4. Für Immobilieneigentümer: Privates Veräußerungsgeschäft auch nach Grundstücksteilung des eigengenutzten Objektes möglich

Mit Urteil vom 20.7.2022 kommt das Niedersächsische Finanzgericht unter dem Aktenzeichen 4 K 88/21 zu dem Ergebnis, dass der Verkauf eines Gartengrundstücks bei teils weiterhin bestehender Wohnnutzung im Übrigen nicht von der Besteuerung als privates Veräußerungsgeschäft ausgenommen ist. Um dies nachvollziehen zu können, muss man sich die Details des Falles vor Augen führen.

Im Streitfall geht es um einen Sachverhalt, bei dem die klagenden Eheleute im Kalenderjahr 2014 eine Immobilie zur kompletten Eigennutzung erworben hatten. Die Immobilie wurde auch komplett zu eigenen Wohnzwecken genutzt. Dies ist vollkommen unstreitig. Da es sich dabei um ein Grundstück mit einer Größe von ca. 4.000 Quadratmeter handelte, trennten die Eheleute im Jahr 2018 ein Flurstück von ca. 1.000 Quadratmeter ab und veräußerten es im Jahr 2019. Streitbefangen ist nun, ob diese Veräußerung unter die Besteuerungsausnahme beim privaten Veräußerungsgeschäft für die eigengenutzten Immobilien fällt.

Diesbezüglich äußert sich das Gericht wie folgt: Gemäß der gesetzlichen Regelung in § 22 Nummer 2 des Einkommensteuergesetzes (EStG) sind sonstige Einkünfte auch Einkünfte aus privaten Veräußerungsgeschäft im Sinne des § 23 EStG. Dazu gehören unter anderem auch Veräußerungsgeschäfte bei Grundstücken, bei denen der Zeitraum zwischen Anschaffung und Veräußerung nicht mehr als zehn Jahre beträgt.

Ausgenommen von der Besteuerung sind allerdings Wirtschaftsgüter, die im Zeitraum zwischen Anschaffung oder Fertigstellung und Veräußerung ausschließlich zu eigenen Wohnzwecken genutzt wurden. Die Nutzung zu eigenen Wohnzwecken ist dabei nach der Rechtsprechung so zu verstehen wie seinerzeit bei der Förderung des Wohneigentums nach § 10d EStG und nach dem Eigenheimzulagengesetz. Danach dient ein Wirtschaftsgut eigenen Wohnzwecken, wenn es vom Steuerpflichtigen selbst tatsächlich und auf Dauer angelegt bewohnt wird. Dem entspricht auch der Zweck der gesetzlichen Freistellung, die Besteuerung eines Veräußerungsgewinns bei Aufgabe eines Wohnsitzes zu vermeiden. So festgelegt einmal im Beschluss des Bundesfinanzhofs vom 28.5.2002 unter dem Aktenzeichen IX B 208/01 sowie im Urteil vom 25.5.2011 unter dem Aktenzeichen IX R 48/10.

Das Finanzgericht geht nun davon aus, dass die Kläger im vorliegenden Fall ein privates Veräußerungsgeschäft verwirklicht haben, indem sie die Teilfläche des von ihnen zuvor erworbenen Grundstücks innerhalb von zehn Jahren nach Erwerb wieder veräußerten. Diese Veräußerung soll entgegen der Ansicht der klagenden Eheleute nicht unter die Besteuerungsausnahme fallen.

Die Rechtsprechung bezieht zwar bei zu eigenen Wohnzwecken genutzten Gebäude den dazugehörigen Grund und Boden in die Begünstigung mit ein, da regelmäßig die Veräußerung eines zu eigenen Wohnzwecken genutzten Wirtschaftsguts auch den anteiligen Grund und Boden umfasst. Anderenfalls wäre der Zweck der Ausnahmeregelung, die Besteuerung bei Aufgabe des Wohnsitzes zu vermeiden, verfehlt, wenn man den zugehörigen Grund und Boden abweichend von dem zu Wohnzwecken genutzten Gebäude der Besteuerung unterwirft.

