2. Für Immobilieneigentümer: Zur steuerlichen Behandlung der Erhaltungsrücklage/Instandhaltungsrücklage bei Eigentumswohnungen

Früher galt es als allgemeiner Steuerspar-Tipp, dass die anteilige Instandhaltungsrücklage vom Kaufpreis abgezogen wird, da insoweit die Grunderwerbsteuer gespart werden kann. Mit Blick auf Grunderwerbsteuersätze von bis zu 6,5% in der Republik, konnte bei einer anteiligen Instandhaltungsrücklage von beispielsweise 10.000 Euro also schon 650 Euro Grunderwerbsteuer gespart werden. Dies ist leider vorbei. Nach der Änderung des Wohnungseigentumsgesetzes ist dies nicht mehr möglich, wie der Bundesfinanzhof bereits in einer Entscheidung vom 16.9.2020 unter dem Aktenzeichen II R 49/17 klargestellt hat. Danach darf bei einem rechtsgeschäftlichen Erwerb von Teileigentum der vereinbarte Kaufpreis als Bemessungsgrundlage der Grunderwerbsteuer nicht um die anteilige Instandhaltungsrücklage gemindert werden.
Vor dem Hintergrund dieser Entscheidung hat sich nun die Oberfinanzdirektion Frankfurt am Main mit Erlass vom 9.11.2022 zu Wort gemeldet. Zunächst geht es um die zivilrechtlichen Grundlagen: Die Erhaltungsrücklage (oder wie sie früher hieß: Instandhaltungsrücklage), zu deren Ansammlung die Wohnungseigentümer aufgrund des Wohnungseigentümergesetzes verpflichtet sind, dient der Instandhaltung und der Instandsetzung des gemeinschaftlichen Eigentums. Die Beiträge zu Erhaltungsrücklage sind Teil der Vorschüsse auf das Wohngeld bzw. Hausgeld, die der einzelne Wohnungseigentümer entsprechend dem beschlossenen Wirtschaftsplan an den Verwalter zu leisten hat. Die Erhaltungsrücklage ist gemeinschaftliches Vermögen der Wohnungseigentümergemeinschaft. Der einzelne Wohnungseigentümer ist in Höhe seiner Zahlungen als Eigentümer am Verwaltungsvermögen beteiligt.
Zinsen, die der Beteiligte aus der verzinslichen Anlage der Erhaltungsrücklage erzielt, gehören bei ihm zu den persönlichen Einkünften aus Kapitalvermögen.
Die geleisteten Beiträge zur Erhaltungsrücklage können allerdings beim einzelnen Wohnungseigentümer erst dann als Werbungskosten abgezogen werden, wenn der Verwalter sie für die Wohnungseigentümergemeinschaft tatsächlich für die Erhaltung des gemeinschaftlichen Eigentums oder für andere Maßnahmen, die die Erzielung von Einnahmen aus Vermietung und Verpachtung bezwecken oder durch sie veranlasst sind, verausgabt hat. Daher sind Wohngeld-Zahlungen bei vermieteten Eigentumswohnungen um die Zuführungsbeiträge zur Erhaltungsrücklage zu kürzen. Wird die Erhaltungsrücklage für Maßnahmen verwendet, die zu Herstellungskosten führen, so sind nur die entsprechenden Absetzungen für Abnutzung als Werbungskosten abziehbar.
Allein aus der zivilrechtlichen Verknüpfung des jeweiligen Anteils an der Erhaltungsrücklage mit dem Wohnungseigentumsrecht kann nicht der Schluss gezogen werden, der Aufwand des Erwerbes für die anteilige Erhaltungsrücklage sei für den Erwerb der Eigentumswohnung getätigt worden. Folglich gehört der bei Erwerb einer Eigentumswohnung im Kaufpreis enthaltene Anteil für das in der Erhaltungsrücklage angesammelte Guthaben nicht zu den Anschaffungskosten der Eigentumswohnung.
Wie schon gesagt, hat der Bundesfinanzhof in seiner Entscheidung vom 16.9.2020 entschieden, dass beim rechtsgeschäftlichen Erwerb von Teileigentum der vereinbarte Kaufpreis als Bemessungsgrundlage der Grunderwerbsteuer nicht um die anteilige Instandhaltungsrückstellung zu mindern ist. Dieses Urteil ändert allerdings nicht die Behandlung der erworbenen anteiligen Erhaltungsrücklage im ertragsteuerlichen Sinn. Der im Kaufpreis enthaltene Anteil für das in der Erhaltungsrücklage angesammelte Guthaben gehört nach wie vor nicht zu den Anschaffungskosten der Eigentumswohnung, da mit der Übertragung der Erhaltungsrücklage nur eine vom Grundstückseigentümer losgelöste Rechtsposition übertragen wird, die vergleichbar mit einer Geldforderung ist. Der Erwerber wird durch den Kauf der Eigentumswohnung Mitglied der Wohnungseigentumsgemeinschaft. Des Weiteren bestätigt der Beschluss des Bundesfinanzhofs vom 9.12.2008 unter dem Aktenzeichen IX B 124/08, dass sich durch die Änderung des Wohnungseigentumsgesetzes nichts an der ertragsteuerlichen Sicht ändert. Unerheblich ist, wie die Rechtsbeziehungen der Wohnungseigentümer zur Eigentümergemeinschaft zivilrechtlich einzustufen sind. Maßgebend für die Behandlung der erworbenen anteiligen Erhaltungsrücklage bleibt die wirtschaftliche Betrachtungsweise, so der Erlass der Oberfinanzdirektion.
Wird daher im Kaufvertrag nur ein einheitlicher Kaufpreis ausgewiesen, ist dieser für ertragsteuerliche Zwecke entsprechend aufzuteilen. Beim Erwerber ist sodann der um die erworbene anteilige Erhaltungsrücklage für die Eigentumswohnung gekürzte Kaufpreis in die Bemessungsgrundlage für die Absetzung für Abnutzung einzubeziehen.
Beim Veräußerer ist der auf den Erwerber übertragene Anteil an der Erhaltungsrücklage im Zeitpunkt der Veräußerung nicht als Werbungskosten in Abzug zu bringen, da er insoweit seine Rechtsposition entgeltlich auf den Erwerber übertragen hat. Denn der Veräußerer erhält die zugeführten und noch nicht verbrauchten Rücklagenbeträge über den Kaufpreis vom Erwerber zurück.