4. Für alle Steuerpflichtigen: Zinserträge aus einer „unverzinslichen“ Kaufpreiszahlung

Zu den zu versteuernden Einkünften aus Kapitalvermögen gehören nach § 20 Abs. 1 Nummer 7 des Einkommensteuergesetzes (EStG) auch Erträge aus sonstigen Kapitalforderungen jeder Art, wenn die Rückzahlung des Kapitalvermögens oder ein Entgelt für die Überlassung des Kapitalvermögens zur Nutzung zugesagt oder gewährt worden ist. Dies gilt unabhängig von der Bezeichnung und der zivilrechtlichen Ausgestaltung der Kapitalanlage. In der Praxis dürften sich die Beteiligten häufig nicht darüber im Klaren sein, dass vorliegend tatsächlich auch noch ein Zinsanteil besteht.
Der Urteilsfall des Finanzgerichtes Köln mit Entscheidung vom 27.10.2022 unter dem Aktenzeichen 7 K 2233/20 macht die Problematik jedoch deutlich. Im Streitfall geht es um Zinsen aus der Abzinsung eines ratierlich gezahlten Kaufpreises als Einkünfte aus Kapitalvermögen. In diesem Sachverhalt kommen die erstinstanzlichen Richter aus der Domstadt zu folgendem Ergebnis:
Wird ein zum Privatvermögen gehörender Gegenstand veräußert und die Kaufpreisforderung langfristig, dies bedeutet im Wesentlichen länger als ein Jahr, bis zu einem bestimmten Zeitpunkt gestundet, so sind nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs, die das Finanzgericht Köln für zutreffend hält und dementsprechend dieser Rechtsprechung folgt, die geleisteten Zahlungen (also die Kaufpreisraten) in einen Tilgungsanteil und einen Zinsanteil zu zerlegen. Der Zinsanteil unterliegt dabei als Ertrag aus sonstigen Kapitalforderungen gemäß der oben bereits genannten Vorschrift der Einkommensteuer. Dies gilt auch dann, wenn die Vertragsparteien Zinsen nicht vereinbart oder sogar ausdrücklich ausgeschlossen haben. Zu verweisen ist dabei auf das Grundsatzurteil des Bundesfinanzhofs vom 25.6.1974 unter dem Aktenzeichen VIII R 163/71, in dem die obersten Finanzrichter der Republik klargestellt haben, dass Kaufpreisraten regelmäßig auch dann abzuzinsen sind, wenn die Vertragsparteien eine Verzinsung ausdrücklich ausgeschlossen haben. In jüngster Vergangenheit haben die obersten Finanzrichter der Republik dies mit Urteil des Bundesfinanzhofs vom 14.7.2020 unter dem Aktenzeichen VIII R 3/17 erneut bestätigt. In der jüngeren Entscheidung lautete der Leitsatz: Auch bei der teilentgeltlichen Übertragung eines Grundstücks des Privatvermögens gegen eine Veräußerungszeitrente fließen dem Veräußerer von Beginn an steuerpflichtige Zinseinkünfte zu, soweit die Rentenzahlungen nicht auf den Tilgungsanteil entfallen.
Entsprechend der vorgenannten Rechtsprechung stellt die Gestattung langfristiger Ratenzahlungen zur Tilgung einer Schuld eine Kreditgewährung durch den Gläubiger dar. Daran ändert auch die Vereinbarung einer Wertsicherungsklausel nichts, da die Aufteilung des Gesamtkaufpreises als der Summe der Ratenleistungen in den Kaufpreis als Gegenleistung und die Zinsen als Entgelt für die Kapitalnutzung vom Willen der Vertragsschließenden unabhängig ist. Ihre Grundlage findet dieser Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs in der gesetzlichen Regelung des § 12 Abs. 3 Bewertungsgesetz (BewG). Danach gilt: Unverzinslichen Forderungen, deren Laufzeit mehr als ein Jahr beträgt und die zu einem bestimmten Zeitpunkt fällig sind, sind abzuzinsen, d. h. in einen Kapitalanteil und ein Zinsanteil aufzuteilen. Diese Vorschrift ist nicht abdingbar. Insoweit unterscheidet sich das Steuerrecht vom bürgerlichen Recht. Der Auffassung des Finanzgerichtes des Saarlandes in seinem Urteil vom 15.4.2010 unter dem Aktenzeichen 1 K 1237/05, dass eine vereinbarte Wertsicherungsklausel vereinbarungsgemäß ein angemessenes Entgelt für die Kapitalüberlassung in Form der Kaufpreisstundung im Zuge eines aufgrund unterschiedlicher Interessen ermittelten Kaufpreises darstelle und es einer Aufteilung der Kaufpreisraten in einen Zinsanteil und einen Tilgungsanteil nicht bedürfe, kann sich der siebte Senat des Finanzgerichtes Köln nicht anschließen.
Eine andere Beurteilung ergibt sich auch nicht unter Berücksichtigung der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs zum Verzicht auf einen noch nicht entstandenen Pflichtteilsanspruch. Bei der Übertragung eines Grundstücks gegen Kaufpreisraten als Leistung, wie im Streitfall, wird nämlich ein Vermögensgegenstand auf den zur Ratenzahlung Verpflichteten übertragen. Die Raten sind Gegenleistung für den übertragenen Grundbesitz, sodass ein einkommensteuerbares Veräußerungs- und Anschaffungsgeschäft vorliegt. Der Umstand, dass die Kläger und die Übernehmer der Bemessung des Kaufpreises auf Ratenzahlungsbasis keinen um den Zinsanteil erhöhten, marktgerechten Preis für die Übertragung des Grundbesitzes zugrunde gelegt haben, führt zwar dazu, dass der Barwert des Kaufpreisanspruchs im Übertragungszeitpunkt unterhalb des Verkehrswerts des Grundstücks liegt. Die Zuordnung zu einem steuerrechtlich entgeltlichen Geschäft gilt jedoch unabhängig davon, ob die Vertragsparteien einen marktgerechten Preis vereinbart haben. So auch bereits der Bundesfinanzhof in einer Entscheidung vom 31.8.1994 unter dem Aktenzeichen X R 44/93. Auch bei einer teilentgeltlichen Übertragung sind die einzelnen Ratenzahlungen somit von Beginn an in steuerbare Zinszahlung und nicht steuerbaren Tilgungsanteil aufzuteilen.
Bei der Berechnung des Zinsanteils ist entsprechend der Regelung in § 13 Abs. 1 Satz 1 BewG in Verbindung mit Anlage 9a des Bewertungsgesetzes der zu bestimmende Barwert zu Beginn und zum Ende des Streitjahres unter Zugrundelegung finanzmathematischer Grundsätze basierend auf einem Zinsfuß von 5,5 % zu ermitteln, sofern die Vertragspartner nicht einen höheren Rechnungszinsfuß vereinbart haben. Zumindest für das hier vorliegende Streitjahr 2015 konnte das Finanzgericht Köln mit Blick auf den Zinsfuß von 5,5 % auch keine Diskrepanz zum Grundgesetz und somit keine Verfassungswidrigkeit der Höhe nach erkennen.

Ob dem jedoch tatsächlich so ist, muss in nächster Instanz der Bundesfinanzhof unter dem Aktenzeichen VIII R 1/23 klären. Zudem steht auch die Rechtsfrage zur Klärung an, ob eine vereinbarte Wertsicherungsklausel und ein vereinbarter Zinsaufschlag als wirtschaftlicher Vorteil die Anwendung des § 12 Abs. 3 BewG ausschließen kann und somit eine Aufteilung in einen Zins- und einen Tilgungsanteil nicht stattfinden muss.