Die Grenze zieht der Bundesfinanzhof aber unter Berücksichtigung des Normzwecks des Befreiungstatbestands. So sah der Bundesfinanzhof in einem Fall, in dem der Steuerpflichtige das bisher als Garten genutzte Nachbargrundstück veräußerte, während er auf dem anderen Grundstück wohnen blieb, den Zweck der Steuerbegünstigung, einen Umzug insbesondere infolge eines Arbeitsplatzwechsels nicht zu erschweren, nicht als erfüllt an und beurteilte die Veräußerung als steuerbar. Es fehlte den obersten Finanzrichtern insoweit an einem nach den Wertungen des privaten Veräußerungsgeschäftes gegebenen einheitlichen Nutzungs- und Funktionszusammenhang zwischen der Wohnung und dem Grund und Boden. Für die weitergehende Begründung sei insoweit auf die Entscheidung des Bundesfinanzhofs vom 25.5.2011 unter dem Aktenzeichen IX R 48/10 verwiesen.

Bei Anwendung dieser Grundsätze auf den Streitfall diente das abgetrennte Flurstück im Zeitpunkt seiner Veräußerung bei gleichzeitiger Weiternutzung des bisherigen Gebäudes nicht eigenen Wohnzwecken der Kläger, sodass die Ausnahmeregelung vom privaten Veräußerungsgeschäft nicht vorgelegen haben soll.

Mit der Grundstücksteilung und Bildung eines neuen Flurstücks zum Zwecke des Verkaufs soll insoweit der Zusammenhang mit dem weiterhin zu eigenen Wohnzwecken genutzten Gebäude aufgehoben sein. Der Grund und Boden gehörte nicht (mehr) zum eigengenutzten Gebäude und konnte daher auch nicht zu eigenen Wohnzwecken genutzt werden. Denn die Ausnahmeregelung hat ihre Rechtfertigung darin, dass nur Grundstücksveräußerungen, die durch einen Wohnsitzwechsel ausgelöst werden, von der Besteuerung als Veräußerungsgeschäft ausgenommen werden sollen. Ein solcher Wohnsitzwechsel fand im vorliegenden Streitfall jedoch nicht statt. Dass, anders als in dem vom Bundesfinanzhof mit oben genanntem Urteil vom 25.5.2011 entschiedenen Fall, nicht bereits bei Erwerb ein eigenständiges Grundstück bestanden hat, ändert an dieser Beurteilung nach Auffassung des erstinstanzlichen erkennenden Finanzgerichtes nichts. Die als Ausnahme von der Belastungsgrundentscheidung des Gesetzgebers konstituierte Nichtsteuerbarkeit ist eng nach dem Gesetzeszweck auszulegen, um gleichheitswidrige Ergebnisse zu vermeiden. Somit war die Veräußerung des abgeteilten Flurstücks nicht begünstigt. Es ist daher auch unerheblich, dass die Kläger den veräußerten Grundstücksteil bis zur Veräußerung als Garten genutzt haben. Ebenso braucht nicht entschieden zu werden, ob und wann die bauplanungsrechtlichen Voraussetzungen für die zukünftige Bebauung mit einem Einfamilienhaus vorgelegen haben.

Auch wenn das Niedersächsische Finanzgericht an seiner Entscheidung keine Zweifel erkennen lässt, so ist damit das letzte Wort noch nicht gesprochen. Unter dem Aktenzeichen IX R 14/22 müssen auch die obersten Finanzrichter der Republik klären, ob die unbebaute, als Garten genutzte Fläche für sich den privilegierten Tatbestand einer Nutzung zu eigenen Wohnzwecken beanspruchen kann, da sie in einem Nutzungs- und Funktionszusammenhang zum bewohnten Objekt gestanden hat.

Ebenso muss man hervorbringen, dass der Gesetzgeber seinerzeit zwar tatsächlich und natürlich auch im Wesentlichen den privaten Umzug als Grund für die Besteuerungsausnahmen eingefügt hat. Tatsächlich ist der private Umzug jedoch keine im Gesetz festgeschriebene Voraussetzung. Wenn nämlich jemand sein Eigenheim verkauft und weiterhin dort wohnen bleibt, ist es unstrittig, dass dann eine der Besteuerungsausnahmen angewendet werden kann. Folglich wird es nicht auf den Umzug ankommen, sondern vielmehr auf die Frage, ob durch die Grundstücksteilung eine Art Herauslösung aus dem eigengenutzten Grundstück stattfindet.

Betroffene können sich daher an das Musterverfahren anhängen. Sofern der Sachverhalt jedoch noch gestaltbar ist, ist sicherlich die beste Vorgehensweise in entsprechenden Fällen die zehnjährige Behaltensfrist des privaten Veräußerungsgeschäftes schlicht verstreichen zu lassen. Falls das im Einzelfall nicht möglich ist, bleibt nur der Rechtsbehelf unter Verweis auf das anhängige Verfahren.