8. Für Erbbauberechtigte: Bemessungsgrundlage der Grunderwerbsteuer bei Verlängerung eines Erbbaurechts

Wenn ein Erbbaurecht verlängert wird, stellt sich die steuerrechtlich bedeutsame Frage, wie die Bemessungsgrundlage für die Grunderwerbsteuer zu ermitteln ist. Im Mittelpunkt steht dabei, ob und inwieweit der für den Verlängerungszeitraum vereinbarte Erbbauzins in kapitalisierter Form und gegebenenfalls zeitlich abgezinst in die Steuerberechnung einzubeziehen ist. Die steuerliche Problematik betrifft insbesondere die Bewertung der Gegenleistung im Sinne des § 8 Absatz 1 des Grunderwerbsteuergesetzes (GrEStG) bei einer Laufzeitverlängerung, die im rechtlichen Ergebnis einen neuen Erwerbsvorgang darstellt.

In einem aktuell entschiedenen Fall war die Klägerin Inhaberin eines Teilerbbaurechts, das ihr insbesondere die Nutzung und Vermietung eines auf dem Grundstück errichteten Hotels gestattete. Ursprünglich war dieses Erbbaurecht bis zum 31.12.2070 befristet. Der Erbbauzins belief sich auf jährlich 302.928,36 DM zuzüglich Umsatzsteuer. Um eine wirtschaftlich sinnvolle Umnutzung des Hotels zu ermöglichen, etwa durch neue Markenpartnerschaften und umfangreiche bauliche Veränderungen, vereinbarte die Klägerin mit der Grundstückseigentümerin am 13.8.2018 eine Verlängerung des Erbbaurechts um weitere 44 Jahre bis zum 31.12.2114. Zugleich wurde ein neuer, deutlich höherer einheitlicher jährlicher Erbbauzins in Höhe von 3.369.563,09 Euro vereinbart. Zusätzlich verpflichtete sich die Klägerin zu einer einmaligen Zahlung von 10,4 Millionen Euro, unter anderem zur Ablösung einer Grundschuld und zur Erleichterung der künftigen Finanzierung.

Das zuständige Finanzamt betrachtete sowohl die Einmalzahlung als auch den kapitalisierten Erbbauzins als Gegenleistung für den verlängerten Nutzungszeitraum und setzte auf dieser Grundlage die Grunderwerbsteuer zunächst auf rund 4,86 Millionen Euro fest. Nach teilweiser Berücksichtigung eines Einspruchs wurde die Steuer auf rund 4,04 Millionen Euro reduziert. Die Klägerin hielt diese Besteuerung jedoch weiterhin für überhöht und zog vor Gericht. Das Hessische Finanzgericht gab der Klage insoweit statt, als es die Einmalzahlung nicht in die Bemessungsgrundlage einbezog, erkannte jedoch den kapitalisierten Erbbauzins für die verlängerte Laufzeit als rechtmäßig an. Die Klägerin verfolgte ihre Auffassung im Revisionsverfahren weiter und begehrte, die Steuer auf lediglich 208.544 Euro herabzusetzen, insbesondere weil sie der Meinung war, der Erbbauzins müsse auf den Zeitpunkt der Vertragsänderung im Jahr 2018 abgezinst werden.

Die obersten Finanzrichter des Bundesfinanzhofs bestätigten mit Urteil vom 10.7.2024 unter dem Aktenzeichen II R 3/22 die Entscheidung der Vorinstanz in vollem Umfang. Sie stellten klar, dass eine Verlängerung eines Erbbaurechts der Grunderwerbsteuer unterliegt, da es sich um einen eigenständigen Erwerbsvorgang im Sinne des § 1 Absatz 1 Nummer 1 in Verbindung mit § 2 Absatz 2 Nummer 1 des GrEStG handelt. Das verlängerte Erbbaurecht ist eine neue, grundstücksgleiche Belastung und deshalb steuerlich wie ein eigenständiger Grundstückserwerb zu behandeln. Maßgeblich ist dabei die Gegenleistung, die in Form des vereinbarten Erbbauzinses zu kapitalisieren ist.

Die Bemessungsgrundlage für die Grunderwerbsteuer ergibt sich daher gemäß § 8 Absatz 1 GrEStG in Verbindung mit § 13 Absatz 1 Bewertungsgesetz (BewG) aus dem Kapitalwert der Erbbauzinsverpflichtung. Zur Anwendung kommt dabei der in Anlage 9a zum Bewertungsgesetz geregelte Vervielfältiger, der bei einer Laufzeit von 44 Jahren einen Faktor von 16,910 ergibt. Multipliziert mit dem vereinbarten jährlichen Erbbauzins ergab sich so ein Kapitalwert von 56.979.310 Euro, der als Bemessungsgrundlage heranzuziehen war.

Entscheidend war weiter, dass eine Abzinsung dieses Kapitalwerts auf den Zeitpunkt der Vertragsänderung im Jahr 2018 rechtlich ausgeschlossen ist. Nach Ansicht des Bundesfinanzhofs greift die Regelung des § 12 Absatz 3 Satz 1 BewG nur dann, wenn eine zinslose Stundung der Leistungspflicht vorliegt. Dies ist hier jedoch nicht der Fall, da sowohl die Nutzung durch den Erbbauberechtigten als auch die Pflicht zur Zahlung des Erbbauzinses erst ab dem Beginn des Verlängerungszeitraums wirksam werden. Es liegt ein gleichzeitiger Leistungsaustausch vor, weshalb keine Partei in Vorleistung tritt. Ein solcher Austausch Zug um Zug schließt die Annahme eines zinslosen Zahlungsaufschubs und damit auch eine steuerlich relevante Abzinsung aus.

Auch § 13 Absatz 3 BewG, wonach unter bestimmten Bedingungen der gemeine Wert angesetzt werden kann, führt im vorliegenden Fall nicht zu einer abweichenden steuerlichen Bewertung. Es fehlt an einem zeitlichen Zahlungsaufschub, der einen niedrigeren gemeinen Wert rechtfertigen könnte.

Die Klägerin konnte sich ferner nicht auf frühere Entscheidungen stützen, etwa auf das Urteil des Bundesfinanzhofs vom 24.2.1982 unter dem Aktenzeichen II R 4/81, da dieses auf einer inzwischen überholten Rechtsauffassung beruhte. Seit dem grundlegenden Urteil vom 18.8.1993 unter dem Aktenzeichen II R 10/90 gilt die Verlängerung eines Erbbaurechts als eigenständiger Erwerbsvorgang und nicht mehr als nachträgliche Ergänzung des ursprünglichen Rechtsgeschäfts.

Insgesamt betonte der Bundesfinanzhof, dass die gesetzlich vorgesehene Kapitalisierung der Erbbauzinsverpflichtung für den Verlängerungszeitraum abschließend ist. Eine zusätzliche Abzinsung auf den Zeitpunkt des Vertragsschlusses ist weder vom Gesetz vorgesehen noch sachlich gerechtfertigt, da die gegenseitigen Verpflichtungen erst im verlängerten Nutzungszeitraum beginnen. Die Revision wurde daher vollumfänglich zurückgewiesen.