfesten betrieblichen Einrichtungen tätig werden.

Vor diesem Hintergrund hat der Bundesfinanzhof in einer Entscheidung vom 15.2.2023 unter dem Aktenzeichen VI R 4/21 entschieden, dass ein Tätigwerden in einem weiträumigen Tätigkeitsgebiet nur vorliegt, wenn der Arbeitnehmer die vertraglich vereinbarte Arbeitsleistung auf einer festgelegten Fläche und nicht innerhalb einer ortsfesten betrieblichen Einrichtung des Arbeitgebers, eines verbundenen Unternehmens oder bei einem vom Arbeitgeber bestimmten Dritten auszuüben hat.

Der vorliegende Fall drehte sich um die steuerliche Berücksichtigung von Fahrtkosten eines Hafenarbeiters, der im Hamburger Hafen tätig ist. Der Kläger war bei der A KG beschäftigt und erzielte Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit. Sein Arbeitsvertrag bezog sich auf den Rahmenvertrag für Hafenarbeiter der deutschen Seehafenbetriebe. Der Kläger wurde bei verschiedenen Hafeneinzelbetrieben im Hamburger Hafen eingesetzt.

Die zentrale Frage war, ob der Kläger in einem weiträumigen Tätigkeitsgebiet tätig war und ob seine Fahrtkosten steuerlich berücksichtigt werden konnten.

Das Finanzamt berücksichtigte zunächst die Fahrtkosten des Klägers erklärungsgemäß. Die Kläger legten jedoch Einspruch ein, da sie die tatsächlichen Kosten für die Fahrten zwischen Wohnung und Hafenzufahrt geltend machen wollten. Das Finanzamt wies den Einspruch zurück, woraufhin die Kläger Klage erhoben.

Das Finanzgericht wies die Klage ab, da es der Ansicht war, dass der Kläger aufgrund seiner täglichen Arbeit im Hamburger Hafen das gleiche weiträumige Tätigkeitsgebiet aufsuchen musste. Daher könnten die Fahrten zwischen Wohnung und Hafenzugang nur mit der Entfernungspauschale berücksichtigt werden.

Die Kläger legten daraufhin Revision ein und argumentierten, dass ihre tatsächlichen Fahrtkosten bei den Werbungskosten berücksichtigt werden sollten. Der Bundesfinanzhof gab der Revision statt und hob die Vorentscheidung auf. Die obersten Finanzrichter der Republik entschieden, dass die Aufwendungen des Klägers für die Fahrten in tatsächlicher Höhe als Werbungskosten bei seinen Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit abzugsfähig waren.

Der Bundesfinanzhof betonte, dass ein weiträumiges Tätigkeitsgebiet nur dann vorliegt, wenn der Arbeitnehmer seine Arbeitsleistung auf einer festgelegten Fläche erbringt und nicht in einer ortsfesten betrieblichen Einrichtung tätig ist. Da der Kläger in verschiedenen ortsfesten betrieblichen Einrichtungen von Kunden seines Arbeitgebers tätig wurde, lag kein weiträumiges Tätigkeitsgebiet vor.

Insgesamt zeigt dieser Fall die Bedeutung der genauen Definition eines weiträumigen Tätigkeitsgebiets für die steuerliche Berücksichtigung von Fahrtkosten und verdeutlicht, wie die rechtlichen Bestimmungen in solchen Fällen angewendet werden.