Alleinerziehende Steuerpflichtige haben gemäß § 24b des Einkommensteuergesetzes (EStG) Anspruch auf einen Entlastungsbetrag. Ziel dieses Entlastungsbetrags ist es, die höheren Kosten für die eigene Lebens- bzw. Haushaltsführung des Alleinerziehenden abzugelten, der einen gemeinsamen Haushalt nur mit seinen Kindern und keiner anderen erwachsenen Person führt, die tatsächlich oder finanziell zum Haushalt beiträgt. Ab dem Veranlagungszeitraum 2020 beträgt der Entlastungsbetrag für Alleinerziehende jährlich 4.008 Euro und erhöht sich für jedes weitere Kind um jährlich 240 Euro (ab 2023: 4.260 Euro plus 240 Euro für jedes weitere Kind).
Der Entlastungsbetrag für Alleinerziehende wird dabei außerhalb des Familienlastenausgleichs bei der Ermittlung des Gesamtbetrags der Einkünfte durch Abzug von der Summe der Einkünfte und beim Lohnsteuerabzug durch die Steuerklasse II berücksichtigt.
Mit Verwaltungsanweisung durch Schreiben des Bundesfinanzministeriums vom 23.11.2022 hat die Finanzverwaltung ihr bisheriges Anwendungsschreiben vom 23.10.2017 für Veranlagungszeiträume ab 2020 aktualisiert. Darüber hinaus sind die neuen Verwaltungsregeln jedoch auch noch für alle offenen Fälle anzuwenden. Im Folgenden werden daher die Kernpunkte herausgegriffen. Für weitere Details sei auf das Schreiben des Bundesfinanzministeriums verwiesen.
Zu den Anspruchsvoraussetzungen: Der Entlastungsbetrag für Alleinerziehende wird Steuerpflichtigen gewährt, die alleinstehend sind und zu deren Haushalt mindestens ein Kind gehört, für das ihnen ein Kinderfreibetrag oder Kindergeld zusteht. Alleinstehend im Sinne der Regel ist dabei ein Steuerpflichtiger, der nicht die Voraussetzung für die Anwendung des Splittingverfahrens erfüllt oder verwitwet ist und keine Haushaltsgemeinschaft mit einer anderen volljährigen Person bildet. Eine Haushaltsgemeinschaft mit einem minderjährigen Kind ist stets unschädlich.
Konkret kann ein Steuerpflichtiger daher alleinstehend sein, wenn
er nicht verheiratet oder verpartnert ist oder
er verheiratet bzw. verpartnert ist, aber dauernd getrennt lebt oder
er im Veranlagungszeitraum eine Ehe/Lebenspartnerschaft schließt oder
er verwitwet ist oder
der Ehegatte/Lebenspartner im Ausland lebt und nicht unbeschränkt einkommensteuerpflichtig ist.
Die weitere Voraussetzung, wonach keine Haushaltsgemeinschaft mit einer anderen volljährigen Person bestehen darf, wird in der Praxis tatsächlich häufig zur Stolperfalle. Es ist insoweit zwar unschädlich, wenn es sich bei der anderen volljährigen Person um ein leibliches Kind, Adoptiv-, Pflege-, Stief- oder Enkelkind handelt, für das dem Steuerpflichtigen ein Kinderfreibetrag oder das Kindergeld zusteht. Eine Haushaltsgemeinschaft mit einer anderen volljährigen Person, also insbesondere auch mit einem Kind, für das man keinen Kinderfreibetrag mehr erhält, ist hingegen schädlich für den Erhalt des Entlastungsbetrags für Alleinerziehende.
Allgemein liegt eine Haushaltsgemeinschaft mit einer anderen volljährigen Person vor, wenn der Steuerpflichtige und die andere Person in der gemeinsamen Wohnung auch gemeinsam wirtschaften. Ein gemeinsames Wirtschaften kann sowohl darin bestehen, dass die andere volljährigen Person zu den Kosten des gemeinsamen Haushaltes beiträgt, als auch in einer Entlastung durch tatsächliche Hilfe und Zusammenarbeit. Auf den Umfang der Hilfe oder des Anteils an den im Haushalt anfallenden Arbeiten kommt es in der Regel nicht an, wie bereits der Bundesfinanzhof in einer Entscheidung vom 28.6.2012 unter dem Aktenzeichen III R 26/10 vorgegeben hatte.
