5. Für Gewerbetreibende: Kein Abzug vorweggenommener Betriebsausgaben bei der Gewerbesteuer

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Der Gewerbesteuer unterliegt jeder stehende Gewerbebetrieb, soweit er im Inland betrieben wird. Dies ergibt sich aus § 2 Abs. 1 Satz 1 des Gewerbesteuergesetzes (GewStG). Unter dem Begriff Gewerbebetrieb ist ein gewerbliches Unternehmen im Sinne des Einkommensteuergesetzes zu verstehen. Gewerbeertrag ist der nach den Vorschriften des Einkommensteuergesetzes oder des Körperschaftsteuergesetzes zu ermittelnde Gewinn aus dem Gewerbebetrieb, der bei der Ermittlung des Einkommens für den gewerbesteuerlichen Erhebungszeitraum entsprechenden Veranlagungszeitraums zu berücksichtigen ist, vermehrt und vermindert um die gewerbesteuerlichen Hinzurechnung und Kürzungen.
Aus diesen Regelungen hat die höchstrichterliche Rechtsprechung seit jeher den Schluss gezogen, dass die Annahme eines Gewerbebetriebes im gewerbesteuerrechtlichen Sinn das Vorliegen sämtlicher Tatbestandsmerkmale des § 15 Abs. 2 des Einkommensteuergesetzes (EStG) voraussetzt. So auch bereits der Bundesfinanzhof in seinem Urteil vom 24.4.1980 unter dem Aktenzeichen IV R 68/77.
Soweit sich in jüngeren Entscheidungen zusätzlich die Formulierung findet, dass der Gewerbebetrieb „in Gang gesetzt worden“ sein muss, ist darin lediglich eine Umschreibung dafür zu sehen, dass nur aktive Betriebe der Gewerbesteuer unterliegen. Vergleiche insoweit auch die Entscheidung des Bundesfinanzhofs vom 26.3.1985 unter dem Aktenzeichen VIII R 260/81, in der die Begriffe „in Gang gesetzt“ und „eröffnet“ gleichgesetzt werden.
Zu den Tatbestandsmerkmalen des § 15 Abs. 2 EStG gehört auch die aktuelle Beteiligung am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr. Einnahmen und Ausgaben bzw. Aufwendungen und Erträge, die vor dem Zeitpunkt anfallen, zu dem erstmals sämtliche Tatbestandsmerkmale des § 15 Abs. 2 EStG erfüllt werden (insbesondere vor Beginn der Beteiligung am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr), sind daher gewerbesteuerrechtlich bei Einzelunternehmen und Personengesellschaften nicht zu berücksichtigen, weil es insoweit noch an einem tauglichen Steuergegenstand fehlt. Entscheidend ist, wann die Voraussetzungen für die erforderliche Beteiligung am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr tatsächlich erfüllt sind, sodass das Unternehmen sich daran mit eigenen gewerblichen Leistungen beteiligen kann.
Damit wirken sich vorweggenommene (vorab entstandene) Betriebsausgaben gewerbesteuerlich nicht aus. Umgekehrt sind am Ende des Lebenszyklus eines von einem Einzelunternehmer oder einer Personengesellschaft getragenen Gewerbebetriebs Veräußerungs- und Aufgabegewinne vom Gewerbeertrag auszunehmen.
Dieses Ergebnis folgt aus dem eigentlichen Wesen der Gewerbesteuer als einer auf den tätigen Betrieb bezogenen Realsteuer, wie bereits der Bundesfinanzhof in einer Entscheidung vom 5.11.1957 unter dem Aktenzeichen I 328/56 Q herausgearbeitet hat. Es kommt für die Gewerbesteuer nicht auf die persönliche Steuerpflicht eines Unternehmers, sondern auf die sachliche Steuerpflicht des Steuerobjekts an. Diese beginnt mit dem Zeitpunkt, in dem der Betrieb in Gang gesetzt worden ist. Gegenstand der Gewerbesteuer ist nur der auf den laufenden Betrieb entfallende, durch eigene gewerbliche Leistung entstandene Gewinn.
