8. Für Immobilien Eigentümer: Fristbeginn beim privaten Veräußerungsgeschäft

Mit Entscheidung vom 26.10.2021 hat der Bundesfinanzhof unter dem Aktenzeichen IX R 12/20 erklärt, dass, wenn der Grundstückskaufvertrag mit einem befristeten Erwerberbenennungsrecht ausgestattet ist, es zur Anschaffung im Sinne des privaten Veräußerungsgeschäftes im Zeitpunkt der Selbstbenennung (Selbsteintritt) kommt, selbst wenn der Benennungsberechtigte das Grundstück mit dem späteren Fristablauf ohnehin automatisch erworben hätte.

Tatsächlich ist dies ein eher außergewöhnlicher Sachverhalt. Dennoch nennt der Bundesfinanzhof in seinen Urteilsgründen zahlreiche wichtige Argumente, die auch bei der allgemeinen Fristberechnung des privaten Veräußerungsgeschäftes anzuwenden sind, was der Entscheidung durchaus eine gewisse Allgemeingültigkeit verleiht.

Insoweit kann daher ausgeführt werden:

Entsprechend der Regelung in § 23 Abs. 1 Satz 1 Nummer 1 des Einkommensteuergesetzes (EStG) sind private Veräußerungsgeschäfte unter anderem Veräußerungsgeschäfte bei Grundstücken, bei denen der Zeitraum zwischen Anschaffung und Veräußerung nicht mehr als zehn Jahre beträgt.

Für die Berechnung des Zeitraums zwischen Anschaffung und Veräußerung sind nach ständiger Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs grundsätzlich die Zeitpunkte maßgebend, in denen die obligatorischen Verträge abgeschlossen wurden. Dies hat der Bundesfinanzhof beispielsweise in einer Entscheidung vom 8.4.2014 unter dem Aktenzeichen IX R 18/13 klargestellt.

Entsprechend dem Normzweck, innerhalb der Veräußerungsfrist realisierte Werterhöhungen eines bestimmten Wirtschaftsguts im Privatvermögen der Einkommensteuer zu unterwerfen, kann von einer Verwirklichung des Grundstückswerts nur gesprochen werden, wenn die Vertragserklärungen beider Vertragspartner innerhalb der Veräußerungsfrist bindend abgegeben worden sind. Zwar hat der Bundesfinanzhof auch ein rechtlich bindendes Verkaufsangebot als Veräußerung im Sinne des privaten Veräußerungsgeschäftes gewertet. Dies geschah indes allein in Fällen, in denen mit dem Angebot der Verkauf durch den Übergang von Besitz, Gefahr sowie Nutzungen und Lasten wirtschaftlich bereits vollzogen war. Ist aber bei Abgabe des Verkaufsangebots die Gefahr noch nicht übergegangen und hat der Verkäufer dem Käufer noch kein wirtschaftliches Eigentum verschafft, so müssen beide Vertragserklärungen innerhalb der Frist abgegeben werden. Der Vertragsabschluss muss innerhalb der Veräußerungsfrist für beide Parteien bindend sein. Dem entspricht der für das Steuerrecht im Vordergrund stehende Grundsatz der Tatbestandsmäßigkeit (Gesetzmäßigkeit) der Besteuerung: Nur ein verwirklichter Tatbestand darf nach bestimmten Zeitabständen zugrunde gelegt werden. So auch zuletzt der Bundesfinanzhof in seiner Entscheidung vom 25.3.2021 unter dem Aktenzeichen IX R 10/20.

Bei einem unbedingten und nicht genehmigungsbedürftigen Rechtsgeschäft ist eine solche Bindung regelmäßig mit dem Vertragsabschluss gegeben. Diese Voraussetzungen können aber auch bei einem Rechtsgeschäft vorliegen, dessen Rechtswirkungen von dem Eintritt einer Bedingung abhängen. Aus dem Wesen der Bedingungen und dem Wortlaut folgt, dass das aufschiebend bedingte Rechtsgeschäft tatbestandlich mit seiner Vornahme vollendet und voll gültig ist (die Parteien daher zukünftig bindet) und seine Wirksamkeit mit dem Bedingungsfall eintritt, ohne dass die Willenseinigungen der Parteien noch bis dahin Bestand haben müssen. Nur die Rechtswirkungen des bedingten Rechtsgeschäfts befinden sich bis zum Bedingungseintritt in der Schwebe. Die Parteien eines bedingten Rechtsgeschäfts können die Vertragsbeziehungen nicht mehr einseitig lösen, vielmehr sind sie im Hinblick auf den aufschiebend bedingten Rechtserwerb zur gegenseitigen Treuepflicht und zur Beachtung der Schutzvorschriften verpflichtet.

Hingegen ist bei einem wegen Mitwirkung eines vollmachtlosen Vertreters schwebend unwirksamen —genehmigungsbedürftigen— Rechtsgeschäft nicht auf den Zeitpunkt des Vertragsabschlusses abzustellen, sondern auf den Zeitpunkt der Genehmigung. Die Genehmigung wirkt steuerrechtlich nicht auf den Zeitpunkt der Vornahme des Rechtsgeschäfts zurück, wie bereits der Bundesfinanzhof in einer Entscheidung vom 2.10.2001 unter dem Aktenzeichen IX R 45/99 klargestellt hat.

Hängt die zivilrechtliche Wirksamkeit des Vertrags von der Genehmigung eines Dritten ab, so hat dies auf die zivilrechtlich entstandene und von den Vertragsparteien gewollte Bindungswirkung keinen Einfluss, wenn sich die Genehmigung nicht auf die inhaltliche Ausgestaltung des Vertrags oder die Wirksamkeit der Willenserklärungen bezieht, sondern Zwecke verfolgt, die außerhalb des Vertrags liegen, und auf die die Vertragsbeteiligten keinen Einfluss haben.

Nach diesen Maßstäben kommt der Bundesfinanzhof vorliegend zu dem Schluss, dass bereits im Zeitpunkt der Selbstbenennung die Frist des privaten Veräußerungsgeschäfts beginnt. Die Grundsätze, mit denen der Bundesfinanzhof diese Auffassung jedoch herleitet, sind durchaus allgemein anwendbar.