2. Für alle Steuerpflichtigen: Sonderausgabenabzug von Kirchensteuer, die der Arbeitnehmer aufgrund eines Rückgriffsanspruchs erstattet

Zu den als Sonderausgaben abzugsfähigen Kirchensteuern gehören nur solche Geldleistungen, die von den als Körperschaften des öffentlichen Rechts anerkannten Religionsgemeinschaften von ihren Mitgliedern aufgrund gesetzlicher Bestimmungen erhoben werden.

Abzugsberechtigt im Bereich der Sonderausgaben ist nur der sich aus den öffentlich-rechtlichen Regelungen ergebende Steuerschuldner, soweit er die Kirchensteuer auch tatsächlich getragen hat. Diese Auffassung ist in der Literatur unumstritten.

Kirchensteuerpflichtig sind lediglich Personen, die einer steuererhebungsberechtigten Kirche angehören. Keiner Kirche steht ein Besteuerungsrecht gegenüber Nichtmitgliedern zu. Dementsprechend ist nur der gesetzliche Kirchensteuerschuldner zum Abzug seiner Kirchensteuer berechtigt. Der Steuerpflichtige muss die Kirchensteuern selbst schulden, wenn er sie entsprechend den einkommensteuerlichen Regelungen in § 10 Abs. 1 Satz 1 Nummer 4 des Einkommensteuergesetzes (EStG) als Sonderausgaben abziehen möchte. Nur in seiner Person kann die gezahlte Kirchensteuer eine unvermeidbare (zwangsläufige) Ausgabe sein, die zum Sonderausgabenabzug berechtigt.

In einem Streitfall vor dem Finanzgericht Münster leistete der Kläger die Zahlung nicht auf seine persönliche Kirchensteuerschuld aufgrund seiner Mitgliedschaft in einer kirchensteuerhebungsberechtigten Kirche. Grundlage der konkreten Zahlung der Kirchensteuer des Klägers war vielmehr ein Haftungsbescheid an den Kläger in seiner Funktion als Geschäftsführer einer GmbH.

Der Kläger haftete nämlich als Geschäftsführer dieser GmbH und damit als deren gesetzlicher Vertreter auch für nicht abgeführte Lohnsteuern bzw. Kirchensteuern, die auf seinen eigenen Arbeitslohn entfallen. Die Pflicht zur Entrichtung der Lohnsteuer obliegt allerdings immer dem Arbeitgeber, mithin vorliegend der vertretenen GmbH.

Dementsprechend kommt das erstinstanzliche Finanzgericht Münster mit vorliegendem Urteil vom 23.6.2020 unter dem Aktenzeichen 12 K 3738/19 E zu dem Schluss, dass der Steuerpflichtige die Kirchensteuer selbst schulden muss, wenn sie als Sonderausgabe abzugsfähig sein soll. Dies ist insbesondere nicht der Fall, wenn Zahlungsgrundlage für die Kirchensteuer ein Haftungsbescheid gewesen ist, der gegenüber der Arbeitgeber-GmbH ergangen ist, deren Gesellschafter-Geschäftsführer der Steuerpflichtige ist. In diesem Fall leistete der Kläger auf die Schuld des Vertretenen, das heißt auf eine fremde Steuerschuld, für deren Entrichtung aus den verwaltenden Mitteln der Kläger als Geschäftsführer zu sorgen hatte. Eine Zahlung auf seine persönliche Kirchensteuerschuld hat der Kläger nicht geleistet. Der Rückforderungsbetrag an die GmbH hatte er aufgrund eines zivilrechtlichen Anspruchs gezahlt und nicht als Schuldner der Kirchensteuer. Insoweit kommt der Sonderausgabenabzug für Kirchensteuer nicht in Betracht, wenn diese von dem Geschäftsführer der zum Steuerabzug verpflichteten GmbH als Haftungsschuldner und nicht als Zahlung seiner persönlichen Kirchensteuerschuld geleistet wird. Dieser Auffassung war auch bereits das Finanzgericht Düsseldorf in einer sehr viel früheren Entscheidung vom 28.2.2007 unter dem Aktenzeichen 7 K 6571/04 E.

Obwohl insoweit die erstinstanzliche Rechtsprechung nicht nur eindeutig, sondern auch einstimmig ist, hat der hier Klagende die Revision beim Bundesfinanzhof in München eingelegt. So müssen nun die obersten Finanzrichter der Republik entscheiden, ob in einem entsprechenden Fall Kirchensteuerbeträge auch dann zum Sonderausgabenabzug berechtigen, wenn diese nicht als Zahlung einer persönlichen Steuerschuld, sondern lediglich als Haftungsschuldner gezahlt werden. Im Zentrum der Entscheidung wird daher die Frage stehen, ob insoweit tatsächlich bei ein und derselben Person eine Unterscheidung getroffen werden kann.