Mit Urteil vom 9.8.2023 hat der Bundesfinanzhof unter dem Aktenzeichen VI R 10/21 klargestellt, dass Sachzuwendungen eines Unternehmers, die der Pflege der Geschäftsbeziehung dienen, unter den im Folgenden genannten Voraussetzungen nicht pauschaliert lohnbesteuert werden müssen.
Konkret ging es um die Frage, ob Sachzuwendungen eines Kreditinstituts an Privatkunden, die der allgemeinen Kundenpflege dienen, der Pauschalversteuerung nach § 37b Abs. 1 des Einkommensteuergesetzes (EStG) unterliegen. Das Urteil bietet eine umfassende Klarstellung, unter welchen Umständen solche Zuwendungen als steuerpflichtig anzusehen sind und in welchen Fällen die Anwendung der Pauschalversteuerung nicht infrage kommt. Insoweit ist die Gesamtlektüre der Entscheidung in vergleichbaren Fällen sehr zu empfehlen.
Im zugrunde liegenden Fall hatte ein Kreditinstitut vermögende Privatkunden zu zwei exklusiven Veranstaltungen eingeladen. Die erste Veranstaltung war eine Schifffahrt mit einer Weinprobe, die zweite ein Golfturnier. Beide Veranstaltungen wurden organisiert, um die Kundenbeziehung zu stärken und die Kundenzufriedenheit zu erhöhen, jedoch ohne dabei gezielt bestimmte Finanzprodukte oder Dienstleistungen zu bewerben. Den Kunden wurden die Einladungen ausgehändigt, ohne dass diese an konkrete Beratungsgespräche oder Produktangebote geknüpft waren. Die Kunden, die eingeladen wurden, waren alle in irgendeiner Form Kunden des Kreditinstituts, sei es durch ein Spar- oder Girokonto oder durch Investitionen in Wertpapiere oder andere Finanzprodukte.
Das Kreditinstitut entschied sich, die Kosten dieser Veranstaltungen pauschal zu versteuern und meldete diese entsprechend bei der Finanzbehörde an, indem es die Regelungen des § 37b EStG anwendete. Diese Vorschrift ermöglicht es, bestimmte Sachzuwendungen, die ein Unternehmen seinen Kunden oder Geschäftspartnern zukommen lässt, pauschal zu versteuern, um die Verwaltung zu vereinfachen. Diese Entscheidung des Kreditinstituts wurde jedoch im Rahmen einer Lohnsteuer-Außenprüfung durch das zuständige Finanzamt infrage gestellt. Das Finanzamt hob die Steueranmeldungen auf, was zur Folge hatte, dass das Kreditinstitut Einspruch einlegte. Nachdem der Einspruch abgewiesen wurde, zog das Kreditinstitut vor das Finanzgericht Baden-Württemberg, welches zugunsten des Kreditinstituts entschied. Das Finanzamt akzeptierte dieses Urteil jedoch nicht und legte Revision beim Bundesfinanzhof ein.
Das oberste Finanzgericht stellte in seiner Entscheidung klar, dass die Pauschalversteuerung nach § 37b EStG nur dann anwendbar ist, wenn die Zuwendungen beim Empfänger zu einkommensteuerbaren und einkommensteuerpflichtigen Einkünften führen. In diesem Fall waren die eingeladenen Kunden des Kreditinstituts jedoch Privatpersonen, die die Zuwendungen nicht in Verbindung mit ihrer beruflichen Tätigkeit erhielten. Es handelte sich um keine direkten Entgelte für ihre Kapitalanlagen oder für die Überlassung von Kapital an die Bank, sodass diese Zuwendungen nicht als einkommensteuerpflichtige Einkünfte angesehen werden konnten. Da die Zuwendungen keinen unmittelbaren Zusammenhang mit den Kapitalanlagen der Kunden hatten und nicht als zusätzliche Vergütungen für ihre Investitionen betrachtet werden konnten, entschied der Bundesfinanzhof, dass es sich hierbei nicht um Einkünfte aus Kapitalvermögen im Sinne des § 20 EStG handelt.
Darüber hinaus stellten die obersten Finanzrichter fest, dass die Zuwendungen auch keine steuerbaren Geschenke im Sinne des § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 1 EStG darstellen. Diese Vorschrift besagt, dass Aufwendungen für Geschenke an Personen, die nicht Arbeitnehmer des Unternehmens sind, steuerlich nur begrenzt abziehbar sind. Da die streitigen Zuwendungen jedoch nicht als Geschenke in diesem Sinne einzustufen waren, schloss der Bundesfinanzhof auch die Möglichkeit einer Pauschalversteuerung nach § 37b Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG aus. Die obersten Finanzrichter der Republik bestätigte somit das Urteil des erstinstanzlichen Finanzgerichts Baden-Württemberg und wies die Revision des Finanzamts zurück.
Die vorliegende Entscheidung verdeutlicht, dass allgemeine Sachzuwendungen, die der Kundenpflege und Kundenbindung dienen, nicht der Pauschalversteuerung nach § 37b EStG unterliegen, wenn sie keinen direkten Bezug zu den Kapitalanlagen der Kunden haben und nicht als zusätzliche Vergütungen für diese betrachtet werden können. Für das Kreditinstitut bedeutet dies, dass es keine Pauschalsteuer für diese Zuwendungen entrichten muss. Die Entscheidung des Bundesfinanzhofes bestätigt die Auffassung des FG Baden-Württemberg, dass die hier streitigen Sachzuwendungen nicht als einkommensteuerpflichtig anzusehen sind.
Insgesamt bietet das Urteil, wie eingangs schon betont, eine wichtige Orientierung für Unternehmen, die ihren Kunden ähnliche Zuwendungen zukommen lassen, und schafft Klarheit darüber, in welchen Fällen eine Pauschalversteuerung nach § 37b EStG in Betracht kommt und wann nicht. Ebenso zeigt es, dass die Finanzverwaltung erst mal alles besteuern möchte.