Die erweiterte Gewerbeertragskürzung nach § 9 Nr. 1 Satz 2 des Gewerbesteuergesetzes (GewStG) ist eine steuerliche Regelung, die es bestimmten Unternehmen ermöglicht, ihre Gewerbesteuerlast zu reduzieren. Diese Regelung ist besonders relevant für Unternehmen, die ausschließlich eigenen Grundbesitz oder neben eigenem Grundbesitz eigenes Kapitalvermögen verwalten und nutzen.
Nach § 9 Nr. 1 Satz 1 GewStG wird die Summe des Gewinns und der Hinzurechnungen zunächst um 1,2 % des Einheitswerts des zum Betriebsvermögen des Unternehmers gehörenden und nicht von der Grundsteuer befreiten Grundbesitzes gekürzt. Dies wird als einfache Kürzung bezeichnet.
Anstelle dieser einfachen Kürzung kann auf Antrag des Steuerpflichtigen die erweiterte Kürzung nach § 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG in Anspruch genommen werden. Diese erweiterte Kürzung ermöglicht es, den Gewerbeertrag um den Teil zu kürzen, der auf die Verwaltung und Nutzung des eigenen Grundbesitzes entfällt. Dies gilt jedoch nur für Unternehmen, die ausschließlich eigenen Grundbesitz oder neben eigenem Grundbesitz eigenes Kapitalvermögen verwalten und nutzen oder daneben Wohnungsbauten betreuen oder Einfamilienhäuser, Zweifamilienhäuser oder Eigentumswohnungen errichten und veräußern. Dieses Ausschließlichkeitsgebot ist daher eine zentrale Voraussetzung der Vorschrift. Danach darf das Unternehmen nur die in § 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG genannten Tätigkeiten ausüben. Jede andere Tätigkeit, die nicht ausdrücklich erlaubt ist, kann die erweiterte Kürzung gefährden. Dabei spielt es auch keine Rolle, ob diese Tätigkeiten entgeltlich oder unentgeltlich erfolgen.
Der Zweck dieser erweiterten Kürzung besteht darin, eine doppelte Besteuerung desselben Wirtschaftsguts durch die Grundsteuer und die Gewerbesteuer zu vermeiden. Zudem soll die Regelung sicherstellen, dass Unternehmen, die nur aufgrund ihrer Rechtsform gewerbesteuerpflichtig sind, nicht benachteiligt werden, wenn sie ausschließlich Grundbesitz verwalten und nutzen.
Eine mit dem Ausschließlichkeitsgebot einhergehende steuerliche Problemstellung in einem Sachverhalt vor dem Finanzgericht Baden-Württemberg betraf die Frage, ob das bloße Halten von Oldtimerfahrzeugen als Kapitalanlage durch eine GmbH die Voraussetzungen für die erweiterte Kürzung nach § 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG erfüllt oder nicht.
Im Streitfall handelt es sich um eine GmbH, die eigenes Immobilienvermögen hält und verwaltet. Insoweit hätte die Gesellschaft Anspruch auf die erweiterte Kürzung. Zusätzlich befinden sich im betrieblichen Anlagevermögen allerdings zwei Oldtimer, die als Wertanlage mit Gewinnerzielungsabsicht angeschafft wurden. Diese Oldtimer wurden in den Jahren 2011 und 2012 erworben, jedoch wurden mit ihnen bislang keine Erträge erzielt. In ihren Gewerbesteuererklärungen für die Streitjahre 2016 bis 2020 beantragte die Klägerin die erweiterte Kürzung nach § 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG, was zunächst auch seitens des Finanzamtes berücksichtigt wurde.
Später jedoch änderte der Fiskus seine Meinung und versagte die erweiterte Kürzung mit der Begründung, dass das Halten der Oldtimer die von § 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG geforderte Ausschließlichkeit nicht mehr erfülle. Die Klägerin argumentierte dagegen, dass die Nutzung von Anlagevermögen keine Tätigkeit darstelle und, solange die Fahrzeuge nicht veräußert würden, keine schädlichen Einkünfte entstünden. Das Finanzamt hingegen vertrat die Auffassung, dass das Halten der Oldtimer als Wertanlage eine schädliche Tätigkeit darstelle, da es sich um originär gewerbliche Einkünfte handele, die bei Veräußerung erzielt würden.
Leider konnte sich die Gesellschaft mit ihrer Argumentation nicht durchsetzen. Das Finanzgericht Baden-Württemberg entschied am 28.3.2023 unter dem Aktenzeichen 6 K 878/22, dass die erweiterte Kürzung nach § 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG nicht gewährt werden kann, wenn eine GmbH neben der Verwaltung und Nutzung eigenen Grundbesitzes auch andere Tätigkeiten ausübt, die nicht in § 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG genannt sind.
Das Gericht stellte fest, dass sämtliche nicht in § 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG genannten Tätigkeiten grundsätzlich kürzungsschädlich sind, unabhängig davon, ob sie entgeltlich oder unentgeltlich erfolgen. Der Wortlaut des Gesetzes und der Normzweck sprechen dafür, dass auch unentgeltliche Tätigkeiten dem Erfordernis der Ausschließlichkeit unterfallen.
Das erstinstanzliche Gericht führte weiter aus, dass der Gesetzgeber mit der erweiterten Kürzung eine Freistellung von der Gewerbesteuer nur für vermögensverwaltende Grundstücksunternehmen erreichen wollte, um eine rechtsformbedingte Gewerbesteuerpflicht zu vermeiden. Das Halten der Oldtimer zur Kapitalanlage überschreitet den Rahmen der privaten Vermögensverwaltung und ist daher als potenziell schädlich für die erweiterte Kürzung einzuordnen. Eine Doppelbesteuerung durch die Grundsteuer greift in diesem Fall nicht, da die Oldtimer nicht der Grundsteuer unterliegen.
Das Finanzgericht kam insoweit zu dem Schluss, dass die Klägerin in den Streitjahren eine Tätigkeit ausgeübt hat, die nicht in dem Katalog der unschädlichen Tätigkeiten des § 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG enthalten ist. Daher ist die erweiterte Kürzung zu versagen. Die Revision wurde allerdings wegen der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache zugelassen.
Erfreulicherweise haben die Kläger auch den Revisionszug bestiegen. Unter dem Aktenzeichen III R 23/23 müssen nun die obersten Richter der Republik klären, ob allein das bloße Halten von Oldtimerfahrzeugen (als Kapitalanlage) kürzungsschädlich im Sinne des § 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG ist. Mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit werden wir wieder über die Entscheidung der obersten Finanzrichter berichten.