Ein gemeinsames Wirtschaften setzt auch nicht voraus, dass nur eine gemeinsame Kasse besteht und die zu Befriedigung jeglichen Lebensbedarf dienenden Güter nur gemeinsam und aufgrund gemeinsamer Planung angeschafft werden. Es genügt eine mehr oder weniger enge Gemeinschaft mit nah beieinander Wohnenden, bei der jeder Mitglied der Gemeinschaft ist sowie tatsächlich oder finanziell seinen Beitrag zur Haushaltsführung leistet und an ihr teilnimmt. Dabei muss auch beachtet werden, dass es auf die Zahlungswege nicht ankommt. Es steht daher der Annahme einer Haushaltsgemeinschaft nicht entgegen, wenn beispielsweise eine Person die laufenden Kosten des Haushalts ohne Miete trägt und die andere Person dafür vereinbarungsgemäß die volle Miete allein bezahlt.
Eine Haushaltsgemeinschaft ist insbesondere gegeben bei eheähnlichen Gemeinschaften, bei Wohngemeinschaften unter gemeinsamer Wirtschaftsführung mit einer sonstigen volljährigen Person wie zum Beispiel einem volljährigen Kind, für das ein Kinderfreibetrag oder Kindergeld nicht mehr zusteht.
Die Annahme einer Haushaltsgemeinschaft setzt dabei nicht die Meldung der anderen Person in der Wohnung des Steuerpflichtigen voraus. Neben der gesetzlichen Definition der Haushaltsgemeinschaft besteht auch die gesetzliche Vermutung für das Vorliegen einer Haushaltsgemeinschaft, wenn eine andere volljährigen Person mit Haupt- oder Nebenwohnsitz in der Wohnung des Steuerpflichtigen gemeldet ist. Nachträgliche Ab- bzw. Ummeldungen sind insoweit unerheblich. Allerdings muss für die Praxis gesagt werden, dass diese Vermutung auch widerlegbar ist. Sie ist beispielsweise widerlegt, wenn die Gemeinde oder das Finanzamt positiv Kenntnis davon haben, dass die tatsächlichen Verhältnisse von den melderechtlichen Verhältnissen zugunsten des Steuerpflichtigen abweichen. Der Steuerpflichtige kann die Vermutung einer Haushaltsgemeinschaft mit einer anderen in seiner Wohnung gemeldeten volljährigen Person auch widerlegen, wenn er glaubhaft darlegt, dass eine solche Haushaltsgemeinschaft nicht gegeben ist. Lediglich wenn der Steuerpflichtige und die andere volljährige Person in einer eheähnlichen Gemeinschaft leben, ist die Vermutung, dass eine Haushaltsgemeinschaft vorliegt, unwiderlegbar. So zumindest nach Auffassung der Finanzverwaltung.
Kern der sonstigen Anspruchsvoraussetzung ist jedoch, dass ein Kind, für das dem Steuerpflichtigen ein Kinderfreibetrag oder Kindergeld zusteht, zum Haushalt des Steuerpflichtigen gehört. Ein Kind gehört immer dann zum Haushalt des Steuerpflichtigen, wenn es in der Wohnung des Steuerpflichtigen gemeldet ist, dauerhaft in dessen Wohnung lebt oder mit seiner Einwilligung vorübergehend, beispielsweise zu Ausbildungszwecken, auswärtig untergebracht ist.
Die Haushaltszugehörigkeit erfordert außerdem eine Verantwortung für das materielle und immaterielle Wohl des Kindes. Mit dem materiellen Wohl ist insbesondere die Versorgung und die Unterhaltsgewährung gemeint. Mit dem immateriellen Wohl ist die Fürsorge für das Kind und dessen Betreuung gemeint. Eine Heimunterbringung ist unschädlich, wenn die Wohnverhältnisse in der Familienwohnung die speziellen Bedürfnisse des Kindes berücksichtigen und es sich im Haushalt des Steuerpflichtigen regelmäßig aufhält. Die Haushaltszugehörigkeit ist selbst dann anzunehmen, wenn das Kind in der Wohnung des Steuerpflichtigen gemeldet ist, aber tatsächlich in einer eigenen Wohnung lebt. Wie der Bundesfinanzhof in einer Entscheidung vom 5.2.2015 unter dem Aktenzeichen III R 9/13 ausgeführt hat, ist diese Vermutung unwiderlegbar.