Damit weisen die Begriffe des gewerblichen Unternehmens im Einkommensteuerrecht und des Gewerbebetriebes im Gewerbesteuergesetz in zeitlicher Hinsicht Unterschiede dergestalt auf, dass das einkommensteuerrechtlich relevante Unternehmen früher beginnen und später enden kann als der Gewerbebetrieb. Dies ist auch bereits einem Beschluss des Großen Senats des Bundesfinanzhofs vom 25.6.1984 unter dem Aktenzeichen GrS 4/82 zu entnehmen.
Für die im Vergleich zu Einkommensteuer unterschiedliche Handhabung ist entscheidend, dass die persönliche Einkommensteuerpflicht sich nach § 1 EStG richtet und damit allein von der Existenz der natürlichen Person, nicht aber von der Existenz eines Gewerbebetriebes abhängig ist. Die Einkommensteuer als vom Leistungsfähigkeitsprinzip beherrschte Personensteuer muss sämtliche betriebliche Handlungen des Steuerpflichtigen von der ersten Vorbereitungshandlung bis zur Veräußerung oder Entnahme des letzten betrieblichen Wirtschaftsguts erfassen. Die Gewerbesteuer ist als Sachsteuer hingegen auf den täglichen Betrieb bezogen und wird durch das Äquivalenzprinzip geprägt, sodass ihr Gegenstand nur der auf den laufenden Betrieb entfallende Gewinn ist.
Auf dieser Grundlage hat der Bundesfinanzhof beispielsweise entschieden, dass bei einem Handelsunternehmen der Gewerbebetrieb erst mit der Öffnung des Ladenlokals beginnt. Der Zeitpunkt der Eröffnung ist auch maßgeblich, wenn der Steuerpflichtige zunächst ein Hotelgebäude errichtet. Bei einem Herstellungsunternehmen kommt es auf den Beginn der Produktion an, beim Betreiber eines Windparks auf die Fertigstellung und Inbetriebnahme der Anlagen. Dementsprechend hat der Bundesfinanzhof einen gewerbesteuerlichen Abzug abgelehnt für Rechtsanwaltskosten, die die Betriebsgründung vorbereiten sollen, vor Betriebsöffnung geleistete Aufwendungen für Maklerprovisionen, Beratungskosten, Inserate, Büromaterial, Gebühren, Aufwendungen für die Anmietung eines Geschäftslokals und die Einstellung eines leitenden Mitarbeiters vor Betriebseröffnung sowie allgemein für jegliche Art von Anlaufkosten.
Auf Basis dieser Grundlage kommt daher der Bundesfinanzhof in seiner Entscheidung vom 30.8.2022 unter dem Aktenzeichen X R 17/21 unmissverständlich und ohne Mitleid für den betroffenen Fall auch zu dem Schluss, dass die Annahme eines Gewerbebetriebs im gewerbesteuerrechtlichen Sinne das Vorliegen sämtlicher Tatbestandsmerkmale des § 15 Abs. 2 EStG voraussetzt. Insbesondere die Beteiligung am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr muss gegeben sein. Vorab, also vor der eigentlichen Betriebseröffnung, entstandene Betriebsausgabe sind daher gewerbesteuerrechtlich vollkommen unbeachtlich.
In der Praxis muss daher dringend darauf geachtet werden, dass durch vorab entstandene Betriebsausgaben nicht ein zu großer Schaden entsteht, da diese gewerbesteuermindernd keine Berücksichtigung finden dürfen.

Mit vorstehender Entscheidung des Bundesfinanzhofs haben die obersten Richter auch klargestellt, dass die allgemeinen Grundsätze im Fall eines von § 2 Abs. 5 GewStG erfassten Betriebsübergangs im Ganzen ebenfalls gelten.