8. Für Betreiber eine Photovoltaikanlage: Rückgängigmachung eines Investitionsabzugsbetrags für eine nachträglich steuerbefreite Photovoltaikanlage

Die steuerliche Behandlung von Photovoltaikanlagen hat in den letzten Jahren durch gesetzliche Änderungen erhebliche Veränderungen erfahren. Besonders die Steuerbefreiung für bestimmte Photovoltaikanlagen, die durch das Jahressteuergesetz 2022 eingeführt wurde, wirft Fragen im Zusammenhang mit zuvor gewährten steuerlichen Vergünstigungen auf. Eine zentrale Problematik betrifft dabei die Rückgängigmachung von Investitionsabzugsbeträgen, die ursprünglich für die Anschaffung solcher Anlagen in Anspruch genommen wurden.

Das Finanzgericht Köln hatte sich daher in seinem Beschluss vom 14.3.2024 unter dem Aktenzeichen 7 V 10/24 mit der Frage zu befassen, ob die nachträgliche Steuerbefreiung nach § 3 Nr. 72 des Einkommensteuergesetz (EStG) dazu führt, dass zuvor gewährte Investitionsabzugsbeträge rückgängig gemacht werden müssen.

Zum Sachverhalt: Der Antragsteller erzielte im Jahr 2021 Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit und erklärte erstmals Einkünfte aus Gewerbebetrieb, da er die Anschaffung einer Photovoltaikanlage plante. Im Rahmen seiner Einkommensteuererklärung machte er einen Investitionsabzugsbetrag nach § 7g EStG geltend, um die Steuerlast durch eine gewinnmindernde Rücklage zu reduzieren. Das Finanzamt gewährte diesen Abzugsbetrag zunächst und setzte die Einkommensteuer entsprechend herab. Im November 2022 erfolgte dann die Anschaffung der Photovoltaikanlage mit einer Leistung von 11,2 kWp.

Mit dem Jahressteuergesetz 2022 wurde § 3 Nr. 72 Einkommensteuergesetz eingeführt, der rückwirkend zum 1.1.2022 eine Steuerbefreiung für Einkünfte aus dem Betrieb bestimmter Photovoltaikanlagen vorsieht. Aufgrund dieser Steuerbefreiung stellte das Finanzamt fest, dass der Antragsteller keine Gewinnermittlung mehr erstellen muss. Da eine Hinzurechnung des Investitionsabzugsbetrags nach § 7g Abs. 2 Einkommensteuergesetz nur bei der Erstellung einer Gewinnermittlung möglich ist, nahm das Finanzamt mit Bescheid vom 21.11.2023 eine rückwirkende Korrektur der Steuerfestsetzung für 2021 vor und machte den Investitionsabzugsbetrag rückgängig. Dies führte zu einer höheren Steuerlast für den Antragsteller.

Dagegen legte der Antragsteller Einspruch ein und beantragte gleichzeitig die Aussetzung der Vollziehung. Er argumentierte, dass die nachträgliche Steuerbefreiung eine unzulässige rückwirkende Änderung darstelle, die sein Vertrauen in die Steuerplanung verletze. Er habe seine Investitionsentscheidung auf Grundlage der damals geltenden steuerlichen Regelungen getroffen und sei nun nachträglich benachteiligt. Zudem verstoße die Rückgängigmachung des Investitionsabzugsbetrags gegen den Gleichheitsgrundsatz, da andere Anlagenbetreiber, die ihre Photovoltaikanlage vor dem 31.12.2021 erworben hätten, von der Steuerbefreiung nicht betroffen seien und den Abzugsbetrag behalten dürften.

Das Finanzamt hielt (wie nicht schwer nachvollziehbar ist) dagegen, dass die Steuerbefreiung dazu führe, dass die betreffenden Einkünfte nicht mehr der Besteuerung unterliegen und somit auch keine gewinnwirksame Hinzurechnung des Investitionsabzugsbetrags mehr erfolgen könne. Nach § 7g Abs. 3 Satz 2 Einkommensteuergesetz müsse der Abzugsbetrag daher rückgängig gemacht werden. Diese Vorgehensweise entspreche der bisherigen Verwaltungspraxis und sei durch das Schreiben des Bundesministeriums der Finanzen vom 17.7.2023 bestätigt worden.

Das Finanzgericht Köln wies den Antrag auf Aussetzung der Vollziehung zurück. Es sah keine ernstlichen Zweifel an der Rechtmäßigkeit des Bescheides und bestätigte, dass die Rückgängigmachung des Investitionsabzugsbetrags zu Recht erfolgte. Nach § 7g Abs. 3 Satz 2 EStG ist eine Steuerfestsetzung zu ändern, wenn ein Investitionsabzugsbetrag nicht innerhalb der vorgesehenen Frist gewinnwirksam hinzugerechnet wurde. Da die Steuerbefreiung nach § 3 Nr. 72 Einkommensteuergesetz dazu führt, dass der Antragsteller keine Gewinnermittlung mehr vorlegen darf, ist eine Hinzurechnung ausgeschlossen und der Abzugsbetrag rückwirkend zu streichen. Das Finanzgericht verwies auf die Entscheidung des Bundesfinanzhofs vom 3.12.2019 unter dem Aktenzeichen X R 11/19, wonach Investitionsabzugsbeträge auch dann rückgängig zu machen sind, wenn sich die steuerlichen Verhältnisse nachträglich ändern und eine Hinzurechnung nicht mehr möglich ist.

Das Gericht sah auch keinen Verstoß gegen das Rückwirkungsverbot oder den Vertrauensschutz oder eine andere grundgesetzliche Regelung. Vielmehr stellten die Richter klar, dass die Steuerbefreiung für Photovoltaikanlagen eine begünstigende Regelung darstelle und damit keine unzulässige rückwirkende Belastung für den Steuerpflichtigen entstehe. Zwar könnten durch die Steuerbefreiung indirekt nachteilige Effekte wie die Rückgängigmachung des Investitionsabzugsbetrags auftreten, doch handele es sich dabei lediglich um eine Reflexwirkung der neuen Regelung. Die bloße Erwartung, dass eine steuerliche Förderung unverändert bestehen bleibt, genieße keinen besonderen verfassungsrechtlichen Schutz.

Auch ein besonderes Aussetzungsinteresse des Antragstellers erkannte das Finanzgericht nicht. Es stellte fest, dass die Rückgängigmachung des Investitionsabzugsbetrags für den Antragsteller keine existenzgefährdenden oder irreparablen Nachteile nach sich ziehe. Eine Aussetzung der Vollziehung würde hingegen dazu führen, dass die Norm des § 3 Nr. 72 EStG insgesamt infrage gestellt würde, was für eine Vielzahl von Steuerpflichtigen zu Unsicherheiten führen könnte.

Die Entscheidung des Finanzgerichts Köln bestätigt somit die bisherige Verwaltungspraxis, wonach Investitionsabzugsbeträge rückgängig zu machen sind, wenn aufgrund einer späteren Steuerbefreiung keine Gewinnerzielung mehr nachzuweisen ist. Das Gericht ließ jedoch die Beschwerde zum Bundesfinanzhof zu, da die Frage grundsätzliche Bedeutung hat und bislang nicht abschließend höchstrichterlich geklärt ist. Das Revisionsverfahren wird unter dem Aktenzeichen III B 24/24 geführt.