Ist das Kind hingegen nicht in der Wohnung des Steuerpflichtigen gemeldet, trägt der Steuerpflichtige auch die Beweislast für das Vorliegen der Haushaltszugehörigkeit des Kindes. Ist das Kind bei mehreren Steuerpflichtigen gemeldet oder gehört es unstreitig zum Haushalt des Steuerpflichtigen, ohne bei ihm gemeldet zu sein, steht der Entlastungsbetrag demjenigen Alleinstehenden zu, der das Kind tatsächlich in seinen Haushalt aufgenommen hat.
Gerade in Trennungsfällen der Eltern ist dies häufig ein Problem. Sofern ein Kind nämlich annähernd gleichwertig in die beiden Haushalte seiner alleinstehenden Eltern aufgenommen ist, können die Eltern untereinander bestimmen, wem der Entlastungsbetrag zu stehen soll. Dies gilt grundsätzlich unabhängig davon, an welchen Berechtigten das Kindergeld ausgezahlt wird. Die Bestimmung des Berechtigten für den Entlastungsbetrag funktioniert nur dann nicht, wenn einer der Berechtigten bei seiner Veranlagung oder durch Berücksichtigung der Steuerklasse II beim Lohnsteuerabzug den Entlastungsbetrag bereits in Anspruch genommen hat. Treffen die Eltern keine Bestimmung über die Zuordnung des Entlastungsbetrags, steht er demjenigen zu, dem das Kindergeld ausbezahlt wird, wie der Bundesfinanzhof bereits in einer Entscheidung vom 28.4.2010 unter dem Aktenzeichen III R 79/08 herausgearbeitet hat.
Ist das Kind hingegen in den Wohnungen beider Elternteile gemeldet und ist von diesen nur ein Elternteil alleinstehend, ist in diesem Elternteil der Entlastungsbetrag für Alleinerziehende unabhängig davon zu gewähren, ob dieser die Voraussetzung für die Auszahlung des Kindergeldes erfüllt.
Insgesamt ist der Entlastungsbetrag für Alleinerziehende ein Jahresbetrag, der in jedem Veranlagungszeitraum nur einmal in Anspruch genommen werden kann. Eine Aufteilung zwischen den Haushalten alleinerziehender Elternteile ist dabei nicht möglich.
In dem Veranlagungszeitraum, in dem sich die Ehegatten bzw. Lebenspartner trennen, ist eine zeitanteilige Inanspruchnahme des Entlastungsbetrag möglich, sofern die übrigen Voraussetzungen erfüllt sind. So auch bereits der Bundesfinanzhof in einer Entscheidung vom 28.10.2021 unter dem Aktenzeichen III R 17/20.
Bei einem dauernden Getrenntleben kann der Entlastungsbetrag für Alleinerziehende zeitanteilig ab dem Monat der Trennung beansprucht werden. Auch im Jahr der Eheschließung bzw. Verpartnerung kann der Entlastungsbetrag für Alleinerziehende zeitanteilig in Anspruch genommen werden, sofern die übrigen Voraussetzungen gegeben sind. Zu beachten ist dabei jedoch, dass insbesondere nicht bereits eine Haushaltsgemeinschaft mit dem späteren Ehegatten bestehen darf, wie der Bundesfinanzhof in einer weiteren Entscheidung vom 28.10.2021 unter dem Aktenzeichen III R 57/20 geklärt hat.
Für weitere Details im Zusammenhang mit dem Entlastungsbetrag für Alleinerziehende sei auf das Schreiben des Bundesfinanzministeriums vom 23.11.2022 verwiesen, welches zu einigen Problemfällen auch Praxisbeispiele zur Verdeutlichung enthält.